Der Pfaffenhofener SPD-Politiker Markus Käser zeigt sich tief beeindruckt von einem Treffen mit "Lifeline"-Kapitän Reisch.
(ty) "Lifeline"-Kapitän Claus-Peter Reisch hat nach eigenem Bekunden einst Horst Seehofer (CSU) gewählt, jetzt kritisiert der Landsberger die Politik der Christsozialen und bittet die Bevölkerung um Unterstützung für seine Mission im Mittelmeer. "Wie viele andere Helferinnen und Helfer der Seenot-Rettung muss Reisch momentan zuschauen, wie Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer ertrinken", sagt der Pfaffenhofener SPD-Kreisvorsitzende und Landtags-Kandidat Markus Käser. Denn, so beklagt er: "EU-Staaten blockieren den Einsatz der Rettungsschiffe." Käser traf den in die Schlagzeilen geratenen Kapitän des Seenot-Rettungs-Schiffs "Lifeline" am vergangenen Sonntag bei der Groß-Demo "#ausgehetzt" in München. Ab morgen steht Reisch in Malta vor Gericht; am Freitag nahm er noch den Europa-Preis der bayerischen SPD entgegen.
Allein in diesem Monat seien schätzungsweise rund 280 Menschen im Mittelmeer ertrunken – obwohl die Rettungs-Schiffe Kapazitäten hätten. Das habe Käser bei seinem Treffen mit Reisch in Erfahrung gebracht, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet. Nach Angaben des Flüchtlings-Hilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) sei die die Zahl der Toten im Mittelmeer seit Anfang des Jahres inzwischen auf mehr als 1000 angestiegen. "Die Situation der Seenot-Retter ist dramatisch", wird Reisch zitiert. "Unser eigenes Schiff hängt fest. Wir dürfen nicht auslaufen. Und den Schleppern ist es doch völlig egal, ob die Menschen das überleben oder nicht."
Käser zeigt sich schockiert von den Schilderungen des Kapitäns: "Die EU tut offenbar mehr gegen die Seenot-Rettung als gegen das Sterben im Meer", kritisiert er. "Die Seenot-Retter von ihrer Arbeit abzuhalten, das ist in meinen Augen Beihilfe zur Völkerrechts-Verletzung." In einem schriftlichen Statement an unsere Redaktion erklärt der Pfaffenhofener SPD-Kreischef: "Italiens Innenminister Salvini sprach laut Reisch kürzlich davon, die Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) würden Menschenfleisch befördern. Und unser deutscher Innenminister Horst Seehofer (CSU) verglich die Lebensrettung mit einem Shuttle-Service nach Europa." Er sei "fassungslos", so Käser, "wie unsere EU- und Bundespolitiker derartige Ausdrücke und menschen-verachtende Sprache verwenden können". Das sei "Ausdruck der völligen Verrohung der öffentlichen Diskussion".
Die Schilderungen von Reisch hätten ihn auch emotional aus der Fassung gebracht, sagt Käser. Der Kapitän erzählte demnach von einem Einsatz der spanischen Rettungs-Organisation "Open Arms". Deren Schiffs-Besatzung habe kürzlich eine Überlebende sowie eine Tote und ein totes Baby aus den Resten eines Bootes geholt. "Später stellte sich heraus, dass sich die beiden Frauen mit dem Kind geweigert hatten, auf ein libysches Schiff zu gehen. Sie wurden, so berichtete mir Reisch, von der so genannten libyschen Küstenwache hilflos im Meer zurückgelassen. Das Schlauchboot zerstörten die Libyer vorher noch." Die Frau und das Baby seien kurz vor dem Eintreffen der Retter gestorben, habe Reisch berichtet.
"So sieht offenbar Seenot-Rettung auf Libysch aus", sagt Käser. "Die Menschen würden anscheinend lieber von Bord springen, als zurück nach Libyen zu müssen." Das habe Reisch auf seinem Schiff selbst erlebt, berichtet der SPD-Politiker aus seinem Gespräch mit dem Kapitän. Auch andere Hilfsorganisationen warnen laut Käser davor, Flüchtlinge zurück nach Libyen bringen zu lassen, da ihnen dort eine menschen-unwürdige Behandlung drohe. "Nach deren Berichten landen die Menschen in Haftlagern mit katastrophalen Bedingungen und sind massivster Gewalt und Menschenrechts-Verletzungen ausgesetzt."
"Nachhaltig beeindruckt von dem Treffen mit Reisch" wendet sich SPD-Politiker Käser nun auch an die Bürger im Landkreis Pfaffenhofen: Er könne "dem Massensterben durch unterlassene Hilfeleistung" nicht tatenlos zusehen. "Anstatt humanitäre Hilfe zu leisten, finanzieren die europäischen Steuerzahler nun die Akteure, die gestern skrupellose Schlepper waren." Seine Bitte an die Bevölkerung: "Helfen Sie mit! Informieren Sie sich über die Arbeit der Seenot-Retter." Die Mission "Lifeline" finanziere sich durch Spenden. "Lassen Sie es nicht zu", appelliert Käser, "dass diese Menschen und ihre freiwillige Arbeit auch noch kriminalisiert werden." Für Käser ist klar: "Es kann niemals ein Verbrechen sein, wenn man Leute rettet, die am ersaufen sind. Seenot-Rettung ist kein Verbrechen, es ist unsere humanitäre Pflicht."
Am Freitag erhielt Reisch für sein Engagement den Europa-Preis der bayerischen Sozialdemokraten. Und ab dem morgigen Montag steht der Kapitän des Seenot-Rettungs-Schiffs in Malta vor Gericht – weil die "Lifeline" nicht ordnungsgemäß registriert gewesen sein soll. "Also, wissen Sie, ich geh da ganz entspannt hin", zitiert ihn der Bayerische Rundfunk. "Wir haben 450 Menschen das Leben gerettet. Dafür kann ich ganz erhobenen Hauptes bei Gericht erscheinen." Im Falle seiner Verurteilung in Malta drohen Reisch nach Angaben des BR im schlimmsten Fall ein Jahr Haft sowie eine Geldstrafe in Höhe von 12 000 Euro.