Bertram Meier, der künftige Bischof von Augsburg, über die Bedeutung von Ostern, den Heiligen Geist als kleinen Schelm und die Artenvielfalt im Biotop Kirche.
(pba) "Ostern fällt nicht aus. Das Halleluja ist zwar leiser, aber vielleicht umso hoffnungsvoller und tiefer", hat heute der künftige Bischof von Augsburg, Bertram Meier, in seiner Predigt zum Ostersonntag versichert. Die tiefere Bedeutung des Osterfestes offenbare sich bei einem Blick auf das erste Ostern in Jerusalem. Es sei kein Zufall, dass Jesus gemäß biblischer Überlieferung in einem Garten bestattet worden sei, sagte der designierte Oberhirte des Bistums Augsburg, zu dem auch Teile des Landkreises Pfaffenhofen gehören.
Tatsächlich ziehe sich das Motiv eines Gartens durch die ganze Heilige Schrift, beginnend mit Adam und Eva im Garten Eden und endend mit Christus, der in einem Garten von den Toten auferstehe und zunächst von Maria Magdalena sogar für einen Gärtner gehalten werde. "An dieser Verwechslung merke ich, dass der Heilige Geist ein kleiner Schelm ist", beobachtete der apostolische Administrator, dessen Bischofsweihe wegen der Corona-Krise verschoben werden musste.
Christus sei tatsächlich als Gärtner zu verstehen, der den Garten unseres Lebens hüte und pflege und damit die fehlgeschlagene Arbeit des ersten Gärtners – Adam – korrigiere. Und mehr noch: "Jesus, der Gärtner, setzt seinen Spaten an bei der Geschichte vom Garten Eden. Er schlägt nicht nur ein neues Kapitel auf, er wendet das Blatt wie ein Stück Erde: Danach bekommt die alte Geschichte von Sünde und Schuld ein neues Gesicht."
Selbst in schwierigsten Zeiten wie der jetzigen Corona-Virus-Krise glaube er fest daran, "dass Gott etwas Neues und Gutes mit uns und seiner Kirche plant", sagte der ernannte Bischof. Manchmal müsse Gott uns aber einen "Schubs" geben, um uns in die von ihm vorgesehene Richtung zu bewegen. "Corona ist für mich ein solcher Schubs von Gott. Gott will sagen: Bleibt nicht stehen! Geht nach vorn. Der Auferstandene weist Euch den Weg. Und vor allem: Habt keine Angst vor dem Heiligen Geist!"
Ostern als Gartenfest biete zuletzt noch einen weiteren, fruchtbaren Blickwinkel. Wer die Kirche als Biotop begreife, der müsse darin auch die Artenvielfalt erkennen und zulassen. "Katholische Kirche sein heißt: Vielfalt zulassen", sagte der künftige Bischof. Jesus habe keinen Kasernenhof ins Leben gerufen, sondern einen Frühlingsgarten: "Das Biotop der Hoffnung, die katholische Kirche, ist bunt und soll bitteschön auch bunt bleiben."
In der Kirche solle "der Reichtum des Lebens" blühen und die Menschen spüren, "wie Leben kriecht und krabbelt, wie es fliegt und jubiliert", sagte Meier abschließend und stieß im Geiste mit den Christinnen und Christen seines Bistums auf das österliche Gartenfest an: "Prosit auf das Leben!"
Wie bereits in den vergangenen Wochen wurde der Gottesdienst wieder live aus der Kapelle des Bischofshauses übertragen, er konnte so auch in den regionalen Sendern a.tv und Allgäu-TV verfolgt werden. Unterstützt wurde Bertram Meier während der heutigen Liturgie von Domorganistin Claudia Waßner und Domkapellmeister Stefan Steinemann als Kantor.
Ostern als Mutation
Auch gestern Abend gab es die Osternacht mit Bischof Bertram live aus der Kapelle des Bischofshauses. In seiner Predigt bezeichnete er dabei Ostern als eine "Mutation". Dieses Fest beginne nicht mit einem Halleluja, "sondern mit einem Verlust, der Angst und Schrecken einjagt. Jesu Leichnam ist weg." Ostern sei unfassbar, mit Händen nicht zu greifen, mit dem Hirn nicht zu begreifen, so der ernannte Bischof.
"So ist Ostern für mich eine Mutation, ein Sprung in etwas ganz Neues hinein." Ostern könne der Kirche jetzt sogar die Gewissensfrage stellen: "Nimmst du ernst, dass mit der Auferstehung Jesu Christi die Welt eine ganz neue Ordnung bekommen hat?" Sollte die Kirche sich nicht mehr auf ihr Kernprodukt besinnen, den Menschen Leben über den Tod hinaus, Leben in Fülle zu bringen, fragte er.
Ostern bedeute auch: Jesus lebe weiter, nicht nur in seinem Wort, in der Idee vom Himmelreich. Der Auferstandene schaffe sich vielmehr in der Eucharistie einen neuen Leib. "Der abwesende Leichnam Jesu wird gleichsam ersetzt durch den anwesenden Leib Christi in der Eucharistie", so Meier. Das sei zugleich sein Wunsch für Ostern 2020: "Der eucharistische Leib bleibt den meisten von uns heuer vorenthalten. Nehmen wir dafür den kirchlichen Leib Christi umso ernster", betonte er. "Leib Christi, das sind wir: zwar nicht sichtbar vereint, so doch im Geist verbunden mit dem Auferstandenen und den vielen Gliedern der Kirche als Leib Christi."
Die Lawine der Hilfsbereitschaft und die Kreativität der vielen, sich in der Seelsorge gerade jetzt zu engagierten, seien für Meier ein Beweis dafür, dass die Kirche lebe – nicht nur als eingetragener Verein oder als Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern als Christi Leib mit unzähligen Gliedern. "Das ist für mich Ostern 2020: die Chance, als Kirche die Mutation vor 2000 Jahren mitzumachen."
Jesus sei mit seiner Auferstehung den Menschen auch vorausgegangen. "Der Auferstandene ist weiter als wir", so der ernannte Bischof. Er habe die Abschluss-Prüfung des Sterbens mit Bravour bestanden. Sei das nicht tröstlich? "Wenn ich um meinen Arbeitsplatz bange oder gar mein Geschäft, meine Existenz auf dem Spiel steht – Jesus ist da, er teilt zwar keine Finanzspritzen aus, aber er schenkt uns seinen Geist des Mutes und der Stärke, auch diese Krise zu meistern." Jesus sei uns schon vorausgegangen. Er habe alle unsere Krankheiten und Leiden mit seinem Kreuz auf sich genommen.
Auch der morgige Gottesdienst am Ostermontag um 10 Uhr – wie auch der vom Weißen Sonntag zur selben Zeit – wird laut Ankündigung der Diözese live bei a.tv und Allgäu-TV, im Internet bei katholisch1.tv und beim Bistum Augsburg zu sehen sein, außerdem auf der Facebook-Seite des Bistums. Von Dienstag bis Samstag gibt es die Heilige Messe aus dem Bischofshaus um 19 Uhr bei katholisch1.tv, bistum-augsburg.de sowie bei facebook.com/bistumaugsburg