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Gewerkschaft: "Im Schnitt müssen Bauarbeiter vor 59 in Rente gehen, obwohl sie bis 67 durchhalten müssten. Sie sind körperlich früher am Ende und müssen dann zum Teil starke Abstriche bei der Rente in Kauf nehmen."

(ty) Bauarbeiter leisten ein "Spitzen-Arbeits-Pensum", heißt es von der Industrie-Gewerkschaft "Bauen, Agrar, Umwelt" (IG Bau). Pro Kopf arbeiten Baubeschäftigte im Kreis Pfaffenhofen ihren Angaben zufolge im Schnitt 1463 Stunden im Jahr. Das seien 136 Stunden beziehungsweise 10,2 Prozent mehr als Beschäftigte im Landkreis quer durch alle Berufe durchschnittlich bei der Arbeit verbringen. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf den aktuellen Arbeitsmarkt-Monitor des wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Wissenschaftler haben darin eine Arbeitszeit-Analyse für 2019 – dem Jahr vor der Corona-Pandemie – gemacht.

"Der Bau gehört demnach zu den Branchen mit einem Spitzen-Pensum bei der Arbeitszeit", sagt Michael Müller. Der oberbayerische Bezirks-Vorsitzende der Gewerkschaft geht davon aus, dass die Zahl der Arbeitsstunden, die Bauarbeiter leisten, aktuell eher sogar noch zugenommen hat. "In der Pandemie hat es einen enormen Auftragsstau im Baugewerbe gegeben", erklärte er in einer heute veröffentlichten Presse-Mitteilung der IG Bau und betont: "Für viele Bau-Beschäftigte sind Überstunden ohnehin an der Tagesordnung." Der Arbeitsmarkt-Monitor des WSI liefere auch den Vergleich mit dem öffentlichen Dienst, dem Erziehungs-Bereich und dem Gesundheits-Sektor. 

"Demnach werden auf dem Bau im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm sogar 254 Stunden pro Kopf im Jahr mehr gearbeitet als in diesen Branchen", fasst die Gewerkschaft zusammen. "Das liegt vor allem daran, dass auf dem Bau gilt: Entweder ganz oder gar nicht", sagt Müller. Vollzeit plus Überstunden – das ist seinen Worten zufolge die Regel: Den "Halbtags-Maurer" gebe es nicht. "Bei oft langen Anfahrten zur Baustelle von 60 Kilometern und mehr funktioniert kein Teilzeit-Modell", weiß Müller. Das bedeute, dass Bau-Beschäftigte "enorm lange und enorm hart am Stück arbeiten". Die körperliche Belastung im Laufe eines Berufslebens sei auf dem Bau gewaltig: "Kaum ein Dachdecker schafft es bis zur Rente. Nur jeder Zehnte arbeitet noch zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr", berichtet Gewerkschafter Müller. 

"Im Schnitt müssen Bauarbeiter vor 59 in Rente gehen, obwohl sie eigentlich bis 67 durchhalten müssten. Sie sind körperlich einfach Jahre früher am Ende und müssen dann zum Teil starke Abstriche bei der Rente in Kauf nehmen", so der Bezirks-Vorsitzende der IG Bau. Zur geringeren Rente komme dann auch noch eine geringere Lebens-Erwartung. Bei Männern sei dies besonders drastisch, unterstreicht die IG Bau. So lebe ein Beamter statistisch gesehen zum Beispiel 5,6 Jahre länger als ein Arbeiter. Entsprechend länger bekomme er auch seine Pension. Das gehe aus einer aktuellen Untersuchung des "Deutschen Instituts für Wirtschafts-Forschung" (DIW) hervor, teilte die IG Bau weiter mit. 

Mit diesem Video vom "Marathon-Schufter" will die Gewerkschaft aufrütteln.

Gewerkschafts-Funktionär Müller kommentiert das mit folgender Forderung: "Hart arbeiten und dann am Ende für eine kürzere Zeit weniger Rente bekommen – damit muss Schluss sein." Der Bau im Landkreis Pfaffenhofen sei typisch für das hohe Pensum an Arbeitsstunden, das im Baugewerbe geleistet werde. "Wer mehr und härter arbeitet, sollte am Ende allerdings auch eine höhere Rente bekommen als heute", fordert der Bundes-Vorsitzende der IG Bau, Robert Feiger. Die neue Bundesregierung muss deshalb seiner Ansicht nach die Rente ab Herbst anpacken und auf neue Füße stellen: "Wir müssen endlich Alters-Armut effektiver verhindern. Und auch eine geringere Lebens-Erwartung muss ausgeglichen werden", postuliert Feiger. 

 

Der IG-Bau-Chef spricht sich für eine "grundlegende Renten-Reform" aus: "Bei der Rente muss die Reset-Taste gedrückt werden", findet er: "Notwendig ist eine Rentenkasse, in die alle einzahlen – Arbeiter, Angestellte, Selbständige, Beamte, Parlamentarier und Minister: Der Polier genauso wie die Professorin und der Politiker." Damit das passiere, sei eine Botschaft wichtig: "Eine sichere und gute Rente kann man wählen", meint Feiger. Er appelliert deshalb, "einen kritischen Blick in die Wahlprogramme der Parteien zu werfen und genau zuzuhören, was von denen kommt, die in den Bundestag und ins Kanzleramt wollen". Die Ziele der Parteien zur Rente seien sehr unterschiedlich. Die Gewerkschaft habe deshalb einen "Lockruf in die Wahlkabine" gemacht – das sind Wahl-Clips mit der Aufforderung: "iXen gehen!" 

 

Dabei handelt es sich um Video-Spots mit skurrilen Szenen und markigen Charakter-Typen – wie den "Marathon-Schufter" auf einer Baustelle, der mit 78 Jahren noch Säcke schleppen muss. Dazu der Kommentar: "Deutschland, Deine Rentner. Solange sie noch atmen, sollen sie auch arbeiten." Die Gewerkschaft macht damit nach eigenem Bekunden einen "Weckruf zur Wahl": Es gehe darum, die Probleme, die den Menschen auf den Nägeln brennen, klar auf den Punkt zu bringen – mit einem Augenzwinkern. Der IG-Bau-Bundesvorsitzende Feiger appelliert jedenfalls an alle Bürgerinnen und Bürger: "Ob per Briefwahl am Küchentisch oder am 26. September in der Wahlkabine: Wichtig ist, dass die Menschen wählen gehen."

 


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