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Gewerkschaft NGG verweist auf regionale Analyse und wachsende Kaufkraft, betont aber: Erst bei mehr als zwölf Euro pro Stunde werde die Lohn-Untergrenze "langsam armutsfest".

(ty) Der Mindestlohn steigt ab Januar um 35 Cent auf jetzt 9,19 Euro pro Stunde – und mit ihm der Verdienst von 1530 Menschen im Kreis Pfaffenhofen. So viele Beschäftigte arbeiten hier derzeit zum gesetzlichen Lohn-Minimum. Auch die Wirtschaft im Kreis profitiert: Die Kaufkraft wächst durch das Mindestlohn-Plus heuer um rund 384 000 Euro. Das teilt die Gewerkschaft "Nahrung, Genuss, Gaststätten" (NGG) mit und beruft sich dabei auf eine aktuelle Analyse des Pestel-Instituts aus Hannover, das die Auswirkungen der Mindestlohn-Entwicklung regional untersucht hat. Ein Euro mehr beim Mindestlohn brächte dem Landkreis demnach 3,2 Millionen Euro zusätzliche Kaufkraft.

 

"Mal ins Kino oder Essen gehen. Und auch mal etwas Neues für den Haushalt anschaffen – fast jeder Euro, den Mindestlohn-Beschäftigte am Monatsende extra haben, fließt in den Konsum. Und einen Großteil davon geben sie vor Ort aus", sagt Rainer Reißfelder von der NGG-Region Oberpfalz. Denn wer zum untersten Lohn arbeite, könne nichts auf die hohe Kante legen. Für den Gewerkschafter ist der gesetzliche Mindestlohn allerdings auch nach der aktuellen Erhöhung noch zu niedrig: "Selbst für eine Vollzeitkraft ist es extrem schwer, mit dem Mindestlohn klarzukommen", sagt er. "Gerade dann, wenn auch noch Kinder im Haushalt leben. Und bei steigenden Mieten sowieso." Die NGG fordert deshalb ein deutlich stärkeres Mindestlohn-Plus. Erst in einer Größenordnung von mehr als zwölf Euro pro Stunde werde die Lohn-Untergrenze "langsam armutsfest".

 

NGG-Geschäftsführer Reißfelder sieht bei den Löhnen "Luft nach oben" – und die Arbeitgeber in der Pflicht: "In Branchen wie dem Gastgewerbe und dem Bäckerhandwerk gehen trotz guter Wirtschaftslage selbst Fachkräfte oft nur mit dem gesetzlichen Minimum nach Hause", sagt er. Messlatte sei aber nicht der Mindestlohn, sondern der Tariflohn. Reißfelder prangert "die zunehmende Tarifflucht" als Hauptgrund dafür an, "dass seit Jahren viel zu viele Menschen im Niedriglohnsektor gefangen sind" und fordert die Unternehmen auf, sich zu Tarifverträgen zu bekennen: "In den Tarifverträgen der NGG sind meist deutlich höhere Löhne, auch in den unteren Lohngruppen, vereinbart. Und wer nach Tarif zahlt, der hat auch zufriedenere Mitarbeiter, die sich im Job engagieren."

 

Reißfelder betont, dass von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns seit 2015 rund vier Millionen Menschen profitiert haben. Allerdings werde dieser gesetzliche Anspruch viel zu wenig kontrolliert, weil die Finanzkontrolle Schwarzarbeit nach wie vor nicht ausreichend personell ausgestattet sei. "Es gibt viel zu viele Schlupflöcher", sagt er. "Arbeitszeiten werden nicht korrekt erfasst oder Überstunden nicht bezahlt, um den Mindestlohn massenhaft zu umgehen. Das ist ein Skandal", kritisiert der Gewerkschafter und fordert die Beschäftigten auf, ihre Januar-Lohnabrechnung genau zu kontrollieren.

Bei seiner Einführung im Jahr 2015 lag der gesetzliche Mindestlohn bei 8,50 Euro pro Stunde. Nach dem Mindestlohn-Gesetz steigt er alle zwei Jahre. Wie hoch das Plus ist, hängt insbesondere von der Entwicklung der Tarifverdienste ab. Die NGG war nach eigenem Bekunden die erste Gewerkschaft, die sich für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns stark gemacht hat.

 

Wie die NGG heute mitteilte, hätte nach Berechnungen des Pestel-Instituts ein höherer Mindestlohn starke Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft: "Würde der gesetzliche Mindestlohn um einen weiteren Euro – auf dann 10,19 Euro – steigen, wäre damit allein im Landkreis Pfaffenhofen ein Anstieg der Kaufkraft um 3,2 Millionen Euro im Jahr verbunden", so die Gewerkschaft. "Denn davon würden dann sogar rund 3900 Menschen profitieren – nämlich neben den bisherigen Mindestlohn-Empfängern auch die Beschäftigten, die derzeit für einen Stundenlohn arbeiten, der nur knapp oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegt."


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