Logo
Anzeige
Anzeige

Ab Januar gibt es einen ersten Kurs, zudem stehen Exkursionen an. 

(ty) Über vier Stunden lang steckten sie ihre Köpfe zusammen, diskutierten lebhaft oder lauschten den Worten der Experten – am Ende war allen Beteiligten laut Pfaffenhofener Stadtverwaltung klar: Gemeinsam können wir viel bewegen! Davon waren die Landwirte aus der Stadt Pfaffenhofen schon nach der Bodenallianz-Auftaktveranstaltung im Oktober überzeugt, jetzt würden sie am liebsten gleich loslegen. Kein Wunder: Gemeinsam mit Joseph Amberger und Peter Stapel, der das Projekt bei der Stadt federführend betreut, haben die Landwirte beim ersten Projekttreffen konkrete Maßnahmen beschlossen.

So wird es, wie es aus dem Rathaus heißt, bereits ab Januar einen erweiterten Kurs zur Bodenbearbeitung geben. Ein Angebot, das von den Landwirten im Stadtgebiet gerne angenommen werde. Schon heute kämpfen viele Bauern gegen Bodenverdichtung, die dazu führt, dass das Wasser nicht mehr richtig in den Boden eindringen kann, und gegen Überdüngung. Der Kurs soll den Landwirten innerhalb von zwei Jahren praxisanwendbares Wissen und praxistaugliche Methoden zur Beurteilung der Bodenfruchtbarkeit mit auf den Weg geben.

Im Rahmen einer Projektarbeit wird ein Thema im Bereich Bodenverbesserung auf dem eigenen Betrieb bearbeitet. Michael Weichselbaumer vom Doimer-Hof hat diesen Kurs bereits absolviert und viel für den eigenen Betrieb mitgenommen. „Ich kann jetzt selbst überprüfen, ob mein Boden nach langer Trockenheit nochmal gedüngt werden muss oder nicht. Bislang war ich dafür auf externe Hilfe angewiesen“, so der Landwirt.

Darüber hinaus ist ein Besuch der Bioland-Woche in Plankstetten mit speziellen Einführungskursen zu den Themen Pflanzen und Milchvieh sowie zum Acker- und Hopfenbau geplant. Beschlossen wurde auch ein gemeinsamer Besuch auf der Biofach, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel. Die Bio-Messe findet vom 13. bis 16. Februar 2019 im Messezentrum Nürnberg statt. Die Bodenallianz-Verantwortlichen konnten auch Hintergrundgespräche mit Ausstellern wie Bioverbänden, Händlern und Verarbeitern organisieren.

Im Hinblick auf den Erhalt und die Bewirtschaftung ökologischer Landwirtschaftsflächen ist eine Bildungsveranstaltung im Frühjahr 2019 geplant, des Weiteren wird es einzelbetriebliche Naturschutzberatungen geben. Aber nicht nur die Landwirte selbst stehen im Fokus des Bodenallianz-Projektes – auch an die Bürger und Bürgerinnen wird gedacht. So soll es landwirtschaftliche Erkundungstouren geben. Stapel prüft, inwieweit in der Stadt Verkaufsstellen für die regional angebauten Produkte eingerichtet werden können.

Die Landwirte wissen das Engagement der Stadt zu schätzen, denn die aktuelle Situation macht ihnen das Leben schwer. „Ich erlebe in der heutigen Zeit leider sehr oft, dass viele Bauern bedingt durch die Ist-Situation zerrissene Menschen sind. Obwohl sich jeder Einzelne an Recht und Gesetz hält, steht er trotzdem in gewisser Weise am Pranger. Deshalb ist es wichtig, dass wir gemeinsam nach Wegen suchen, um einerseits die Lebensgrundlage der Landwirte zu verbessern und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Landwirtschaft von heute auch morgen noch zukunftsfähig ist“, sagte Amberger beim ersten Projekttreffen.

Ein ähnliches Bild zeichnete auch Hubert Gerstmeier aus Donauwörth: „Unser Betrieb war jahrelang sehr auf die Zuckerrübe fokussiert, kein Wunder, hat sie doch ein Drittel unseres wirtschaftlichen Erfolges ausgemacht. Doch mit der Zeit ist das Glas immer voller geworden mit den Sachen, die uns nicht mehr gefallen haben. Die Veränderung des Vertrags mit Südzucker hat das Fass dann endgültig zum Überlaufen gebracht.“ Gemeinsam mit seiner Familie habe er sich dann verschiedene Betriebe angeschaut, die schon vor Jahren auf Ökolandbau umgestellt haben.

Das erste Projekttreffen im Rahmen der Bodenallianz stieß bei den Pfaffenhofener Landwirten auf großes Interesse.

Nach einem Besuch bei einem Biobauern in der Nähe von München habe es bei ihm „Klick“ gemacht. „Für mich gab es kein Zurück mehr.“ Drei Jahre habe die Umstellung gedauert, bereut hat Gerstmeier sie bis heute keine Sekunde. Im Gegenteil: „Ich fühle mich, seitdem ich Biobauer bin, viel mehr als Bauer. Jetzt befasse ich mich wirklich mit den Basics meines Betriebes und bin dadurch so viel näher dran an meiner Berufung.“

Das ist zugegebenermaßen Musik in den Ohren von Stapel und Amberger. Beide wissen aber auch, dass so eine Umstellung kein Prozess ist, für den man sich von heute auf morgen entscheidet. Deshalb werden im Rahmen des Bodenallianz-Projektes auch die Einhaltung naturnaher Bewirtschaftungsformen, eine bessere Bodenbearbeitung oder aber die Belassung von Randstreifen gefördert. Langfristiges Bodenallianz-Ziel ist es, den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche im Stadtgebiet deutlich zu erhöhen.

„Im Rahmen der Bodenallianz kommen wir zusammen, schauen gemeinsam  hin, sensibilisieren, analysieren und motivieren uns gegenseitig. Und trotzdem entscheidet jeder am Ende selbst über den Weg, den er einschlägt. Wir von der Stadt wollen lediglich Möglichkeiten aufzeigen und so eine Entscheidungsgrundlage schaffen“, meint Stapel. Die Stadt stellt für dieses Vorhaben von 2019 bis 2021 jährlich 365.000 Euro, also insgesamt über eine Million Euro, zur Verfügung.

„Wir stehen zu unserem Wort. Die Gelder haben wir in unserer letzten Stadtratssitzung bereits im Haushalt berücksichtigt“, betonte Bürgermeister Thomas Herker beim Projekttreffen. „Darüber hinaus haben wir uns gemeinsam mit den Gemeinden Scheyern, Hettenshausen und Ilmmünster um den Titel Ökomodell-Region beworben. Der Wettbewerb ‚Staatlich anerkannte Öko-Modellregionen‘ soll die Produktion heimischer Bio-Lebensmittel und das Bewusstsein für die regionale Identität voranbringen. Die Entscheidung, ob wir zwei Jahre lang eine Förderung bekommen, fällt voraussichtlich Ende März.“

Die Stadt beschreitet also gerade viele Wege gleichzeitig. Viele Wege – die bedeuten für die Landwirte im Landkreis auch viele verschiedene Möglichkeiten. „Im Endeffekt geht‘s mir so, wie wenn Ihr Landwirte auf Euren Acker geht: Ich weiß nicht, was dabei herauskommt. Und trotzdem verspreche ich Euch, dass wir unser Menschenmöglichstes tun werden, um etwas Fruchtbares zu ernten. Wobei wir von der Ernte noch sehr weit entfernt sind. Wir werden bestimmt auf dem Weg auch Unkraut säen, aber das gehört auch dazu. Jeder von uns bringt seinen eigenen Hintergrund, seine eigene Erfahrung mit ein – das macht unsere Bodenallianz-Gemeinschaft aus und genau deshalb werden wir eine gute Ernte heimfahren“, erklärte Amberger abschließend.


Anzeige
RSS feed