NGG fordert Abgeordnete auf, für geplantes Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit zu stimmen. Im Kreis Pfaffenhofen gibt es 22 Betriebe.
(ty) Die Gewerkschaft "Nahrung, Genuss, Gaststätten" (NGG) fordert die Bundestags-Abgeordneten aus der Region dazu auf, in Berlin für das geplante Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischwirtschaft zu stimmen. Corona-Ausbrüche in mehreren Fleisch-Unternehmen haben laut NGG gezeigt, wohin die Missstände führen können. "Für die überwiegend osteuropäischen Beschäftigten in Subunternehmen sind extreme Arbeitsbelastung, Lohn-Prellerei und Unterbringung in abrissreifen Wohnungen seit Jahren an der Tagesordnung", beklagt Rainer Reißfelder, Geschäftsführer der NGG-Region Oberpfalz, der das nördliche Oberbayern mitbetreut. Er fordert: "Mit solchen Wild-West-Methoden muss endlich Schluss sein."
Das geplante "Arbeitsschutz-Kontroll-Gesetz" könne die Fleisch-Branche zugleich stärken, so die NGG. Wie die Gewerkschaft unter Berufung auf Angaben der Arbeitsagentur darlegt, sank die Zahl der Schlacht- und Verarbeitungs-Betriebe im Landkreis Pfaffenhofen innerhalb von 20 Jahren um 42 Prozent. Von 38 Betrieben im Jahr 1999 gebe es heute nur mehr 22. "Diese Konzentration hat dazu geführt, dass reguläre Stellen verloren gingen und Arbeiten an Subunternehmen ausgelagert wurden – zu prekären Bedingungen", so Reißfelder. Die Zahl sozialversicherungs-pflichtiger Fleisch-Jobs sei im Kreis Pfaffenhofen binnen 20 Jahren um 63 Prozent gesunken – während die reguläre Beschäftigung in allen Branchen insgesamt um 73 Prozent zugelegt habe.
"Mit Hilfe des neuen Gesetzes müssen nun die Stammbelegschaften wieder aufgebaut und muss die Mitbestimmung gestärkt werden", heißt es von der NGG. "Das führt zu höheren Löhnen. Sozialabgaben und Steuereinnahmen steigen." Nach dem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums sollen ab 1. Januar kommenden Jahres Werkverträge sowie ab 1. April nächsten Jahres Leiharbeit in Fleischbetrieben mit mehr als 49 Personen verboten werden. "In den vergangenen Jahren sind alle Versuche gescheitert, die Branche zum Umdenken zu bewegen", so Reißfelder – durch freiwillige Selbstverpflichtungen und selbst mit dem Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmer-Rechten in der Fleischwirtschaft. "Das Verbot ist überfällig".
Der Gewerkschafter warnt jedoch zugleich vor "Tricksereien". Unternehmen dürften seinen Worten zufolge nicht versuchen, das Gesetz durch neu gegründete Tochtergesellschaften oder andere Schlupflöcher zu umgehen: "Vom Schlachten bis zum Verpacken – alle Arbeitsschritte in der Fleisch-Produktion müssen von Beschäftigten erledigt werden, die direkt beim Unternehmen angestellt sind", betont Reißfelder. Das Gesetz zum Verbot von Leiharbeit und Werkvertrag sei der erste Schritt. "Und dann brauchen wir als zweiten Schritt einen Tarifvertrag, der für alle Beschäftigten in den rund 7700 Unternehmen der Branche gute Löhne und faire Arbeitsbedingungen absichert."
Reißfelder ist offenbar skeptisch: "Wir sind gespannt, ob die Unternehmen hierzu ernsthaft bereit sind." Das Argument von Lobby-Verbänden, die Fleischbranche sei auf Werkverträge und Leiharbeit angewiesen, um Auftragsspitzen etwa zur Grill-Saison abzufedern, überzeugt aus Sicht der Gewerkschaft jedenfalls nicht. "Möglich wären beispielsweise auch befristete Arbeitsverträge", erklärt Reißfelder. "Besser noch: Arbeitszeiten lassen sich per Tarifvertrag und Arbeitszeitkonten regeln – wie das auch in anderen Bereichen der Lebensmittel-Branche seit langem üblich ist."