Bischof Zdarsa in seiner Weihnachts-Predigt: "Auch Glaubende sind nicht ohne Sünde und leider oft alles andere als lupenreine Zeugen der frohen Botschaft."
(pba) In seiner Weihnachts-Predigt im Hohen Dom zu Augsburg hat Bischof Konrad Zdarsa die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt. Er bestehe darin, Jesus kennenzulernen, ihm nachzufolgen und mehr und mehr so zu werden wie er. Am heutigen Hochfest der Geburt des Herrn werde uns die Antwort auf diese Frage aller Fragen feierlich verkündet: "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt", zitierte der Bischof aus dem Johannes-Evangelium. Der Sinn unseres Lebens sei in einer lebendigen Person Fleisch geworden. Für den Evangelisten sei Jesus deshalb die Antwort auf die Frage, wofür es sich zu leben lohne, in welcher Situation auch immer.
"Auch Glaubende sind nicht ohne Sünde und leider oft alles andere als lupenreine Zeugen der frohen Botschaft", so der Bischof weiter. Der Strich zwischen Gut und Böse gehe mitten durch das menschliche Herz. "Alle Bedrängnisse sind eigentlich letztlich eine Aufforderung und ein Angebot von Gott, den Sinn unseres Lebens zu erkennen, unser Leben zu ändern und neu zu orientieren." Die wahrhaft Glaubenden aller Zeiten könnten sich nur mehr an dem Einen messen lassen, betonte Bischof Zdarsa deshalb. An ihm, an Jesus Christus, komme man nicht vorbei. Und sich mit ihm und der Frage, wie man Gott oder das Gute erkennen könne, zu befassen, brauche unter Umständen ein längeren Zeitraum oder vielleicht sogar ein ganzes Leben.
Auch für die Jünger Jesu sei es ein längerer Weg gewesen, bis sie den Menschensohn und seinen Auftrag erkannt und ihr Leben danach ausgerichtet hätten. Aber unser Herr Jesus Christus habe uns seine bleibende Gegenwart zugesagt. Das Hochfest der Geburt unseres Herrn könne deshalb auch Anlass zur Frage sein, worum es bei unseren weihnachtlichen Gottesdiensten gehe. Bloß darum, die Werke großer Komponisten "aufzuführen und zu hören, anstatt vor allem und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln mit voller Stimme und aus ganzem Herzen Gott zu loben und zu preisen?", fragte der Bischof.
Diese Frage nach dem Sinn unseres Tuns hat gestern Abend in der Christmette auch Weihbischof Florian Wörner aufgegriffen und sie als "Sehnsucht nach mehr, nach etwas, was nicht vergeht und ewig froh macht" gedeutet. Diese Sehnsucht gehöre zum Wesen des Menschen, Gott habe sie ihm eingepflanzt. Aber auch Gott habe Sehnsucht nach uns. Wörner: "Er kommt zu uns als Mensch in einem Kind, arm und demütig, um uns anzuziehen, hinzuziehen in seine Nähe, in seine Gemeinschaft." Das sei die große Freude, die wunderbare Nachricht, die uns die Engel nicht nur in der Heiligen Nacht verkündeten.
"Wissen wir, wo wir hingehören, und wo wir bekommen, was wir wirklich im Tiefsten brauchen?" Mit dieser Frage richtete sich der Weihbischof deshalb an die Gläubigen. "Oder geben wir uns mit Ersatz zufrieden? Leben nicht ganze Industriezweige davon, unsere Sehnsüchte zu bedienen, um sie dann doch nicht wirklich zu befriedigen?" Bei Gott sei es anders: "Wer ihn sucht und sich von ihm finden lässt, dessen Sehnsucht kommt ans Ziel, und seine Freude wird eine dauerhafte und vollkommene werden", so der Weihbischof.
Die feierliche musikalische Gestaltung der Weihnachts-Gottesdienste übernahmen die Domsingknaben, das Bläser-Ensemble der Dommusik sowie Domchor und Domorchester unter der Leitung von Domkapellmeister Reinhard Kammler. An der Orgel war Domorganistin Claudia Waßner zu hören.