Stubentiger wurde in einer Box vor der Tierherberge ausgesetzt. Polizei ermittelt, Tierschützer fordern Katzenschutz-Verordnung und mehr Verantwortungs-Bewusstsein.
(ty) Schachteln, Körbe, Pappkartons oder Plastik-Boxen: Wenn es an der Pfaffenhofener Tierherberge klingelt und jemand diese Dinge in der Hand hält, bedeutet das entweder, dass ein herumirrendes Tier gefunden wurde und nun abgegeben werden soll. Oder eben, dass das Geschöpf von den Besitzern ausgesetzt wurde und nun eine neue Heimat sucht. Das war auch am vergangenen Samstag wieder so. Heute haben die Tierschützer den Fall öffentlich gemacht. Sie fordern zugleich eine Katzenschutz-Verordnung sowie mehr Verantwortungs-Bewusstsein von Seiten der Besitzer.
"Archie" ist ein rot-weißer Kater, der "guckt wie bestellt und nicht abgeholt", heißt es aus der Pfaffenhofener Tierherberge an der Weiberrast. Er wurde laut heutiger Mitteilung am vergangenen Samstag in einer Plastik-Box abgestellt. Die 15 Luftlöcher, die offenbar provisorisch in den Deckel der Kiste geschnitten worden waren, weisen nach Einschätzung des Tierschutz-Vereins darauf hin, dass es sich wohl um eine "geplante Abschiebung" handelte. Solche Fälle kenne man aus der jüngeren Vergangenheit leider nur zu gut.
"Das ist unbürokratisch, aber verboten und eine Straftat", stellt Manuela Braunmüller, die Vorsitzende des hiesigen Tierschutz-Vereins klar. Daran ändert selbstverständlich auch nichts, dass der Besitzer sich die Mühe gemacht habe, Löcher in den Deckel zu bohren sowie die Kiste in der Nähe der Tierherberge abzustellen. "Trotz der Löcher hätte das Tier bei dieser Hitze in seinem Gefängnis nicht lange zu leben gehabt", sagt Braunmüller. "Unsere Herberge war geöffnet. Der Besitzer hätte hereinkommen müssen und wir hätten einen ordentlichen Abgabe-Vertrag gemacht. Stattdessen hat er Archie abgestellt wie einen Sack Müll."
Mehr als ein paar Luftlöcher haben die ehemaligen Besitzer ihrem Kater nicht mehr gegönnt. (Foto: Braunmüller)
Der Verein hat nach eigenem Bekunden umgehend Anzeige gegen Unbekannt erstattet und unterstreicht in diesem Zusammenhang außerdem: "Wer sich ein Tier anschafft, übernimmt Verantwortung." Sich dieser Verantwortung rücksichtslos zu entziehen, das sei eine Straftat und werde als "Aussetzen von Tieren" nach Paragraph 3, Absatz 3, des deutschen Tierschutz-Gesetzes bestraft. Ein Sprecher der örtlichen Polizei bestätigte heute auf Anfrage unserer Redaktion den Eingang der Anzeige. Man habe auch bereits die Ermittlungen aufgenommen. Wer Hinweise geben kann, wird gebeten, sich unter der Telefonnummer (0 84 41) 80 95 0 bei den Pfaffenhofener Inspektion zu melden.
Der Vorfall hat sich nach Mitteilung des Tierschutz-Vereins am vergangenen Samstag direkt vor der Pfaffenhofener Tierherberge ereignet, schätzungsweise gegen 13 Uhr. Auch die Tierschützer bitten um Hinweise zu der Person, die eine Plastikbox der Marke "Rival Eurobox" in der Nähe der Tierherberge abgestellt habe. Die Box messe 60 Mal 40 Mal 30 Zentimeter, sei halb-durchsichtig, habe einen hellblauen Deckel sowie dunkelblaue Griffe und vier kleine, schwarze Rollen.
Für Tierschutz-Vereins-Chefin Braunmüller ist klar: "Die so genannte Katzenschutz-Verordnung muss endlich her. Diese schreibt vor, dass Freigängerkatzen kastriert und gekennzeichnet werden müssen." In vielen Bundesländern gebe es diese Verordnung bereits, sie entlaste die Tierheime doppelt:" Erstens bremst sie die unkontrollierte Vermehrung, gleichzeitig wird das anonyme Aussetzen von Tieren erheblich erschwert."
Einen weiteren Rat weiß Sandra Lob, die Leiterin der Pfaffenhofener Tierherberge. Er lautet: Reden! "Wir reißen niemandem den Kopf ab, wenn er sein Tier bei uns abgeben muss – aus welchen Gründen auch immer. Oft fehlt aber der Mumm, zu uns zu kommen und die Wahrheit zu sagen." Es gebe immer eine Lösung, sagt Lob. Allerdings: "Das Tier sich selbst zu überlassen und einfach auszusetzen, ist die mit Abstand schlechteste." Wer sich ein Tier angeschafft und manchmal viel Geld dafür bezahlt hat, "sollte so viel Charakter haben, sich mit Anstand und Würde wieder von ihm zu trennen, wenn es denn gar nicht anders geht. Allerdings müssen die Betroffenen mit uns reden."
Kater "Archie" befindet sich laut heutiger Mitteilung momentan noch in Quarantäne. "Streicheln lässt er sich noch nicht", berichtet Sandra Lob. Ganz im Gegenteil: "Er flippt regelrecht aus, wenn wir nur in die Nähe seines Genicks kommen. Wir vermuten, dass er vielleicht bei seinem unfreiwilligen Umzug rabiat am Hals gepackt wurde – sicher sind wir natürlich nicht." Sehr wahrscheinlich sei der Kater traumatisiert. "Seine Angst sitzt tief, wieder in diese verhasste Box verfrachtet zu werden", so die Vermutung der Tierschützer.
Neugier und Ängstlichkeit halten sich laut Tierschutzverein momentan bei Archie die Waage. (Foto: Lob)