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Seit dieser Woche gibt es im Kreis Pfaffenhofen fünf Ortsverbände, der neue kümmert sich um Gerolsbach und Scheyern. Über Ambitionen, Themen und Probleme.

Von Alfred Raths

Die Grünen sehen sich nicht zuletzt wegen der intensiv geführten Klima-Debatte im Aufwind. Seit dieser Woche gibt es im Kreis Pfaffenhofen einen neuen Ortsverband, der frischen Wind in die Kommunalpolitik von Gerolsbach und Scheyern bringen will. Nach Pfaffenhofen, Wolnzach und Baar-Ebenhausen sowie dem für Reichertshausen, Hettenshausen und Ilmmünster ist es der fünfte Ortsverband im Landkreis. Die Mitgliederzahl erhöhte sich schlagartig von rund 70 auf gut 80. Wir sprachen mit den Protagonisten.

Die Gründungs-Versammlung erfolgte am Montagabend in Gerolsbach. Gleichrangige Chefs des neuen Ortsverbands sind, so wurde gewählt, Wilhelm Reim und Ingo Westcombe-Benn. Während Reim – der bei der jüngsten Landtags-Wahl als Direkt-Bewerber kandiert und gut elf Prozent errungen hatte – im Landkreis bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad genießt, ist der 49-jährige Westcombe-Benn noch eher unbekannt. Lokalpolitische Erfahrung sammelte der Energie-Manager aber bereits knapp zehn Jahre lang als Mitglied des Laimer Bezirks-Ausschusses (BA), ehe er dann im Jahr 2017 von München nach Gerolsbach zog.

Die klassische Grünen-Doppelspitze mit einem Mann und einer Frau hatte sich nach den Worten von Reim für den neuen Ortsverband nicht ergeben beziehungsweise nicht gefunden. Mann wolle jedenfalls nun "den Stillstand umwandeln" sowie Veränderungen bringen, wie er am Mittwoch bei der Vorstellungs-Veranstaltung des gerade erst neu gegründeten Ortsverbands in der Klosterschenke von Scheyern sagte. Westcombe-Benn machte deutlich, dass ihm zum Beispiel am öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) gelegen sei und dass dieses Thema angegangen werden müsse. In München war er auch Vorsitzender des BA-Unterausschusses für Umwelt und Verkehr. 

Als Schriftführerin des neuen, hiesigen Grünen-Ortsverbands wurde Julia Reim gewählt, zu Beisitzern wurden Gerda Einödshofer, Wolfgang Braun, Felix Ruß und Peter Torkaniak bestimmt. Als Schnittmenge der beiden Kommunen – Gerolsbach und Scheyern – sehen die Grünen die Mittelschule, das Standesamt und die Pfarrei. Insofern mache es auch Sinn, als gemeinsamer Ortsverband aufzutreten, heißt es da. 

Eine eigene Kandidaten-Liste bei den Gemeinderats-Wahlen im kommenden Jahr halten Reim und Westcombe-Benn in Gerolsbach wie auch in Scheyern für durchaus realistisch. Sechs Kandidaten für Scheyern habe man bereits, sagt Reim im Gespräch mit unserer Zeitung und prophezeit: "Scheyern wird auf jeden Fall eine Grünen-Liste bekommen." Auf Anfrage aus dem Publikum wurde dann erklärt, dass man für nächstes Jahr in Scheyern einen grünen Bürgermeister-Kandidaten zwar für eher unwahrscheinlich halte, das aber auch nicht ausschließen wolle.

Der Landtags-Abgeordnete Johannes Becher (rechts) beim Treffen in Scheyern.

Mit "grünen Aspekten" wollen die Grünen nach eigenem Bekunden Scheyern voranbringen – und dazu "ganz viele Anträge" starten, wie Reim sagt. Im Zuge einer Ideen-Sammlung bei einem Treffen in vermutlich zwei Monaten, so die derzeitige Planung, wollen sich die potenziellen Listen-Kandidaten der Partei austauschen. Norbert Ettenhuber aus Baar-Ebenhausen, der zusammen mit Kerstin Schnapp aus Pfaffenhofen den hiesigen Grünen-Kreisverband führt, hofft dass der neue Ortsverband sich "in der Kommunalpolitik sehr aktiv" zeigt.

Der Landtags-Abgeordnete Johannes Becher aus Moosburg im Kreis Freising, der für seine Partei auch den Kreis Pfaffenhofen betreut, stellte bei der Zusammenkunft in Scheyern in einem sehr ausführlichen Impulsvortrag die Lokalpolitik seiner Heimat-Gemeinde als beispielgebend heraus. Außerdem attestierte er dem 39-jährigen Willi Reim durchaus Chancen auf einen Sitz im bayerischen Landtag nach der nächsten Wahl.

Bis es dazu kommen könnte, stehen Reim und Westcombe-Benn aber noch einige lokale Bewährungsproben, lokale Herausforderungen und Konflikt-Themen bevor. Auch in Gerolsbach. Dort fehle unter anderem der Radweg-Anschluss nach Euernbach. "Ein Landwirt möchte dort partout nicht verkaufen, aber wir haben da ein paar Alternativ-Vorschläge, die wollen wir im Gemeinderat einbringen", wurde dazu erklärt. Man könne etwa die Streckenführung anpassen – an dem besagten Grundstück vorbei.

Dann sei da noch der Kreisverkehr mitten im Ort. "Dort werden sehr alte, sehr große Bäume gefällt." Sie seien Brutreservoire von mindestens drei Fledermaus-Arten gewesen, die auf der Roten Listen stehen. Als Höhlen-Ersatz sollen nun zwei Fledermaus-Kästen dienen. "Wenn schon bekannt ist, dass mindestens drei Fledermaus-Arten dort existent sind, dann sind zwei Nistkästen viel zu wenig", so die Kritik. Es werde einer der ersten Grünen-Anträge sein, dort für einen weiteren Kasten zu sorgen. Wäre man bereits im Gemeinderat vertreten, hätte man sich ohnehin für eine andere Lösung ausgesprochen, so Reim.

Außerdem gebe es große Probleme mit der Busanbindung nach Pfaffenhofen oder Junkenhofen: "Die ist wirklich sehr schlecht." Und: "In Schrobenhausen, Petershausen ist sie nicht optimal." Erschreckend sei, dass gerade die Verbindung in die Kreisstadt Pfaffenhofen so schlecht sei. Damit diesbezüglich eine Verbesserung eintrete, kann sich Reim auch eine deutlich größere finanzielle Beteiligung der Kommune vorstellen.  In Scheyern sei die Busverbindung nach Pfaffenhofen ebenfalls ein brennendes Thema. Auch die müsse verbessert werden, fordert Reim.

Überdies müssten in den Gemeinderat von Scheyern viele neue Ideen einfließen. "In letzter Zeit ist dort doch eher verwaltet worden", kritisiert Reim – und stellte damit, ohne es ausdrücklich zu sagen, dem bisherigen Rathauschef Manfred Sterz von den Freien Wählern nicht gerade das beste Zeugnis aus. Es mangle an Visionen, findet Reim – beispielsweise zur langfristigen Bebauung, ohne den Ort zu zersiedeln oder viele Flächen zu verbrauchen.

Hinter der gegenwärtig heftig und kontrovers diskutierten CO2-Steuer auf Bundesebene steht Reim voll und ganz, auch wenn dies – etwa durch die Verteuerung von fossile Energieträgern – wohl besonders den ländlichen Raum betreffen könnte. "Die CO2-Steuer ist ein Vorteil", sagt er. Wo viel CO2 verbraucht werde, müssten die Kosten auch umgelegt werden. Durch die so eingenommene Steuer entstünden Gestaltungs-Möglichkeiten – zum Beispiel, um Busverbindungen auf dem Land bezüglich Strecken und Taktung attraktiver zu machen sowie damit höhere Preise für Sprit oder Heilöl zu kompensieren.

Reim und Westcombe-Benn setzen nach eigenem Bekunden jetzt darauf, dass sich nach der Ortsverband-Gründung noch viele weitere Gerolsbacher und Scheyerner mit den Idealen der Grünen identifizieren. Es gebe sogar schon Anfragen von Mitgliedern anderer Parteien, bei den Grünen vor Ort mitzumischen, heißt es da. Und: Man sei offen für alle, die den Grünen nahe seien und mit deren Werten übereinstimmten. Jedoch, so Reim: CSU-Mitglieder, die mit einem Engagement bei den Grünen liebäugelten, seien ihm bis dato nicht bekannt. 

Wie die Grünen-Kreischefin Kerstin Schnapp heute gegenüber unserer Zeitung sagte, habe sich die Zahl der Partei-Mitglieder im Landkreis Pfaffenhofen im Zusammenhang mit der Neugründung des Ortsverbands Gerolsbach-Scheyern von rund 70 auf nun gut 80 erhöht. Damit könne man jetzt nicht mehr von einem kleinen Kreisverband sprechen. Auch wenn sie das noch nicht offiziell bestätigen will: Dem Vernehmen nach ist die Gründung von weiteren Grünen-Ortsverbänden bereits geplant. 

"Wir werden künftig eine noch gewichtigere Rolle, sowohl auf lokaler als auch auf Landkreis-Ebene, spielen", sagt Schnapp. Sie verweist auf die jüngsten Wahl-Ergebnisse ihrer Partei und ist zuversichtlich, dass die Grünen in allen fünf Landkreis-Kommunen, in denen sie antreten wollen, den Einzug in den jeweiligen Gemeinderat schaffen. "Wer jetzt noch glaubt, dass er grüne Forderungen ignorieren kann, der wird eines Besseren belehrt werden", sagt sie: "Wir Grünen sind nicht mehr wegzudenken."


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