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Auf den ersten Blick zeigt sich die Versorgungs-Situation bestens. Doch wie sieht es für die Zukunft aus? 45 Prozent der niedergelassenen Mediziner sind älter als 60 Jahre.

(ty) Die Hausärzte-Versorgung im Kreis Neuburg-Schrobenhausen "ist ein brisantes Thema, das die Menschen bewegt und die Politik umtreibt", heißt es aus dem Landratsamt. Immer öfter fänden Bürgerinnen und Bürger keinen Ersatz, wenn eine Praxis aus Altersgründen geschlossen werde. Und die Demografie verschärfe das Problem in den nächsten Jahren weiter. "Bei den für die Daseins-Vorsorge Verantwortlichen schrillen deshalb die Alarmglocken", so die Behörde. Besonders akut sei die Lage im Schrobenhausener Land, weshalb Bürgermeister Harald Reisner auf Initiative von Landrat Peter von der Grün zu einem Meinungs-Austauch von Kommunalpolitikern und Landkreis-Vertretern aus dem Gesundheits-Bereich mit der "Kassenärztlichen Vereinigung Bayern" (KVB) in den sanierten Sitzungs-Saal des Schrobenhausener Rathauses eingeladen hatte. Auch der Hohenwarter Bürgermeister Jürgen Haidl war dabei.

"Den Sicherstellungs-Auftrag der Hausärzte-Versorgung hat der Gesetzgeber der KVB übertragen, die als Dienstleister verantwortlich ist für die bedarfsgerechte ärztliche Versorgung der gesetzlich Versicherten", erklärt das Landratsamt. Zusammen mit den Krankenkassen stelle die KVB den Bedarfsplan für Bayern auf. Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen zerfalle in zwei Planungs-Bereiche: im Norden Neuburg sowie im Süden Schrobenhausen mit der Gemeinde Hohenwart aus dem Nachbar-Landkreis Pfaffenhofen. Während in Neuburg bei einem Versorgungsgrad von 101,14 ziemlich punktgenau Regel-Versorgung herrsche, sei der Süden laut Bedarfsplanung der KVB mit 119,20 Prozent überversorgt. Das heiße: "Im Schrobenhausener Land gibt es fast 20 Prozent mehr Praxen, als der Bundes-Gesundheits-Ausschuss aufgrund des Arzt- Einwohner-Verhältnisses festgelegt hat." Allerdings trüge die Statistik. 

"Denn die demografische Entwicklung ist in diese Berechnung nicht eingepreist", erklärt das Landratsamt von Neuburg-Schrobenhausen in einer Presse-Mitteilung. Das Durchschnittsalter der Hausärztinnen und Hausärzte betrage im Landkreis-Norden 55,7 Jahre, im Süden sogar 57,2 Jahre, was deutlich über dem bayernweiten Schnitt liege. So seien im Schrobenhausener Land 45 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte älter als 60 Jahre, im Norden seien es sogar 46 Prozent. Für die Politik sei das "allemal ein Warnsignal und ein Grund zum Handeln", so die Landkreis-Behörde in ihrer Zusammenfassung der Situation. Sinke der Versorgungsgrad unter eine kritische Grenze, was angesichts der Alters-Struktur der Ärzteschaft in den nächsten zehn Jahren Realität werde, dann trete die KVB auf den Plan.

Ein Förderungs-Bedarf bestehe allerdings erst bei einem Versorgungsgrad von unter 75 Prozent, erklärt Stefano Giusto, KVB-Teamleiter in Sachen Beratung beim Beratungs-Center Oberbayern. Dann zahle die KVB eine Prämie als Anreiz für Neuansiedlungen. Doch damit seien die Probleme nicht unbedingt gelöst, so Giusto weiter. "Geld ist nicht der primäre Anreiz für Ärzte", betont er. Wie in vielen anderen Bereichen auch, habe sich das Berufsbild in den vergangenen 20 Jahren geändert. "Die Medizin ist weiblicher geworden und die Vereinbarkeit von Job und Familie wird für die jungen Ärztinnen und Ärzte immer wichtiger", weiß der KVB-Vertreter. Der klassische Landarzt, der Tag und Nacht im Einsatz ist, sei ein Auslaufmodell – und der Werkzeugkasten der KVB, diesem Trend entgegenzuwirken, sei limitiert.

Die Politik auf allen Ebenen müsse sich gegen diese Entwicklung stemmen, findet Landrat Peter von der Grün. Als eine Möglichkeit gelten kommunale medizinische Versorgungs-Zentren (MVZ), die oftmals an Krankenhäuser angeschlossen sind. "Man muss Räumlichkeiten und Zulassungsformen schaffen, die dem medizinischen Nachwuchs ein Vertrags-Ärzte-Dasein schmackhaft machen", so der Landkreis-Chef. "Die Städte und Gemeinden müssen sich also gut vermarkten und innovative Ideen entwickeln, um für junge Medizinerinnen und Mediziner interessant zu werden." Denn die Kommunen stünden in Konkurrenz zueinander um das knappe Gut der Mediziner und der medizinischen Fachkräfte im Allgemeinen. Dabei werde der Landkreis nach Kräften unterstützen.

Zusammen identifizierte die Runde laut Zusammenfassung aus dem Landratsamt drei Forderungen: Der Zugang zum Medizin-Studium müsse erleichtert werden, der Arzt-Beruf attraktiv bleiben. Und der Entbürokratisierung in den Arzt-Praxen falle eine Schlüsselrolle zu. Der Verwaltungs-Aufwand sei immens geworden, berichtete Dr. Christian Rupp aus Erfahrung. Das Problem müsse freilich auf Bundesebene angegangen werden,  da seien sich KVB-Vertreter, Mediziner und Kommunalpolitiker einig. Wie auch beim Thema der ausgedünnten Bereitschafts-Praxen – seit Jahren unterhalte die KVB keine mehr im Landkreis – ist nach Ansicht von Shahram Tabrizi, dem Gesundheits-Referenten des Kreistags, ein Schulterschluss aller politischen Entscheidungsträger erforderlich.


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