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Die 1995 in der Russischen Föderation geborene Autorin überzeugte die Jury. Sie wird vermutlich den Herbst in der Kreisstadt verbringen.

(ty) Anahit Bagradjans ist die neue Joseph-Maria-Lutz-Stipendiatin der Stadt Pfaffenhofen. "Darauf hat sich die Fachjury bei ihrer jüngsten Sitzung geeinigt", wie heute aus dem Rathaus gemeldet wurde. Die Entscheidung fiel demnach bereits vor etwa zwei Wochen, wurde aber erst heute öffentlich gemacht. Bagradjans, die 1995 in Krasnodar in der Russischen Föderation geboren worden sei, habe in Berlin, Florenz und in Wien studiert, unter anderem Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst und Critical-Studies an der Akademie der bildenden Künste. Im vergangenen Jahr war sie mit dem Hauptpreis der Exil-Literaturpreise der Stadt Wien ausgezeichnet worden. 

"In der Sitzung Mitte Januar war sich die vom ehemaligen Pfaffenhofener Kultur-Referenten, dem Schriftsteller Steffen Kopetzky, geleitete Jury mit dem amtierenden Kultur-Referenten Reinhard Haiplik, dem Buchhändler Simeon Stadler und der Galeristin Lea Heib schnell einig", heißt es in einer heute veröffentlichten Presse-Mitteilung der Stadtverwaltung. Der Text "Von oben gesehen sind alle Toten haarlos" habe die Jury-Mitglieder überzeugt. "Anahit Bagradjans verknüpft darin verschiedene historische Ereignisse: Im Zentrum ihrer kurzen Erzählung steht die Erschießung von Mehmed Talât Pascha, einem Großwesir des Osmanischen Reiches, 1921 in Berlin. Talât war einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs."

Hier zieht die junge Autorin ein.

In ihrer Begründung, so heißt es weiter, hebe die Jury sowohl die Wahl des Stoffes als auch dessen Bearbeitung hervor: Bagradjans stelle nicht nur einzelne historische Fakten zusammen, sondern sie verstehe es, aus einer sehr persönlichen Erzählposition heraus die historischen Ereignisse zu verknüpfen und dabei ihre Bedeutung für die Gegenwart zu formulieren. Die Überblendung verschiedener Zeitstränge verstärke dabei auch die emotionalen Bezüge der historischen Ereignisse zur Gegenwart. Bagradjans Thema sei dabei immer auch der Umgang mit Wahrheit; die Suche nach Wahrheit und das unbedingte Streben nach Wahrheit – gerade die Wahl eines Stoffes wie des Völkermords an den Armeniern bezeuge das. 

 

Die junge Autorin nutze dabei eine bewusst sehr einfache Sprache, so die Jury weiter, die ihre ganz eigene Dynamik entwickele. Es entstehe ein erzählerischer Sog. Beeindruckend sei der sehr bewusste und sichere Umgang mit aufs Wesentliche reduzierter Sprache und literarischem Stil, der sich durch starke Bilder auszeichne. Bagradjans Vermögen, in einem kurzen Text sehr komplexe Ereignisse zu schildern, prädestiniere sie besonders für die Aufgabe, einen "Zwischenfall" für Pfaffenhofen zu verfassen, so die Jury. Bekanntlich hat der Stipendiat beziehungsweise die Stipendiatin einen Text über die Kreisstadt zu schreiben und auch vorzutragen.

Blick in den Flaschlturm.

Nach Ablauf der Bewerbungsfrist für das diesjährige Lutz-Stipdendium der Stadt Pfaffenhofen lagen nach offiziellen Angaben "knapp 80 Einsendungen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum" vor. "Eingereicht werden konnten bis zu zehn Normseiten Textprobe", heißt es dazu. Seit Ende November habe sich die Jury schließlich mit der Auswahl der Lutz-Stipendiatin beziehungsweise des Lutz-Stipendiaten für das Jahr 2022 befasst. "Mit Anzahl und Qualität der eingereichten Arbeiten zeigte sich die Jury wieder rundum zufrieden", teilte die Stadtverwaltung heute außerdem mit.

Bagradjans werde voraussichtlich Anfang September als diesjährige Lutz-Stipendiatin in den historischen Flaschlturm im Zentrum von Pfaffenhofen ziehen und die  Herbstmonate dort verbringen. Zum Abschluss ihres Stipendien-Aufenthalts werde sie dann ihren Text über Pfaffenhofen – ihren "Zwischenfall" – dem hiesigen Publikum vorstellen. Zudem erhoffe sich die Jury von der weitgereisten Autorin, die schon viele Erfahrungen im literarischen Leben gesammelt hat und auch offen für verschiedenste Aspekte der Literatur-Vermittlung ist, eine interessante Belebung des Pfaffenhofener Kulturlebens und spannende Begegnungen mit dem Publikum.

Der Pfaffenhofener Flaschlturm von außen.


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