Landrat Hauner zum Thema Schutzausrüstung: "Wir können uns hier nicht auf Bund und Freistaat verlassen, sonst könnten wir schon nicht mehr arbeiten."
(ty) Die Zahl der Menschen im Kreis Freising, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben, steigt weiter. Stand heute, 13 Uhr, waren es 326 Personen, davon gelten 64 mittlerweile als wieder genesen. Sieben Todesfälle hat es im Kreis Freising laut Landratsamt im Zusammenhang mit Corona bisher gegeben. Die in ganz Bayern geltenden Ausgangs-Beschränkungen scheinen bereits Auswirkungen auf die Arbeit des hiesigen Gesundheitsamts zu haben. "Die Neuinfizierten melden im Schnitt deutlich weniger Kontakt-Personen", sagte Behörden-Leiterin Christine Setzepfandt heute bei einer Pressekonferenz am Landratsamt. Landrat Josef Hauner bedankte sich bei allen Organisationen, die dabei mithelfen, die Krise einzudämmen: "Es ist ein starkes Miteinander. Wir arbeiten alle intensiv daran, diese schwierige Situation zu bewältigen."
Insgesamt 46 Personen seien in Zusammenhang mit der Corona-Krise derzeit im Klinikum von Freising untergebracht, dabei handle es sich um 22 bestätigte Corona-Fälle sowie um 24 Verdachtsfälle. Elf Patienten liegen laut Angaben des Landratsamts derzeit auf der Intensivstation, neun von ihnen werden beatmet. Zwei Betroffene konnten indes mittlerweile von der Intensivstation zurück auf die "normale" Isolierstation verlegt werden. "Wir haben weiterhin eine stabile Lage", erklärte der ärztliche Direktor Markus Neumaier. 90 Betten stünden aktuell auf der Isolierstation zur Verfügung. Und das Klinikum könne um weitere 90 erweitern, so Neumaier. "Es herrscht überhaupt keine Bettennot", versicherte er.
"Das Klinikum hat schon sehr viel getan", befand Landrat Hauner. Für den Fall, dass die Betten-Kapazitäten dennoch nicht reichten, habe die "Führungsgruppe Katastrophenschutz" in Zusammenarbeit mit dem Klinikum, dem Gesundheitsamt und den Hilfsorganisationen bereits ein Konzept erarbeitet, um Patienten mit geringem Therapie-Aufwand verlegen zu können, kündigte Hauner heute an.
"Wir denken dabei aber nicht daran, Turnhallen zu belegen, sondern eher an Hotels", erklärte der Landkreis-Chef. Die Voraussetzungen dort seien viel besser – und zwar im Hinblick auf Hygiene, Einzelzimmer, Betreuung und Essens-Versorgung. "Eine Engstelle sind eher die Beatmungs-Geräte", sagte Neumaier. Man hoffe, dass bald weitere Geräte eintreffen.
Insgesamt kümmere sich das Landratsamt schon lange selbst darum, Schutzausrüstung von verschiedenen Quellen zu bekommen. "Wir können uns hier nicht auf Bund und Freistaat verlassen, sonst könnten wir schon nicht mehr arbeiten", sagte Hauner.
Um das Gesundheitsamt weiter zu entlasten, wird die Kapazität der Teststelle am Landkreis-Bauhof erweitert. Ab dem morgigen Freitag werden dort montags bis samstags von 9 bis 14 Uhr Patienten auf das Corona-Virus getestet, die nach Beratung durch einen niedergelassenen Arzt zum Abstrich geschickt werden. Der jeweilige Arzt werde einen Überweisungsschein senden, um die Patienten zu legitimieren. Die Tests werde der BRK-Kreisverband durchführen. Weiterhin werden die Betroffenen, die einen Termin vom Gesundheitsamt bekommen, von 15 bis 20 Uhr getestet – bis einschließlich Dienstag waren das rund 300 Leute.
Verändert hat sich mittlerweile die Arbeitsweise der niedergelassenen Ärzte, wie Georg Miedl, der Vorsitzende des ärztlichen Kreisverbands Freising, sagte. Um Erkältungsfälle aus den Praxen fernzuhalten, werde viel telefonisch oder per E-Mail kommuniziert. Die Material-Situation sei Dank der Bemühungen des Landratsamts sichergestellt. Mehrere Chargen hatte das Technische Hilfswerk (THW) von Freising bereits verteilt, wofür sich Landrat Hauner bedankte.
Ebenso wie bei den Feuerwehren, die – wie berichtet – zusammen mit einem Apotheker kürzlich eine große Menge an Flächen-Desinfektionsmittel selbst hergestellt hatten. Auch die Hilfsbereitschaft der Ärzte sei groß. Inzwischen haben sich ehemalige Ärzte bereit erklärt, positiv Getestete, die in häuslicher Quarantäne sind, telefonisch zu betreuen. "So können wir täglich erfassen, ob sich deren Zustand verschlechtert", sagte Miedl.
Ein Dank ging auch die Johanniter, die ein Konzept zur Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln, Getränken, Medikamenten und medizinischen Pflegeprodukten sowie zur Erledigung dringender Besorgungsgänge erarbeitet haben. "Das Unterstützungs-Angebot richtet sich an den Personenkreis, der sich weder selbst, noch über Familie oder die gemeinde-eigene Nachbarschaftshilfe helfen kann", so Hauner. Dafür sei ab sofort die Telefonnummer (0 81 61) 96 71 79 freigeschaltet; sie ist montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr erreichbar.
Die überwältigende Mehrheit der Freisinger Landkreis-Bürger halte sich an die Ausgangs-Beschränkungen. Das war den Worten des Freisinger Polizei-Chefs Ernst Neuner zu entnehmen, der für alle Polizeiinspektionen im Landkreis sprach. "Es gibt eine Vielzahl Vernünftiger und ein paar wenige Unvernünftige." Seit 16. März habe man 28 Mal einschreiten und elf Anzeigen erstatten müssen. "Das ist sehr wenig für einen Landkreis dieser Größenordnung." Er hoffe, das bleibe auch so. "Eine Bewährungsprobe wird das Wochenende, wenn das Wetter schöner wird", sagte Neuner.
Auch eine Warnung gibt es noch: Inzwischen seien nämlich – zwar bisher noch nicht im Landkreis Freising – Betrüger unterwegs, die sich als Mitarbeiter des Gesundheitsamts ausgeben, um sich Zutritt zu Wohnungen zu verschaffen. Neuner erklärte dazu an die Adresse der Bürger: "Wenn jemand im weißen Anzug vor dem Haus steht, ohne dass Sie vorher vom Gesundheitsamt angerufen wurden, dann lassen Sie die Tür geschlossen und rufen Sie die Polizei."