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So richtig glücklich war die Partnerschaft von CSU und Freien Wählern ohnehin nie – Aber gestern gab es eine ordentliche Watschn

Ein Kommentar von Tobias Zell

Dass die CSU und die Freien Wähler im Pfaffenhofener Kreistag eine so genannte Kooperation eingegangen sind, ist hinlänglich bekannt. Als Koalition hat man es schon gar nicht erst bezeichnet. Aber wir wollen uns nicht mit Begrifflichkeiten aufhalten – den Christsozialen ist es traditionell eher egal, wer unter ihnen mitregieren darf. Dass es jedenfalls mit dieser Zusammenarbeit im Kreistag nicht zum Besten steht, ist kein Geheimnis. Nicht erst einmal haben sich die Freien Wähler ganz öffentlich darüber beschwert, dass sie sich schlecht informiert fühlen, dass man zu wenig mit ihnen spricht. 

Einer, dem das besonders schwer im Magen liegt, ist Josef Finkenzeller von den Freien Wählern. Damit hält er auch gar nicht hinterm Berg. Dabei hat ihm die Kooperation mit den Christsozialen immerhin den Posten des Dritten Landrats beschert. Repräsentieren darf er jetzt und fleißig besucht er zahlreiche Sitzungen, um sich – mal mehr, mal weniger durchdacht – einzubringen. 

 

Vor einigen Wochen gab er zum Beispiel zu bedenken, dass man aufpassen müsse, dass es in der Bevölkerung nicht zu Unmut kommt. Das war, nachdem bekannt geworden war, dass einem Mann, der einem Flüchtling das Leben retten wollte und ihn aus einem Weiher zog, die Brille ersetzt wurde. Die hatte der Retter – so wurde berichtet – nämlich bei der Aktion verloren oder sie war kaputtgegangen. 

Jedenfalls bekam der Mann seine Brille erstattet – und zwar aus dem gemeinsamen Flüchtlings-Fonds von Caritas und Landratsamt. Finkenzeller hakte ein, weil eine solche Gleitsichtbrille ja ganz schön teuer sei und man die Mehrkosten dafür normalerweise selbst tragen muss. So manchem stockte angesichts dieser Einlassung der Atem. Zum Eklat wollte es aber damals in dieser Ausschuss-Sitzung keiner kommen lassen, weshalb man die – sagen wir mal: eigenwillige – Bemerkung des Landrats-Stellvertreters weitgehend überging und so tat, als hätte man sie einfach nicht gehört.

Mit der Einfühlsamkeit einer Dampfwalze 

Gestern Abend war es wiederum der andere Kooperations-Partner, der bei  aufmerksamen Zuhörern für Irritation sorgte. Auslöser war Karl Straub, Kreis-Vorsitzender der CSU und Mitglied des bayerischen Landtags. Beim Neujahrs-Empfang der Christsozialen (Großer Wolf, wir loben dich!), im Casino der Sparkasse, trug es sich zu. Zu Gast waren – das ist wichtig – auch der besagte Dritte Landrat Finkenzeller sowie Max Hechinger, der Chef der FW-Fraktion im Kreistag. Es ist ja eine durchaus schöne, versöhnliche Geste, dem Partner die Aufwartung zu machen – zumal, wenn die Zweck-Ehe so zerrüttet ist. 

Doch wie man bei der CSU eine solche Geste zu würdigen weiß, das demonstrierte Straub gleich zu Beginn der Veranstaltung mit der Einfühlsamkeit einer Dampfwalze. Es sei aller Ehren wert, rief er sinngemäß seinen Parteifreunden durchs Mikrofon zu, dass die Freien Wähler auf einen eigenen Landrats-Kandidaten verzichten – weil sie eben eingesehen hätten, dass Martin Wolf (CSU) der Beste sei. Gastfreundschaft, herzliche Begrüßung und Respekt geht irgendwie anders.

 

Dazu muss man nämlich wissen, dass die Freien Wähler durchaus mit dem Gedanken gespielt haben, einen Bewerber für die am 7. Mai stattfindende Landrats-Wahl zu nominieren. Nach Informationen unserer Zeitung wurden intern auch konkrete und mitunter prominente Namen gehandelt. Nicht untätig war in dieser Zeit dem Vernehmen nach allerdings auch die CSU: Die versuchte nämlich, so heißt es hinter vorgehaltener Hand, durchaus Einfluss zu nehmen auf die Entscheidungsfindung bei den Freien Wählern. Man kann sich ja ausmalen, wie das abgelaufen sein könnte: Vielleicht ein bisschen sanfter Druck. Noch einmal an die Zusammenarbeit im Kreistag und an den Posten des Dritten Landrats erinnern sowie daran, dass mitregieren doch viel schöner ist. An die Gemeinsamkeiten appellieren. Und eben irgendwie versuchen, die Freien Wähler in die aus CSU-Sicht einzig wahre Richtung zu lotsen. 

Rhetorisch verunglückt oder einfach überheblich?

Im ersten Durchgang hat das funktioniert. Natürlich werden die Freien Wähler niemals offiziell einräumen, dass eine – wie auch immer geartete – „Hilfestellung“ der CSU eine Rolle für die Entscheidung gespielt hat. Jedenfalls aber hat der FW-Kreisvorstand bereits proklamiert, dass er bei der anstehenden Versammlung den Delegierten empfehlen wird, dafür zu votieren, dass man keinen eigenen Bewerber ins Rennen schickt. 

Und eben vor diesem Hintergrund muss man sich fragen, wie nun Straubs Äußerung beim gestrigen Neujahrs-Empfang der Kreis-CSU über die Freien Wähler gemeint war. Zur Erinnerung: Dass sie es eingesehen haben, dass es besser ist, auf einen eigenen Kandidaten zu verzichten. Wollte Straub da vor den versammelten Parteifreunden nur einen coolen, lockeren Spruch raushauen oder/und ein bisschen auf dicke Hose machen?  

Man kann sich aber auch fragen: War das, gerade weil er ja im selben Atemzug Hechinger und Finkenzeller begrüßt hatte, nicht eine ordentliche Watschn für den politischen Partner? War das bloß ein bisschen rhetorisch verunglückt? Oder einfach nur bemerkenswert überheblich und ein weiterer Beleg dafür, wie es um dieses Kreistags-Bündnis wirklich steht? Koalitions-Krisen sind schon aus weniger abfälligen Bemerkungen entbrannt. Aber: Es ist ja keine Koalition, sondern nur eine Kooperation. Vielleicht gelten da andere Anstands-Regeln.  

Vielleicht hat Straub am Ende die Rechnung aber auch ohne den Wirt gemacht. Denn die Nominierungs-Versammlung bei den Freien Wählern steht ja noch aus. In der zweiten Februar-Hälfte soll sie stattfinden, sagte heute FW-Kreischef Albert Gürtner auf Anfrage. Und freilich: Man wird den Delegierten empfehlen, keinen eigenen Kandidaten aufzustellen. Doch Gürtner betont auch: „Das ist die Empfehlung des Vorstands an die Versammlung. Das letzte Wort haben natürlich die Delegierten bei der Abstimmung.“

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Großer Wolf, wir loben dich!

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