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Welche Themen ihm besonders wichtig sind, wie er mit dem Start des bunten Bündnisses zufrieden ist und was bald umgesetzt werden soll.

(zel) Seit vier Monaten ist Albert Gürtner (FW) nun Landrat von Pfaffenhofen. Im ausführlichen Interview mit unserer Zeitung erklärt er, dass der Kreis die Corona-Krise "bislang mit Bravour gemeistert" habe und dass er selbst sich nicht regelmäßig testen lasse. Die neue Kreistags-Koalition von Freien Wählern, SPD, Grünen, Bürgerliste und ÖDP sieht er optimistisch. "Ich will zeigen, dass wir auch ohne großes Poltern und ohne Anfeindungen seriöse und gute Politik betreiben können." In sechs Jahren soll ein 100-Punkte-Programm abgearbeitet sein. Am Herzen liege ihm die Gründung eines Verbands zur Landschafts-Pflege. Er kündigt Vorschläge für mehr Bürger-Dialog und Transparenz an sowie einen Landwirtschafts-Beirat. Ferner spricht er über eine gerechte Verteilung des Millionen-Defizits der Ilmtalklinik, eine neue Wohnungsbau-Gesellschaft, Regionalwerke und ein Test-Projekt zum späteren Schulbeginn.

Herr Gürtner, Sind Sie zufrieden mit ihrem Start als Landrat von Pfaffenhofen?

Gürtner: Zunächst ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger mit meinem Start zufrieden sind. Ich selbst habe sehr viel Freude an meinem Amt, obgleich die Herausforderungen aufgrund der Corona-Pandemie sehr hoch sind. Umso glücklicher bin ich, dass wir diese in unserem Landkreis mit zahlreichen Helferinnen und Helfern bisher sehr gut gemeistert haben.

Haben Sie denn schon die richtige Balance zwischen Selber-Machen und Machen-Lassen, zwischen Schreibtisch-Arbeit, internen sowie externen Besprechungen und Ortsterminen gefunden? Sie haben schließlich jetzt auch eine große Behörde mit Hunderten von Mitarbeitern zu leiten...

Gürtner: Mittlerweile habe ich, so beurteile ich das zumindest, die richtige Balance gefunden. Am Anfang tut man sich hier natürlich schwer, da zahlreiche Kennenlern-Termine stattfinden, daneben auch die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger bedient werden sollen, die Gemeinden besucht werden und natürlich will auch die Behörde selbst ihren neuen Chef kennenlernen. Da dies wegen der Corona-Regeln nicht im Rahmen von Veranstaltungen möglich war, musste man diese Begegnungen sehr kleinteilig führen, was natürlich zu deutlich mehr Terminen und Besuchen führte.



Wie ist aus Ihrer Sicht die Arbeit der bunten Kreistags-Koalition von Freien Wählern, SPD, Grünen, Bürgerliste und ÖDP angelaufen?

Gürtner: Wir haben ein sehr harmonisches Verhältnis und treffen uns regelmäßig zum Austausch und zur weiteren Abarbeitung unseres 100-Punkte-Programms. Zum Ende der jetzigen Wahlperiode wollen wir alle Punkte abgearbeitet haben. Das ist unser Anspruch und ich bin guter Dinge, dass das mit diesem tollen Team gelingen wird.

Allerdings agierte das bunte Bündnis bislang eher zurückhaltend. Im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist diese Koalition noch nicht so angekommen...

Gürtner: Ich denke schon, dass das bunte Bündnis in der Öffentlichkeit angekommen ist. Wir haben erste Akzente gesetzt und werden dies auch kontinuierlich weiter tun. Zurückhaltung ist im Übrigen nicht schädlich. Ganz im Gegenteil. Ich will zeigen, dass wir auch ohne großes Poltern und ohne Anfeindungen seriöse und gute Politik betreiben können.

 

Wie schwierig wird es für Sie, dieses Bündnis zusammenzuhalten und vor allem auch zu führen?

Gürtner: Der Zusammenhalt im Bündnis ist bisher sehr gut. Die Beteiligten verstehen sich und arbeiten gut und effektiv zusammen. Wir haben ja auch sehr viele gemeinsame Ziele. Ich würde mich nicht nur als Führung des bunten Bündnisses bezeichnen. Ich sehe mich hier auch als Teamplayer, der die Projekte in das Landratsamt trägt und dort verantworten muss. Gleichzeitig bringe ich natürlich die Erfahrungen aus dem Amt in das bunte Bündnis ein.

Laut Koalitions-Papier sollen Handwerker-, Innovations- und Gründer-Zentren im Landkreis errichtet werden. Wann geht's los?

Gürtner: Hier müssen wir abwägen, was für unseren Landkreis in Eigenregie Sinn macht, oder ob wir uns auf regionale Trägerschaften beziehungsweise sogar überregionale Trägerschaften einlassen sollen. Wir sind bereits am digitalen Gründer-Zentrum in Ingolstadt und am Existenzgründer-Zentrum in Ingolstadt beteiligt, sind aber natürlich bestrebt, den Fokus auf unseren Landkreis zu legen. Deshalb finden hier zahlreiche Gespräche mit Vertretern des Handwerks und der Wirtschaft statt, um letztlich den richtigen zukunftsträchtigen Rahmen zu finden.



Wann soll die von der Koalition angestrebte gemeinnützige Wohnungsbau-Gesellschaft mit interessierten Kommunen aus der Taufe gehoben werden?

Gürtner: Wichtig für das Funktionieren einer gemeinnützigen Wohnungsbau-Gesellschaft ist das aktive Mitwirken der Gemeinden. Deshalb muss der Bedarf und natürlich auch die Bereitschaft vor Ort ermittelt werden. Dieses Ziel lässt sich nur gemeinsam mit den Gemeinden umsetzen.

Was verstehen Sie unter den angedachten Regionalwerken und welchen Zeitrahmen sehen Sie für die Umsetzung?

Gürtner: Unter einem Regionalwerk stelle ich mir ein geeignetes Instrument zur Sicherung der Daseins-Vorsorge, insbesondere zur regionalen Energie-Erzeugung und im Bereich Mobilität vor. Eine Machbarkeits-Studie soll prüfen, ob dies für den Landkreis Pfaffenhofen eine Möglichkeit sein kann.

Angekündigt wurde eine Prüfung aller kostenträchtigen Landkreis-Beteiligungen auf ihre Sinnhaftigkeit. Wo könnte man denn Ihrer Meinung nach aussteigen?

Gürtner: Das Beteiligungs-Management des Landkreises hat bereits einen aussagekräftigen Beteiligungs-Bericht erstellt. Daneben erfolgte auch eine Priorisierung innerhalb der Beteiligungen. Dieser wird den politisch Verantwortlichen vorgelegt. Einer Meinungsbildung innerhalb der Gremien will ich deshalb nicht vorgreifen.

Albert Gürtner in seinem Büro im Landratsamt.

Wann soll das Test-Projekt zum späteren Schulbeginn starten und was schwebt Ihnen da genau vor?

Gürtner: Derzeit ist wichtig, dass die Schulen, trotz Corona, wieder in einem normalen Regelbetrieb geführt werden können. Das ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Deshalb werden Gespräche dazu auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Was sind Ihre nächsten Themen, was setzen Sie noch heuer auf die Tagesordnung?

Gürtner: Die Gründung eines Landschafts-Pflege-Verbandes liegt mir am Herzen. Zusammen mit den Bürgermeistern und Kreisräten fahren wir deshalb nach Kelheim und machen uns ein Bild vor Ort über die Struktur und den Ablauf eines solchen. Im September habe ich eine Sondersitzung des Kreistags zum Thema Gesundheits-Vorsorge und Ilmtalklinik-GmbH einberufen. Dort sollen der Öffentlichkeit die Pläne zur Generalsanierung vorgestellt und die finanziellen Weichen final gestellt werden. Außerdem wird dort auch das eingerichtete Test-Zentrum präsentiert. Im weiteren Jahresverlauf werden wir Vorschläge zu mehr Bürger-Dialog und Transparenz vorstellen. So soll, wie im 100-Punkte-Programm versprochen, ein Live-Stream der Kreistag-Sitzungen eingeführt werden. Außerdem will ich zeitnah einen Landwirtschafts-Beirat ins Leben rufen.

 

Haben Sie denn in Ihrer täglichen Arbeit als Landrat mit etwaigen Altlasten aus der Ära Ihres Vorgängers Martin Wolf (CSU) zu kämpfen?

Gürtner: Es gibt Themen, die kann ein Landrat nicht von heute auf morgen regeln. So ging es meinen Vorgängern und so wird es mir auch einmal gehen. Als Altlasten würde ich diese Themen aber nicht bezeichnen.

Sie hatten es bereits angedeutet, aber noch einmal ausdrücklich gefragt: Wie ist Ihrer Meinung nach der Kreis Pfaffenhofen bislang durch die Corona-Krise gekommen?

Gürtner: Der Landkreis Pfaffenhofen hat die Corona-Krise bislang mit Bravour gemeistert. Dies ist zum einem dem vorbildlichen Verhalten der Bürgerinnen und Bürger zu verdanken, zum anderen dem unermüdlichen Einsatz von zahlreichen Helferinnen und Helfern aus den Ämtern, dem Gesundheits-Sektor und aus dem Ehrenamts-Bereich. Diesen Menschen gebührt unser aller Dank und ich bin stolz, dass wir diese zahlreich in unserem Landkreis haben.

Lassen Sie sich regelmäßig auf den Erreger testen?

Gürtner: Ich lasse mich nicht regelmäßig testen. Achte aber sehr stark auf die notwendigen Hygiene-Maßnahmen und Abstandsregeln – Abstand, Hygiene, Alltagsmaske –, um mein Umfeld und mich bestmöglich zu schützen.



Das Millionen-Defizit aus dem laufenden Betrieb der Ilmtalklinik-GmbH mit ihren Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg wird alljährlich von den beiden Gesellschaftern ausgeglichen. Dabei übernimmt der Kreis Pfaffenhofen 85 Prozent, der Kreis Kelheim 15 Prozent. Sie hatten schon vor der Wahl angekündigt, dass Sie mit diesem Verhältnis nicht zufrieden sind. Warum und wie wollen Sie da ran, was schwebt Ihnen konkret vor?

Gürtner: Kooperationen sollen stets fair ablaufen. Neben einer finanziellen Fairness soll natürlich auch die Einfluss-Möglichkeit ausgeglichen sein. Bereits vor der Wahl hatte ich angekündigt, die Verteilung der Verhältnisse prüfen zu lassen. Zu dieser Prüfung hat sich der Kreistag von Pfaffenhofen als auch der Aufsichtsrat durchgerungen. Ich hoffe, dass die Ergebnisse hierzu noch in diesem Jahr präsentiert werden können. Dies wird natürlich nicht ganz ohne externe Unterstützung möglich sein. Auf Basis der dann gewonnenen Erkenntnisse soll ein gerechter Verteilungs-Schlüssel ausgehandelt werden.

Zum dritten Mal hat der Gutachter-Ausschuss des Kreises Pfaffenhofen unter Vorsitz des sonst ja nicht sonderlich in Erscheinung tretenden Kreisbaumeisters Gunther F.-L. Hasse heuer einen Bericht zur Marktsituation und Preisentwicklung bei Grundstücken, Häusern und Wohnungen herausgegeben. Den kann zwar jeder kriegen, allerdings kostet er 40 Euro. Warum wird hier abkassiert? Im Kreis Kelheim ist dieser Bericht für jedermann gratis zu haben.

Gürtner: Die Erstellung dieses Marktberichts ist mit einem großen Aufwand verbunden, deshalb halte ich es für richtig, dass die Nutzer, welche ja von diesen Zahlen profitieren, einen kleinen Kosten-Beitrag liefern. Herr Hasse ist darüber hinaus mit anderen Aufgaben gut ausgelastet. 



Die für Natur- und Immissionsschutz zuständigen Bereiche des Landratsamts stehen immer wieder in der Kritik. Ist das berechtigt? Wie soll sich das ändern, wie das Image verbessern?

Gürtner: Die Einhaltung der naturschutz-rechtlichen und immissionsschutz-rechtlichen Anforderungen, die teilweise aus europäischer Rechtssetzung resultieren, sorgt bei vielen Bürgerinnen und Bürgern immer wieder für Unverständnis, was ich in einigen Bereichen durchaus nachvollziehen kann. Umso schwieriger wird es bei einer Abwägung zwischen den Schutzbereichen von Mensch, Flora und Fauna. Welches Gut hier höher wirkt, darüber streiten sich selbst eingefleischte Naturschützer. Während bei einigen der Baumschutz überwiegt, setzen andere den Vogelschutz auf die Prioritätenliste ganz nach oben. Wieder andere priorisieren die Umsetzung von erneuerbarer Energie in Form von Windrädern, was andererseits wieder mit kleineren Einschnitten in die Tier- und Pflanzenwelt einhergeht. Dies macht es der Behörde in der Außenwirkung nicht immer einfach, da letztlich ja Entscheidungen zu Für und Wider von Maßnahmen getroffen werden müssen. Nach meiner persönlichen Meinung ist der Menschenschutz jedoch allem voranzustellen. Deshalb setze ich mich auch für eine nachhaltige Lösung beim Flugplatz Manching ein, dass Testflüge künftig bevorzugt über unbewohnten Gebieten stattfinden.


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