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Buben und Mädchen erlebten den Lauf der Natur: Vermutlich hat ein Specht zugeschlagen und die Nistkästen leergeräubert.

Von Alfred Raths

Entsetzen und Trauer herrscht bei den Buben und Mädchen vom Wolnzacher Waldkindergarten: Zahlreiche Jungvögel – mutmaßlich sogar mehr als 50 – aus den dort aufgehängten Nistkästen sind von einem Tag auf den anderen zu Tode gekommen. Beim allmorgendlichen Zusammensitzen unter freiem Himmel war kürzlich das Fehlen der Bettel-Rufe aufgefallen. Sie waren zuvor immer dann vom Vogel-Nachwuchs zu hören gewesen, wenn die Elterntiere am Nistkasten gelandet waren und im Schnabel neue Nahrung gebracht hatten.

"Wir haben daraufhin nachgesehen und stellten fest, dass nur noch ein einziges Junges in einem Nest zu finden ist – obwohl zuvor fast alle Kästen besetzt waren", erklärt Regina Weichenrieder vom Team des Waldkindergartens im Gespräch mit unserer Zeitung. Von den zehn hier aufgehängten Holz-Nistkästen befand sich in neun jeweils eine Vogelkinderstube von Kohl- und Blaumeisen. Bei einer näheren Nachschau vor dem einschneidenden Ereignis habe man in einem Nest sogar insgesamt neun junge Vögel gezählt, berichtet Weichenrieder.

"Wenn man auch nur sechs Tiere pro Nest unterstellt, kommt man auf über 50, die vermutlich gefressen wurden", rechnet sie vor. Mit dem Marder habe das Kindergarten-Team schon einen tierischen Täter im Verdacht gehabt. Nachdem dann ein hiesiger Waldpädagoge zu Rate gezogen worden war, stellte sich allerdings heraus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Buntspecht als Verursacher der Tragödie in Frage kommt. Hinweise darauf geben die Spuren rund um die Einfluglöcher der Nistkästen: Die Beschädigungen weisen demnach specht-typische Merkmale auf.

Da war die Welt noch in Ordnung: Neun Jungvögel im Nest.

Die Buntspechte haben derzeit ihren eigenen Nachwuchs zu versorgen – und Jungvögel anderer Arten gehören dabei durchaus zu ihrem Nahrungs-Spektrum. Schutz vor den Hieben des Spechtschnabels könnte zwar ein Blech um das Einflugloch der Nistkästen bieten. Allerdings scheint es im vorliegenden Fall wohl so gewesen zu sein, dass alleine das "Anklopfen" des Spechts bei den fast flügge gewordenen Meisen bewirkt hatte, dass sie ihre Hälse streckten – und so zur leichten Beute geworden waren.

"Ganz vermeiden kann man es nicht, dass Jungvögel von ihren Feinden gefressen werden", erklärt Markus Erlwein vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) auf Nachfrage unserer Redaktion. Nistkästen mit Sitzstangen sollte man vermeiden, so sein Rat. Erlwein gibt gleichzeitig zu bedenken, dass Räuber-/Beutetier-Beziehungen zur Normalität in der Natur gehören.

Mutmaßliche Specht-Spuren an einem der Nistkästen.

Dem pflichtet auch Weichenrieder bei: "Unsere Kinder wissen um diesen Zusammenhang, den sie in der einen oder anderen Art und Weise hier im Wald immer wieder erleben", sagt sie. "Trotzdem trifft es sie jetzt natürlich." Jetzt überlegt das Kindergarten-Team, wie man in der kommenden Brut-Saison einen derartigen Vorfall möglichst verhindern kann.


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