Gefordert werden unter anderem das Aus für Reserve-Antibiotika in der Massentierhaltung, strengere Auflagen beim Einsatz von Antibiotika sowie das Verbot der Vergabe von Medikamenten an gesunde Tiere.
(ty) Der Pfaffenhofener ÖDP-Kreisverband wendet sich mit einem offenen Brief an den hiesigen Bundestags-Abgeordneten Erich Irlstorfer (CSU) und fordert ein Umdenken der Politik in Sachen Landwirtschaft, Tierhaltung und Medikamenten-Vergabe. „Es werden heute mehr Antibiotika für die Massentierhaltung eingesetzt als für den Menschen“, beklagt ÖDP-Kreischef Gustav Neumair, der das Schreiben zusammen mit Siegfried Ebner, Reinhard Haiplik, Richard Fischer und Judith Neumair unterzeichnet hat.
„Sehr geehrter Herr Irlstorfer, was würden Sie sagen, wenn alle Besucher eines Fußballspiels in der Allianz-Arena am Eingang Antibiotika nehmen müssten, weil zwei oder drei Husten haben? Und wenn bei jedem Spiel das Immunsystem aller Besucher pauschal platt gemacht würde, damit niemand angesteckt wird?“, schreiben die Ökodemokraten an den Freisinger CSU-Abgeordneten, der bei der Bundestagswahl das Direktmandat im Wahlkreis Pfaffenhofen-Freising verteidigt hatte.
Und weiter schreiben sie: „Was würden Sie sagen, wenn Sie in der Allianz-Arena auf den Rängen leben müssten und jeden vierten Tag mit dem Essen oder Trinken Antibiotika bekommen würden? Und irgendwann würden dann die Antibiotika nicht mehr wirken, weil sich resistente Bakterienstämme gebildet haben, so genannte Antibiotika- Resistenzen.“ Genau das, so die ÖDP, passiere tagtäglich in der Massentierhaltung.
„Es werden heute mehr Antibiotika für die Massentierhaltung eingesetzt als für den Menschen“, heißt es weiter. Sogar so genannte Reserve-Antibiotika seien in der Massentierhaltung zugelassen; dabei seien sie eigentlich für Menschen gedacht sind – für Fälle, in denen gar nichts mehr hilft. „Das Ergebnis sind multiresistente (so genannte) Killerkeime, die für geschwächte Menschen zum Beispiel in Krankenhäusern den Tod bedeuten können“, mahnt die ÖDP in dem Brief und schlägt Alarm. „Wenn jetzt nicht schnellstens etwas unternommen wird, könnten nach einer Studie des Universitäts-Klinikums Berliner Charité in wenigen Jahrzehnten mehr Menschen an antibiotika-resistenten Keimen sterben als an Krebs.“
Der Gegensatz zwischen dem Umgang mit gequälten Tieren in der Massentierhaltung und dem liebevollen Umgang mit unseren Haustieren könnte größer nicht sein, prangert die ÖDP an. Es sei schon fast zynisch, dass auch das Futter für die Haustiere oft aus Massentierhaltung stamme. Der Papst habe in der Enzyklika „Laudato si“ dazu aufgerufen, alle Mitgeschöpfe würdig zu behandeln. Und Tiere, so betont die ÖDP, „sind Mitgeschöpfe, keine Verbrauchsware“.
Die meisten Landwirte sähen das sicher ebenso, proklamiert der ÖDP-Kreisverband. Durch die momentanen Rahmenbedingungen in der Wirtschaft und Politik würden sie aber fast dazu gezwungen, auf Tierwohl und Nachhaltigkeit wenig Rücksicht zu nehmen, wenn sie ihren Hof rentabel weiterführen wollten. Aus diesen Gründen fordern die ÖDP-Politiker den Abgeordneten Irlstorfer und dessen Partei – sowie ebenso die SPD, die Grünen und die FDP – dazu auf, aktiv zu werden. „Und zwar möglichst schnell.“
Konkret fordert die ÖDP wirksame Maßnahmen zu wesentlicher Verbesserung des Tierwohls durch artgerechte Haltung, ein sofortiges Verbot von Reserve-Antibiotika in der Massentierhaltung, eine Erhöhung der Auflagen beim Einsatz von Antibiotika und anderen Chemikalien in Mastbetrieben sowie das Verbot der Vergabe von Medikamenten an gesunde Tiere und die Kennzeichnung von Tierprodukten bezüglich Antibiotika-Einsatz zum Schutz der Verbraucher.
Außerdem machen sich die Ökodemokraten für die Förderung von nachhaltiger und ökologischer Futtermittel-Produktion sowie für ein Verbot gentechnisch veränderter Futtermittel stark. Und sie fordern darüber hinaus eine „wirksame Unterstützung der Landwirte, die ihre Tiere bereits artgerecht halten und nachhaltig wirtschaften oder ihren Betrieb darauf umstellen wollen“.
Der abschließende Appell lautet: „Schluss mit der Förderung von Großmastanlagen.“ Global denken und lokal mit Lebensmitteln versorgen, das sollte nach Ansicht der Ökopolitiker die Prämisse der Politik sein. „Wir brauchen keinen Fleisch-Tsunami.“ Und man brauche nicht noch mehr Tierquälerei durch das Freihandels-Abkommen CETA. Und eines will der ÖDP-Kreisverband in diesem Zusammenhang auch noch klarstellen: „Es kann nicht sein, dass Naturschutzverbände, Landwirte und Verbraucher etwas in Ordnung bringen sollen, wofür die Politik zuständig ist.“