Öffentliche Abstimmung beendet: Über 33.000 Leute votierten für den "Gaukler der Lüfter", dessen Bestand hierzulande dramatisch abgenommen hat.
(ty) Im Jahr 2024 trägt der Kiebitz sozusagen die Krone der Vogelwelt. Er löst seinen Vorgänger, das Braunkehlchen, als Vogel des Jahres ab. Bei der vierten öffentlichen Wahl des bayerischen Landesbunds für Vogel- und Naturschutz (LBV) und seinem bundesweiten Partner "Nabu" haben laut heutiger Mitteilung insgesamt knapp 120 000 Menschen abgestimmt. 33 289 Stimmen beziehungsweise 27,8 Prozent entfielen dabei auf den Kiebitz. 27 404 Stimmen (22,9 Prozent) gingen an den Steinkauz, 25 837 (21,5 Prozent) an das Rebhuhn, 23 239 (19,4 Prozent) an die Rauchschwalbe und 10 152 (8,5 Prozent) an den Wespenbussard.
"Jede dieser Vogelarten wäre des Titels würdig gewesen, doch der Kiebitz verdient ihn ganz besonders", sagt der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer. "Sein Bestand hat in Bayern und ganz Deutschland in den letzten Jahrzehnten katastrophal abgenommen, 90 Prozent der Brutpaare gingen verloren." Denn durch intensive Landwirtschaft und die Trockenlegung von Feuchtwiesen finde der Kiebitz kaum noch geeignete Lebensräume. "Als Vogel des Jahres steht der Kiebitz für die Artenvielfalt in unserer Agrar-Landschaft", so Schäffer. "Damit die Vögel weiterhin in Bayern vorkommen, müssen wir jetzt handeln."
"Kie-wit": Der Ruf des Kiebitzes hat dem Vogel des Jahres 2024 seinen Namen eingebracht. Der etwa taubengroße Regenpfeifer hat ein im Licht metallisch grün oder violett glänzendes Gefieder. Auffallend sind auch seine Federholle auf dem Kopf und die breiten gerundeten Flügel. "Ursprünglich waren Kiebitze vor allem in Mooren und auf Feuchtwiesen zu finden. Diese Flächen werden mittlerweile häufig landwirtschaftlich genutzt und der Kiebitz musste sich an die neue Kulturlandschaft anpassen. Heute brüten Kiebitze deshalb auch auf Äckern und bewirtschafteten Wiesen", erklärt die LBV-Biologin Angelika Nelson. Die Nester des Kiebitzes bestehen aus einer Bodenmulde, in die das Weibchen meist vier Eier legt.
Ein Kiebitz-Küken. Foto: Ralph Sturm, LBV
Kiebitze sind so genannte Teilzieher: Einige von ihnen überwintern bei milder Witterung in Deutschland, der andere Teil zieht nach Frankreich, Spanien, Großbritannien und die Niederlande, um den Winter dort zu verbringen. Darüber hinaus ziehen Kiebitze aus dem Norden im Herbst über Deutschland und rasten auch in Bayern in größerer Zahl. Dieses Schauspiel können Naturbegeisterte aktuell noch gut beobachten. Im Frühjahr zeigen die Kiebitze dann ihre beeindruckenden Balzflüge: "Die Gaukler der Lüfte drehen Schleifen über ihrem Revier, lassen sich in akrobatischen Flugmanövern gen Boden fallen und rufen dabei weit hörbar", sagt Nelson.
"Weil immer mehr Feuchtwiesen entwässert werden und verloren gehen, hat es die Art heutzutage schwer", unterstreicht der Landesbunds für Vogel- und Naturschutz. Zur Wahl zum Vogel des Jahres war der Kiebitz deshalb sozusagen mit dem Slogan "Wasser marsch!" angetreten. Zum Hintergrund erklären der LBV: "Die Renaturierung von Feuchtwiesen und Mooren könnte den Rückgang der Art aufhalten. Auch eine späte Mahd bewirtschafteter Wiesen gibt den Jungvögeln eine Chance zum Überleben." Ein Arten-Porträt sowie weitere Infos und Bilder zum Kiebitz bietet der LBV auf seiner Internet-Seite unter diesem direkten Link: dort kann man auch den Ruf dieses Vogels anhören.
"Der Bestand des Kiebitzes in Bayern wurde bei der Wiesenbrüter-Kartierung im Jahr 2021 mit weniger als 4000 Revier- beziehungsweise Brutpaaren registriert", erklärt Angelika Nelson. Die wichtigsten Brutgebiete des Kiebitzes liegen laut LBV im Unteren Isartal, dem Erdinger Moos und dem Knoblauchsland bei Nürnberg. Um den Kiebitz im Freistaat zu schützen hat der LBV heuer im Frühjahr das Arten-Hilfs-Projekt "Vanellus vanellus muss ein Bayer bleiben" gestartet. Ziel des Projekts ist es, Kiebitz-Gelege aktiv zu schützen und wichtige Akteure für den Schutz zu vernetzen. Im mittelfränkischen Knoblauchsland hat der LBV im Rahmen eines weiteren Projekts dieses Jahr 100 Jungkiebitze beringt, um noch mehr über die Art zu erfahren. Weitere Infos dazu gibt es auf www.lbv.de/kiebitz-projekt