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"Jetzt geht es darum, ein neues Wort zu entdecken", sagt Michael Müller von der IG BAU – und spricht von "Ernte-Solidarität".

(ty) Was auf den heimischen Feldern wächst, ist gefragte Ware auch im Landkreis Pfaffenhofen: "Regionale Produkte stehen ohnehin hoch im Kurs. Dazu kommt noch, dass während der Corona-Pandemie frisches Obst und Gemüse sowieso gut gehen – als Alternative zu den auf Vorrat gekauften Ravioli-Dosen und Tüten-Suppen. Und natürlich als Rohstoff für die Lebensmittel-Industrie", sagt Michael Müller von der Gewerkschaft "Bauen, Agrar,  Umwelt" (IG BAU). Allerdings haben seinen Worten zufolge viele Landwirte in der Region ein Problem, das sich durch die Corona-Pandemie nochmals massiv verschärft: "Es fehlen Helfer auf den Höfen."

 

Saisonkräfte aus Rumänien oder Bulgarien dürften wegen der Corona-Krise nur bedingt einreisen – es seien zu wenige, um eine reibungslose Ernte zu garantieren. "Jetzt geht es darum, ein neues Wort zu entdecken", sagt Müller und spricht von "Ernte-Solidarität". Wer aus dem Landkreis Pfaffenhofen zupacken könne, sollte das jetzt tun, so die Gewerkschaft.

Es sei die Chance, Geld nebenbei zu verdienen und die Zeit sinnvoll zu investieren. "Spargel, Spinat, Porree – das April-Gemüse wartet nicht", verdeutlicht Müller. Dabei gehe es nicht nur um die Ernte. Es sei auch die Zeit fürs Pflanzen und Säen: Karotten, Blumenkohl, Radieschen, Zwiebeln, Kopfsalat, Kohlrabi & Co. müssten jetzt auf die Felder. Im Mai nehme die Arbeit für Pflanz- und Erntehelfer dann noch einmal deutlich zu.

"Durch die Corona-Krise ist die Landwirtschaft auf etwas angewiesen, was es schon lange nicht mehr gab: Darauf, dass alle vor Ort mit anpacken", sagt Müller. "Pflanzen und Ernten – zu (fast) 100 Prozent made by Kreis Pfaffenhofen an der Ilm." Allerdings dürfe das nicht um jeden Preis geschehen, warnt die Agrar-Gewerkschaft: Lohn und vor allem auch Hygiene-Standards seien wichtig. "Wer Schüler, Studenten oder Flüchtlinge für die Arbeit auf dem Feld anheuert, der muss sie auch fair bezahlen", verlangt der Bezirksvorsitzende Gewerkschaft. Auch in der Landwirtschaft gelte der gesetzliche Mindestlohn von 9,35 Euro pro Stunde. 

Zusätzlich fordert die IG BAU für Saisonarbeiter genauso wie für die Stammbelegschaften in Agrarbetrieben eine Erschwernis-Zulage. "Immerhin setzen sich die Beschäftigten in der Phase der Corona-Pandemie bei ihrer Arbeit auch einem gewissen gesundheitlichen Risiko aus", so Müller. Landwirte in der Region sollten seiner Ansicht nach eingearbeitete Saisonkräfte daher "mit einem Lohn nicht unter elf Euro pro Stunde vom Feld gehen lassen".

Viele würden zunächst ohne Vorkenntnisse kommen, was die Arbeit in der Landwirtschaft angehe: "Laien werden die professionellen Handgriffe erst lernen müssen", so der Gewerkschafter. Hier brauchten beide etwas Geduld – die Helfer, aber auch die Landwirte. "Schulen, Fachhochschulen und Unis, die geschlossen haben. Menschen in Kurzarbeit oder im Vorruhestand, die sich etwas hinzuverdienen wollen. Oder Beschäftigte, die schon ihre Kündigung bekommen haben. Und auch Geflüchtete, die ihre Chance sehen, an Arbeit zu kommen. Die aktuelle Situation darf nicht dazu führen, dass Menschen bei der Erntearbeit auf den Feldern über den Tisch gezogen werden", sagt Müller.

Neben der Bezahlung sei aber auch die Hygiene bei der Arbeit auf den Feldern wichtig – sogar das A und O: Es komme darauf an, auch draußen das regelmäßige Händewaschen und Desinfizieren sicherzustellen. "Das bedeutet, dass die Toilette am Feldrand einen Wasser-Anschluss braucht. Das sonst übliche Mobil-WC reicht hier nicht. Denn ohne Wasser – kein Händewaschen", macht Müller deutlich.

Wenn Pflanz- und Erntehelfer in Unterkünften untergebracht werden, dann seien Einzelzimmer notwendig. "Die Corona-Pandemie bedeutet das Aus der sonst üblichen Sammel-Unterkünfte", so Müller. "Denn dort gilt das gleiche wie auf den Feldern: Der Abstand von mindestens 1,5 Metern ist Pflicht. Besser ist eine ganze Zollstock-Länge: also zwei Meter Abstand vom Nebenmann." Zudem müssten Sozial- und Sanitär-Räume alle zwei Tage fachmännisch gereinigt werden.

"Was auch tabu ist: die Sammelfahrt von Feld zu Feld. Neun-Mann-Bullis dürfen nicht mehr voll besetzt zum Einsatz kommen", betont Müller. Erntehelfer sollten laut Gewerkschaft möglichst alleine und mit dem eigenen Pkw, Motorroller oder Fahrrad zur Feldarbeit fahren. Dafür müsse ihnen der Landwirt eine Entschädigung bezahlen.

 

"Die Corona-Gefahr lauert überall", warnt Müller. "Pflanz- und Erntehelfer dürfen das bei ihrem Einsatz unter freiem Himmel nicht vergessen. Es ist die Pflicht der Arbeitgeber, die Arbeitsplätze und Unterkünfte so einzurichten, dass die Hygiene-Standards einfach einzuhalten sind." Wer Fragen und Probleme habe, solle sich an die IG BAU oder an das örtliche Gesundheitsamt wenden, so Müller. Wichtige Hygiene-Regeln für die Arbeit in der Landwirtschaft hat die Gewerkschaft online gestellt unter www.igbau.de/Ploetzlich-Erntehelfer.html

Wer sich aus dem Landkreis Pfaffenhofen als Pflanz- oder Erntehelfer bewerben möchte, findet Jobs und weitere Infos unter www.agrarjobboerse.de. Stellenangebote gibt es auch auf dem Portal "Das Land hilft" vom Bundes-Landwirtschafts-Ministerium unter www.das-land-hilft.de (weiter: "Zur Plattform").

Hier finden Sie alle bisher veröffentlichten Beiträge über die Corona-Virus-Krise in der Region im Überblick


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