Aktuelle Infos und Videos zur Absage. Die legendäre "Wiesn" findet damit zum 25. Mal in ihrer mehr als 200-jährigen Geschichte nicht statt.
(ty) Das größte Volksfest der Welt, das Münchner Oktoberfest, wird heuer wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Das hat heute Oberbürgermeister Dieter Reiter in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder erklärt (Video siehe ganz unten). Die legendäre "Wiesn" findet damit nach Angaben aus dem Münchner Rathaus bereits zum 25. Mal in ihrer mehr als 200-jährigen Geschichte nicht statt. "Das ist natürlich eine sehr traurige Nachricht für alle Wiesn-Fans, in München, in Bayern und auf der ganzen Welt", so Reiter. "Aber das Risiko ist einfach zu groß, dass sich auf dem Oktoberfest mit seinen rund sechs Millionen Gästen Menschen mit dem Virus anstecken könnten."
"Bis Ende September", so der Oberbürgermeister, "werden wir die Gesundheitskrise zwar hoffentlich zum großen Teil gut überstanden haben. Umso unverantwortlicher wäre es, eine neue Welle der Verbreitung zu riskieren. Das wäre auch zum Schaden unseres weltweit beliebten Fests."
Die Nachricht treffe nicht nur die Besucher, sondern natürlich auch alle, die auf dem Oktoberfest arbeiten und mit den Einnahmen jedes Jahr fest rechnen – das beginne bei den Bedienungen und gehe über alle Standlbetreiber und die Schausteller bis hin zu den Wiesn-Wirten. Auch für die gesamte Tourismus-Wirtschaft, die Gastronomie außerhalb der Wiesn, die Hotels, das Taxi-Gewerbe und viele andere, die schon jetzt schwere Zeiten durchmachten, sei das ein herber Verlust.
Statement von Münchens OB Dieter Reiter.
"Persönlich werde ich die Eröffnung dieses Jahr natürlich auch vermissen", sagte Reiter. "Das Anzapfen ist eine der schönsten Amtshandlungen im Terminkalender des Münchner Oberbürgermeisters. Umso mehr freue ich mich, und können wir uns alle aufs nächste Jahr freuen."
Der für das Oktoberfest zuständige Referent für Arbeit und Wirtschaft, Clemens Baumgärtner, erklärte: "Als verantwortlicher Veranstalter trage ich die Entscheidung selbstverständlich vollständig mit." Denn: "Oberste Prämisse muss sein, dass vom größten Volksfest der Welt keine gesundheitliche Gefahr für die Gäste ausgehen darf. Dies kann in diesem Jahr nach heutigem Stand nicht garantiert werden."
Für die Beschicker der Wiesn, vom Festwirt über den Karussell-Betreiber bis zur Brezn-Verkäuferin, sei das "ein schwerer Schlag", so Baumgärtner. Wegen der langwierigen Vorläufe bei der Planung und der Vergabe könne die Wiesn weder zeitlich verlegt werden noch in einem anderen Format stattfinden. "Die Veranstaltung eines Notfestes würde die Marke Oktoberfest nachhaltig beschädigen", befand er. "Das Gesamtkunstwerk Oktoberfest gibt es entweder ganz – oder gar nicht."
Das Oktoberfest hätte in diesem Jahr zum 187. Mal in seiner 210-jährigen Geschichte stattgefunden. Seit dem Jahre 1810 haben laut Angaben aus dem Münchner Rathaus 25 Oktoberfeste nicht stattgefunden, überwiegend wegen Kriegen. Aber auch wegen der Inflation in den Jahren 1923 und 1924 oder wegen der Cholera-Epidemien in den Jahren 1854 und 1875. Nach den beiden Weltkriegen waren jeweils Ersatzfeste in einem kleineren Rahmen veranstaltet worden.
Das Münchner Oktoberfest ist sozusagen der Weltmarktführer unter den Volksfesten. So kamen nach Schätzung der Festleitung in den vergangenen beiden Jahren jeweils 6,3 Millionen Gäste und tranken dort jeweils gut 7,8 Millionen Mass Bier. Der Wirtschaftswert des Oktoberfests betrug laut Berechnungen des Referats für Arbeit und Wirtschaft im Jahr 2018 stolze 1,23 Milliarden Euro. Darin enthalten seien die ökonomischen Effekte, die mit dem Umsatz auf dem Festgelände erzielt werden, sowie Umsätze, die der Münchner Tourismus-Wirtschaft zugute kommen.
"Den Berechnungen zufolge gaben die rund 6,3 Millionen Festbesucher an 16 Tagen insgesamt etwa 442 Millionen Euro – pro Person durchschnittlich 70,22 Euro – direkt auf dem Oktoberfest aus", erklärte die Stadtverwaltung heute. "Die auswärtigen Besucher ließen für Verpflegung, Einkäufe, Taxifahrten oder die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel weitere 285 Millionen Euro in der Stadt." Allein für Übernachtungen gaben die auswärtigen Festgäste, so heißt es weiter, nochmals insgesamt rund 505 Millionen Euro aus. Dabei übernachteten 70 Prozent der Gäste in kommerziellen Unterkünften, wie Hotels, Pensionen oder Jugendherbergen.
Statement von Clemens Baumgärtner zum Ausfall des Oktoberfestes.
Mehr als 500 Betriebe sind jährlich auf dem Oktoberfest: vom Festzelt über Hendl- und Wurstbratereien über Karussell-Betriebe und Schaubuden bis hin zu Brezn-, Mandel- oder Souvenir-Ständen. Während der "Wiesn-Saison" entstehen nach Angaben der Landeshauptstadt auf dem Oktoberfest etwa 13 000 Arbeitsplätze. 8000 Beschäftigte würden in festem Arbeitsverhältnis angestellt, weitere 5000 Leute fänden als wechselnde Beschäftigte auf der Wiesn eine Arbeit.
Das Oktoberfest präge das Image Münchens und trage einen großen Teil zur weltweiten Bekanntheit der Stadt bei. Der Werbewert der Wiesn für München sei zwar nicht messbar, doch der Ruf, den München durch das Oktoberfest national und international genieße, schlage sich in den Besucherzahlen nieder. Nicht zuletzt dank dieses einmaligen Volksfestes gehöre München zu den führenden Tourismus-Metropolen Deutschlands.
Mehr als 2000 "Oktoberfeste" nach Münchner Manier werden den Angaben zufolge über den Erdball verteilt veranstaltet. Hiervon fänden die größten in Blumenau (Brasilien) und in Kitchener (Kanada) mit jeweils rund einer Million Besuchern statt, gefolgt von Frankenmuth (Michigan, USA) mit etwa 350 000 Besuchern. In China gebe es am Oktoberfest orientierte "Bierfeste" der Superlative, etwa in Peking, Dalian und Quingdao.
Pressekonferenz mit Ministerpräsident Markus Söder zum Ausfall des Oktoberfestes.