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Wie sich die Pfaffenhofener Kreis-CSU bei ihrem Neujahrs-Empfang nach allen Regeln der Kunst selbst beweihräuchert hat

Kommentar: Die zerrüttete Ehe im Pfaffenhofener Kreistag

Von Tobias Zell  

Wenn die Kreis-CSU zum traditionellen Neujahrs-Empfang ins Pfaffenhofener Sparkassen-Casino ruft, dann kommen sie für gewöhnlich alle. Nur übermenschliche Kräfte können dem entgegenwirken – wie das gestrige Glatteis. Das sorgte dafür, dass es trotz eines Anmelde-Rekords dann doch nicht so rappelvoll war wie in den Jahren zuvor. Auch der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) wollte sich von seinen Parteifreunden nicht aufs Glatteis führen lassen und ließ sich witterungsbedingt entschuldigen, weil ihm die Anfahrt aus Freising zu gefährlich erschien. So jedenfalls erläuterte es der CSU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Karl Straub, der sich an diesem Abend selbst auf rhetorisches Glatteis begab (Die zerrüttete Ehe im Pfaffenhofener Kreistag ).

Dennoch schien die Liste der prominenten Gäste aus allen Bereichen des CSU-politischen sowie gesellschaftlichen Lebens endlos. Dieser Erkenntnis konnte man schon deshalb nicht entgehen, weil sich Straub viel Mühe gab, praktisch jeden namentlich zu nennen, der irgendeinen Posten innehat. Angesichts dieser lang(weilig)en Prozedur drängte sich der Verdacht auf, dass es hier nicht bloß um eine Begrüßung geht, sondern vielmehr um die öffentlichkeitswirksame und selbstbeweihräuchernde Proklamation der Namen all jener, die auf Kommando antreten, wenn die CSU es wünscht.

Die Gästeliste reichte immerhin von Günther Gietl, dem Chef des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord, über Vertreter von Kirche, Wirtschaft, Schulen, Ämtern und Institutionen bis hin zum omnipräsenten Bernd Huber, dem scheidenden Vorsitzenden des Wirtschaftsbeirats im Landkreis. Auf Letzteren wird man aber auch künftig nicht verzichten müssen, weil ja eigens die Satzung des Gremiums geändert wurde, um Huber zum Ehrenvorsitzenden machen zu können. Gekommen waren selbstredend auch jede Menge CSU-Politiker – und sogar zwei Freie Wähler: Max Hechinger, FW-Fraktionschef im Kreistag, und der Dritte Landrat Josef Finkenzeller. 

Eine gefühlte Stunde später, also nach der Begrüßungs-Orgie von Straub und nach ersten Gesangs-Einlagen der „Weichariada Madln“ (die den Abend erfrischend pfiffig umrahmten), trat Landrat Martin Wolf (CSU) ans Rednerpult. Er sprach von einem „besonderen Jahr“, das für seine Partei soeben begonnen habe, und meinte damit die Landratswahl im Mai, bei der er gerne wiedergewählt werden würde, sowie die Bundestagswahl im Herbst. „Wir denken, wir haben uns gut vorbereitet“, befand er und präsentierte nicht zufällig den druckfrischen Flyer („Unser Landrat Martin Wolf“), in dem die zehn Handlungsfelder beschrieben sind, die er und die Kreis-CSU in den kommenden Jahren beackern wollen.

 

Wolf betonte – im Vorgriff auf den späteren Hauptredner – die Bedeutung von verlässlichen Partnerschaften, auch über die Landkreis-Grenzen hinweg. Und was das hiesige Wirken der Christsozialen angeht, attestierte er sich selbst und seinen Parteifreunden: Man habe „eine gute Balance geschafft“ zwischen der Stärkung der Wirtschaft einerseits und den sozialen Erfordernissen andererseits. Konkret nannte er die Bemühungen zur wirtschaftlichen Sanierung der hochdefizitären Ilmtalklinik-GmbH, die Gründung des Kommunalunternehmens für Strukturentwicklung im Landkreis (KUS) und die Stärkung des Wirtschaftsbeirats. Außerdem die Einrichtung des Seniorenbeirats und des Inklusionsbeirats, das „Bündnis für Familien“ – und das „Sozialnetz“, das dafür sorgen solle, „dass niemand nach unten durchfällt“.

„Wir wollen keine Schaufenster-Politik machen“, versicherte Wolf und verwies auf die zehn Punkte in dem brandneuen Werbe-Prospekt, von denen er auf einige näher einging. „Wir haben Vollbeschäftigung und das müssen wir in die Zukunft bringen“, sagte er. Mit Verweis auf die großen Umwälzungen in Wirtschaft und Arbeitswelt (E-Mobilität, Automatisierung, Digitalisierung) mahnte Wolf, dass man nicht wisse, wie viele Arbeitsplätze diese Entwicklungen möglicherweise kosten.

Es sei deshalb wichtig, bei der Wirtschaft im Landkreis auch weiterhin auf einen Branchen-Mix zu setzen und bei Trends rechtzeitig dabei zu sei. Verkünden konnte Wolf, dass bei „Airbus Defense and Space“ die Zahl der Beschäftigten aufgestockt werde und dass die Bundeswehr rund 1000 weitere Arbeitsplätze nach Manching verlagern wolle. Auch die Herausforderungen in Sachen Mobilität stellte der Landrat einmal mehr heraus. Die Menschen erwarten seiner Meinung nach ein dichteres ÖPNV-Netz. 

Als großes Thema hat sich Wolf die „Innere Sicherheit“ auf die Fahnen geschrieben. Das Sicherheitsgefühl der Menschen habe sich durch Terror-Anschläge, Flüchtlings-Zuwanderung und Einbrüche verändert, sagte er. Angesichts dessen sowie vor dem Hintergrund steigender Einwohnerzahlen treibt ihn die Frage um: „Wie wächst die Sicherheit mit?“ Wie heute, recht passend dazu, mitgeteilt wurde, findet zum diesem Thema am 3. Februar eine Konferenz der CSU-Mandatsträger aus der Region 10 mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Manching statt. Man habe für die Region ein Positionspapier entwickelt, das man zuerst mit dem Minister diskutieren und anschließend der Öffentlichkeit vorstellen wolle, heißt es dazu.

 

Apropos: Waren es in den vergangenen Jahren Minister, die als Hauptredner zum Neujahrsempfang der Pfaffenhofener Kreis-CSU gekommen waren, gab sich gestern mit dem Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) ein nicht so prominenter Politiker die Ehre. Der Hintergrund sollte sich im Laufe des Abends aber unmissverständlich erschließen: Lösel pries nämlich die Zusammenarbeit mit dem Landkreis Pfaffenhofen sowie innerhalb der gesamten Region in höchsten Tönen und bemühte sich ausgiebig, darzulegen, wie gut doch Landrat Wolf seinen Job mache und wie toll dessen Leistungen seien.

Da man davon ausgehen darf, dass genau das Lösels Mission für diesen Abend war, kann man sagen: Er hat sie voll erfüllt. Allerdings eben zuweilen mit der Unterhaltsamkeit eines gelernten Steuerberaters. Auch große Visionen für die Region blieb er weitgehend schuldig, seine Ausführungen waren eher auf das Vergangene bezogen oder recht allgemeine Ankündigungen. Aber immerhin musste Lösel an diesem Abend mal nicht über den Skandal ums Ingolstädter Klinikum und um seinen Amtsvorgänger Alfred Lehmann (CSU) sprechen – Vorgänge, die bekanntlich die Staatsanwaltschaft massiv beschäftigen.

„Wir können uns sehr glücklich schätzen, dass wir in der Region leben“, schwärmte Lösel. Die sei nämlich der „Stabilitäts-Anker“ von Bayern. Wichtig sei, dass man auch in schweren Zeiten zueinanderstehe. Als Beispiel dafür nannte er, wie man damals auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise einen gemeinsamen Weg für Ingolstadt und den Kreis Pfaffenhofen gefunden habe. Man sei eben nicht alles mitgegangen, was aus München gefordert worden sei, sondern habe mit einem Forderungskatalog reagiert und so etwas für die Region herausgeholt. Auf diese Weise habe man in den vergangenen Jahren viele Themen gemeinsam angepackt.

 

Einfach mal ausschalten? Davon träumt vermutlich die Opposition im Ingolstädter Stadtrat. Der Beamer projizierte diesen Schriftzug auf OB Christian Lösel.

Die Region 10 ist nach Ansicht von Lösel eine „einzigartige Erfolgsgeschichte“. Er verwies etwa auf die niedrigen Arbeitslosenzahlen. Die seien aber nicht gottgegeben, sondern das Ergebnis wirtschaftlicher Leistung und politischer Rahmenbedingungen. Auch die Verkehrsprobleme wolle man gemeinsam für die Region lösen, so Lösel. Über den neuen Audi-Bahn-Halt gelte es ein regionales Verkehrsnetz zu entwickeln.

Das „Digitale Gründerzentrum“ (DGZ), für das Ingolstadt den Zuschlag erhalten hat, ist für ihn ein weiterer Beleg der Zusammenarbeit in der Region. Die Nachbar-Landkreise unterstützen das Vorhaben bekanntlich finanziell. „Kaum ein Thema ist so wichtig wie Digitalisierung“, versicherte Lösel. Man bereite damit die „nächste Wirtschaftswelle“ vor und versuche, einen Akzent für die gesamte Region zu setzen. Es gebe kein anderes DGZ, das so gut aufgestellt sei, so starke Partner habe und so gut mit Geld unterfüttert sei. Auch darauf könne man stolz sein.

 

Im Gespräch: Pfaffenhofens Stadtwerke-Chef Stefan Eisenmann (von links), Schweitenkirchens Bürgermeister Albert Vogler (CSU), Hohenwarts Bürgermeister Manfred Russer (CSU).

Lösel ging wie Wolf auf die „Innere Sicherheit“ ein.  „Wir sind die sicherste Region in Deutschland“, betonte er. Man müsse aber auch wahrnehmen, dass die Region boome wie keine andere in der Republik. Hinzu komme ein Aufgaben-Zuwachs für die Polizei, zum Beispiel, weil der FC Ingolstadt jetzt in der Erstsen Bundesliga kickt. Man wolle jedenfalls eine Aufstockung der Polizei fordern, sagte Lösel und sicherte Wolf hier volle Unterstützung zu. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass wir mehr Planstellen bekommen“, so der Ingolstädter OB. Als weitere Themen nannte er in diesem Zusammenhang die Videoüberwachung und eine Sicherheitswacht. 

Und immer wieder apostrophierte Lösel mit Blick auf Landrat Wolf, wie gut doch die Zusammenarbeit in der Region klappe. Dass man selbst spät am Abend noch miteinander telefonieren kann. Und wie man, wenn's pressiert, auch mal wichtige Weichen per SMS stellt. „Augenhöhe“ und „Freundschaft“ waren weitere Schlagworte. Lösel schwang sich gar auf, zu erklären, dass ihm jedes Unternehmen, das sich auf Pfaffenhofener Flur ansiedelt, genauso recht sei, wie eines, das sich in Ingolstadt niederlässt. Man dürfe nicht, wie andere Regionen, „in Neid und Missgunst zerfallen“.

 

Um Wolfs Wiederwahl macht sich Lösel indes keine Sorgen; er prophezeite ein deutliches Ergebnis. „Bleib, wie du bist“ und „Deine Leistung spricht für dich“, erklärte er an die Adresse des „authentischen, offenen und bürgernahen“ Parteifreundes. Seine Rede brachte Lösel wiederum das Lob von Straub ein: „Du hast ich als sehr kompetenter OB und als Freund der Region präsentiert.“ Recht viel mehr kann man sich an einem Abend eigentlich kaum gegenseitig preisen – selbst für CSU-Verhältnisse schien das die Obergrenze des Erträglichen zu erreichen.

Dem CSU-Kreisvorsitzenden war das Schlusswort vorbehalten – in Vertretung des ausgebremsten Erich Irlstorfer, sozusagen. Straub untermauerte „Humanität, Integration und Obergrenze“ als Säulen der CSU-Flüchtlingspolitik. Zwischen den Christsozialen und Angela Merkel (CDU) herrsche zu 99 Prozent Übereinstimmung – die Bundeskanzlerin könne nur manchmal nicht so zeigen, wie sehr sie die CSU liebe, meinte Straub. Er wünsche sich jedenfalls ein Land, in dem Frauen ohne Burka unterwegs sind und in dem es keine Kinder-Ehen gibt. Damit war der offizielle Teil beendet, der Rest wurde am Büfett geklärt.

Majestätisches Foto ohne nervigen Beamer: Martin Wolf, Christian Lösel, Karl Straub.

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