Interview mit Birgit Janecek, neue Vorsitzende der Grünen im Landkreis Pfaffenhofen und Sprecherin ihrer Fraktion im Kreistag.
(ty) Beim Pfaffenhofener Kreisverband der Grünen hat es einen Führungswechsel gegeben. Nachdem zuletzt jahrelang Kerstin Schnapp und Norbert Ettenhuber die Strippen gezogen hatten, kandidierten die beiden nicht für eine weitere Amtszeit im Vorstand. Bei der jüngsten Versammlung wurden Birgit Janecek und Wilhelm Reim zur neuen Doppel-Spitze gewählt (weitere Personalien siehe unten). Birgit Janecek aus Wolnzach, die Gattin des Bundestags-Abgeordneten Dieter Janecek, ist seit dieser Wahlperiode auch Chefin der Grünen-Fraktion im Kreistag. Wir sprachen mit ihr über ihre neuen Aufgaben, über ihre Ziele und über die weitere Entwicklung ihrer Partei im Landkreis.
Frau Janecek, Glückwunsch zu ihrer neuen Aufgabe als Kreis-Chefin der Grünen. Was hatte Sie denn zur Kandidatur bewegt?
Birgit Janecek: Vielen Dank. Ich wollte gerne auf dieser Ebene Verantwortung übernehmen, weil ich glaube, wir haben hier im Landkreis noch viel Luft: Luft, fürs Klima mehr zu machen, aber auch Luft, Menschen von grüner Politik zu überzeugen. Beides würde ich gerne vorantreiben und insbesondere im Landkreis-Norden Ortsverbände aufbauen – in Geisenfeld sind wir da gerade dran. Bei vielen ist schon angekommen, dass wir so nicht weitermachen können und dass der Weg nur über einen schonenden Umgang mit unserer Erde geht. Diese Menschen müssen wir besser erreichen und alle anderen davon überzeugen, dass grüne Politik Zukunfts-Politik ist.
Wo sehen Sie denn den größten Handlungsbedarf?
Janecek: Dem Klimawandel wird nur regional zu begegnen sein. Da ist noch viel zu tun. Wir sind im Landkreis ja gerne spitze – zurecht. Leider sind wir aber auch spitze bei der Auto-Abhängigkeit. Und mich wundert das gar nicht, dass es hier im Landkreis mehr Fahrzeuge als Einwohner gibt. Selbst die, die nur ein Auto besitzen wollen, kriegen das nur hin, wenn sie Single sind. Hier ist ein – ich würde ja gerne besserer sagen, aber er ist ja im südlichen Landkreis kaum vorhanden – ÖPNV nur ein Baustein. Auch die Fahrrad-Infrastruktur muss alltagstauglich gemacht, die Zentren weniger aufs Auto, mehr auf Menschen ausgerichtet werden. Und es braucht praxisnahe, einfache Leih- oder Sharing-Konzepte für Autos, aber auch für Räder oder E-Roller.
Ist das nicht eher etwas für die Großstädte?
Janecek: Nein, ich denke, wenn etwas einfach gestaltet ist und den Menschen einen Mehrwert bietet, klappt das auch. Hier braucht man vielleicht auch für manches einen längeren Atem, aber viele kennen solche Systeme ja schon aus der Stadt und sind da offener. Ich würde einfach mal appellieren: Ausprobieren, aber den Fokus auf die Nutzerinnen und Nutzer legen.
Die Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf die Wirtschaft auch im Landkreis Pfaffenhofen. Welche Idee haben da die Grünen?
Janecek: Zunächst mal sind wir ja noch weniger betroffen als andere Länder. Aber klar, da kommt die ganze Verwundbarkeit unseres auf Wachstum ausgelegten Systems durch. Ich glaube, wir müssen nicht nur nachhaltiger essen, wohnen, leben, sondern auch wirtschaften. Regionale Wertschöpfungsketten verringern die Abhängigkeit vom Markt um uns herum. Eine tolle Sache ist zum Beispiel die Direkt-Vermarktung vom Pfaffenhofener Land. Kurze Wege, gute Lebensmittel und lecker – ich habs schon probiert.
Aber das geht ja nicht überall...
Janecek: Stimmt. Aber ich glaube, wir sind schon gut dabei, unsere Abhängigkeit von der Automobil-Industrie, auch durch unseren starken Mittelstand, zu verringern. Das weiß ich, denn ich habe ja mal in unserem Kommunal-Unternehmen für Strukturentwicklung im Landkreis Pfaffenhofen, dem KUS, gearbeitet. Da ist auch das Bewusstsein da, Gründungen zu unterstützen und Kreative zu fördern. Gute Ansätze. Und regionale Energie-Erzeugung trägt auch dazu bei, Geld in der Region zu halten.
Im 100-Punkte-Programm des neuen Kreistags-Bündnisses aus Freien Wählern, SPD, Grünen, Bürgerliste und ÖDP ist ja ein Regionalwerk anvisiert. Wäre das ein Weg dorthin?
Janecek: Ja, absolut. Wir wollen hier grünen Strom erzeugen und auch hier verbrauchen. Warum sollen wir uns denn abhängig machen von anderen Ländern, die nicht-erneuerbare Energie liefern, wo wir hier die Sonne, den Wind und die Biomasse nur umwandeln müssten? Die Energie bleibt hier, das Geld bleibt hier, unserer Umwelt nützt es – ich kann da nur Vorteile sehen.
Sie sind ja auch die Sprecherin ihrer Kreistags-Fraktion. Wie läuft es denn im bunten Bündnis?
Janecek: Super. Es macht total Spaß, da sind tolle Leute dabei und alle wollen, dass wir gemeinsam was bewegen. Und ich muss ein Kompliment an unseren Landrat Albert Gürtner (FW) aussprechen. Der macht seinen Job wirklich sehr gut.
Wenn Sie mal zwei Jahre weiterdenken – was haben Sie dann geschafft?
Janecek: Mindestens zwei neue Grünen-Ortsverbände im Landkreis-Norden, viele neue grüne Ideen in den Gemeinden und erfolgreiche Projekte im Kreis. Und, das liegt mir besonders am Herzen, viele grüne Frauen, die schon mit den Hufen scharren und sich als Bürgermeisterinnen, Kreisrätinnen, Gemeinderätinnen bewerben wollen. Denn die Männerquote im Kreistag von über 80 Prozent, die soll sich nächstes Mal nach unten bewegen.
Neuer Kreisvorstand gewählt
Knapp 40 Mitglieder verpassten bei der jüngsten Versammlung dem Vorstand des Grünen-Kreisverbands sozusagen eine Verjüngungskur. Das scheidende Führungs-Duo, Kerstin Schnapp und Norbert Ettenhuber, kandidierte nicht mehr. Beide verwiesen zum Abschied aus dem Vorstand unter anderem auf einen bemerkenswerten Zuwachs von Mitgliedern. "Als wir vor elf Jahren angefangen haben, hatten wir so um die 40 Mitglieder. Heute sind es über 120." Im neu gewählten Vorstand sank das Durchschnittsalter rechnerisch um mehr als zehn Jahre – von 53 auf 42.
Besonders freut das die Grünen-Jugend, die nun mit Emily Rumpf als Beisitzerin im Vorstands-Gremium vertreten ist. "Wir sind sehr glücklich, dass wir als Jugend-Organisation nun auch im Kreisvorstand mitbestimmen. Wir werden uns für jung-grüne Themen, wie Hilfe für Geflüchtete, einsetzen und Politik für Jugendliche, aber auch mit Jugendlichen machen." Als neue Kreisvorsitzende wurden Birgit Janecek und Wilhelm Reim gewählt.
Janecek betont, dass man "nur als Team erfolgreich" sein könne. Sie selbst will sich nicht zuletzt in den Themen-Bereichen Verkehr und Bauen engagieren; aber auch die Förderung von Frauen in der Kommunalpolitik nennt sie als eines ihrer Anliegen. Der neue Co-Vorsitzende Wilhelm Reim freut sich schon auf die bevorstehenden Wahlkämpfe und möchte die Ortsverbände künftig noch besser unterstützen. "Die Autonomie und Diversität der Ortsverbände soll gestärkt werden", kündigt er an.
Außerdem gelte es, zukünftige Kandidatinnen und Kandidaten aufzubauen. Reim nennt Umweltschutz und Soziales als seine persönlichen Themen-Schwerpunkte. Konny Haselbeck fungiert künftig als Kassenwartin im Grünen-Kreisverband, Stefan Gröller ist der neue Schriftführer. Als weitere Beisitzer agieren im Vorstands-Germium: Barbara Wohlschläger und Wolfgang Braun-Fischer.