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"Wir dürfen nicht auf der Stelle treten, sondern wir müssen uns weiterentwickeln", mahnte der Augsburger Bischof Meier zu Fronleichnam.

(pba) Bischof Bertram Meier hat in seiner heutigen Predigt zum Fronleichnams-Fest im Augsburger Dom dazu aufgerufen, die Botschaft von Fronleichnam und das Wort "Prozession" ernst zu nehmen. Für die Kirche bedeute das, hinauszugehen, fortzuschreiten, sich weiterzuentwickeln. "Jesus will keine Konservenkirche", die auf der Stelle trete, rief der Bischof den rund 150 Gläubigen in dem Gotteshaus zu. Die traditionelle Fronleichnams-Prozession durch die Augsburger Innenstadt im Anschluss an das Pontifikalamt konnte heuer wegen der Corona-Krise nicht stattfinden.

Stattdessen hielt der Bischof zusammen mit den Weihbischöfen und dem liturgischen Dienst eine Statio auf dem Domplatz und segnete die Stadt sowie ihre Bewohner. Meier war erst vor wenigen Tagen zum Oberhaupt des Bistums Augsburg, zu dem auch Teile des Landkreises Pfaffenhofen gehören, geweiht worden. Die Zeremonie war bekanntlich wegen der Corona-Krise verschoben worden. "Obwohl wir heuer nicht in einem großen, geordneten Zug mit Musik und Blumen nach draußen gehen können, sagt uns Fronleichnam: Die Kirche hat die Aufgabe, die Weite zu suchen im wörtlichen Sinne", betonte Meier in seiner Predigt.

Dies bedeute, auch bei drohenden Problemen und Streitigkeiten nicht fahnenflüchtig zu werden, sondern nach dem bekannten Psalmwort "Du führst mich hinaus ins Weite" zu handeln. Jesus habe uns zum "Leben in Fülle" (Joh 10,10) befreit, "zu einem Leben mit Höhen und Tiefen, vor allem aber mit dem Panorama einer Weite, die kein Scheuklappen-Denken kennt", richtete sich der Bischof an die Gläubigen und warnte sie gleichzeitig vor allzu engstirnigem Denken. "Jesus traut uns zu, dass wir leben können, ohne dass wir alles kleinlich vorschreiben oder kleinkariert festlegen müssten."

Diese jesuanische Weite werde auch für sein Hirtenamt als Bischof prägend sein, gab Meier Einblick in sein zukünftiges Programm und Wirken: "Ich möchte nicht diejenigen über mich und die mir anvertrauten Gläubigen Macht gewinnen lassen, die Angst haben vor zu großer Weite und deshalb die Schafe lieber in einem engen Stall einpferchen wollen", erklärt der neue Bischof von Augsburg. Dort könne man zwar nicht viel falsch machen, aber dieser Weg bedeute auch "dass man gemolken, geschoren und schließlich womöglich geschlachtet wird", so der Bischof.



Voranzuschreiten, nach vorne zu gehen und Fortschritte zu machen, seien auch Botschaften, die im Wort "Prozession" steckten und damit zum heutigen Fronleichnams-Fest passten. "Wer eine Prozession machen will, darf nicht auf der Stelle treten; er muss voranschreiten." Dies gelte auch für das kirchliche Leben. "Wir dürfen nicht auf der Stelle treten, sondern wir müssen uns weiterentwickeln." Mit dem Vergleich von Sauerkraut, das nach dem Stampfen eingemacht und konserviert wird, stellte Meier fest: "Jesus will keine Konservenkirche, keinen sauertöpfischen Verein, sondern eine lebendige und liebenswerte Gemeinschaft mit Esprit, um nach vorn zu schreiten."

Das Gegenteil von Prozession sei Rezession, also nach hinten gewandt, in die Krise. "Das können wir nicht wollen." Nicht Rezession, sondern Prozession, laute die Botschaft der Stunde. "Für die Kirche gibt es keinen Fortschritt im Rückwärtsgang. Sie soll Schritt halten mit den Menschen. Sie muss beweglich bleiben, um neue Wege zu finden, damit das Evangelium Jesu Christi auch heute ankommt", so der Bischof. Die Kommunikation sei hier ein wichtiges Stichwort, stellte Meier fest und rief zu einer Sprache auf, "für die man kein Fremdwörter-Lexikon braucht, sondern die das Volk hören und verstehen kann".

Fronleichnam bedeute, dass man Christus hochhalte und damit zeige, dass Christus einem heilig sei. "Die Hostie ist nicht nur unser Allerheiligstes; kein Ding, sondern Person: der Allerheiligste." Das Wort aus der ersten Lesung, "Vergiss den Herrn, deinen Gott, nicht!" aus dem Buch Deuteronomium treffe auch auf die Menschen und die Kirche in dieser unsicheren und komplizierten Zeit zu, stellte Meier fest. Als Wegweiser empfahl er hierbei auf den Heiligen Geist zu hören und nahm Bezug auf ein Zitat von Papst Franziskus: der Heilige Geist bewege uns, lasse uns unterwegs sein, dränge die Kirche weiterzugehen. "Der lebendige Gott bewahre uns von einer Zähmung des Heiligen Geistes!", betonte der Bischof abschließend.

Der Begriff "Fronleichnam" leitet sich vom mittelhochdeutschen "vrône lîcham", "des Herren Leib", ab. Das Fest der leiblichen Gegenwart Christi im Altarsakrament wurde erstmals anno 1246 im Bistum Lüttich gefeiert und 1264 von Papst Urban IV. zum Fest der Gesamtkirche erhoben. Es geht auf eine Vision der heilig gesprochenen Augustiner-Chorfrau Juliana von Lüttich im Jahre 1209 zurück.

Sie habe in einer Vision den Mond gesehen, der an einer Stelle verdunkelt war. Christus habe ihr dazu erklärt, dass der Mond das Kirchenjahr bedeute, der dunkle Fleck das Fehlen eines Festes des Altar-Sakraments. Mit einer Sakraments-Prozession wurde das Fronleichnams-Fest erstmals im Jahre 1279 in Köln begangen. 

Auch im Bistum Augsburg hat das Fronleichnam-Fest eine besonders lange Tradition: Bereits anno 1286 fand in Benediktbeuern die erste Fronleichnam-Prozession Bayerns statt.  Ihren Höhepunkt an festlicher Ausgestaltung erreichten die Fronleichnams-Prozessionen im 15. und im 16. Jahrhundert. Damals waren in geistlichen Prozessionsspielen Themen aus der Heilsgeschichte inszeniert worden.

"Während der Zeit des Nationalsozialismus diente die Fronleichnams-Prozession vielen als Demonstration ihres Glaubens gegen die nationalsozialistische Diktatur", fasste die Pressestelle des Augsburger Bistums in einer Pressemitteilung zusammen. Auch in der DDR habe später die Teilnahme an einer Fronleichnams-Prozession als öffentliches Bekenntnis zum Katholizismus sowie als Zeichen für die Ablehnung der SED-Diktatur gegolten, heißt es weiter.


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