Myria Martsch und Angelika M. sind die beiden ehemaligen Vorstände des Ingolstädter Tierschutzvereins, die mit einem Hausverbot belegt wurden – Sie nehmen kein Blatt vor den Mund – Und der Vorstand widerspricht
(ty) Spricht man von einem Hundeleben, ist das nicht unbedingt etwas Positives. Im Tierheim Ingolstadt jedoch scheint dieser Begriff mehr als angebracht für die Hunde, die dort untergebracht sind. Das jedenfalls sagen Myria Martsch und Angelika M. Beide sind ehemalige Vorstände des Tierschutzvereins, beide haben seit Längerem Hausverbot im Ingolstädter Tierheim, das seit Jahren nicht aus den Schlagzeilen kommt. Und die sind alles andere als positiv. Das Image des Tierschutzvereins jedenfalls ist verbesserungsbedürftig, um es einmal vorsichtig auszudrücken.
Fachliche Konkurrenz, persönliche Animositäten und Streitereien im Vorstand beherrschten den Alltag. Die Tierpflege bliebe dabei auf der Strecke. Das jedenfalls ist die Ansicht von Myria Martsch, jener ehemaligen Vereinsvorsitzenden, der vor Monaten der Unfall mit einem Rottweiler passiert ist, der am Auwaldsee einen Radfahrer gebissen hat. Der Vorfall sorgte zwar für Wirbel, war aber letztlich nicht der Auslöser für das Hausverbot, mit dem sie belegt wurde. Wie auch ihre Mitstreiterin Angelika M., eine ausgebildete Hundepsychologin, die zugleich Rechnungsprüferin des Vereins ist. Allerdings eine Rechnungsprüferin mit Hausverbot. Kuriose Zustände. Und alles, so Martsch, gehe an den Tieren aus. Sie seien die eigentlich Leidtragenden.
Auch wenn sie sich heute noch über den Zwischenfall mit dem Rottweiler am Auwaldsee ärgert, sich wünscht, früher oder später mit Chicco Gassi gegangen zu sein, so weiß sie doch, dass dies nicht der Grund war für ihr Hausverbot.
Das will Karl Ettinger, stellvertretender Vorstand des Tierschutzvereins so nicht stehen lassen. Von Streitereien im Verein und im Tierheim, die auf dem Rücken die Tiere ausgetragen werden, wisse er nichts. Zudem gebe es eine Stellungnahme der Vorsitzenden. Und in der stünde die Begründung für das Hausverbot drin. Er wollte uns dieses Schreiben auch zu kommen lassen. Machte nach Rücksprache mit den anderen Vorständen dann aber doch einen Rückzieher. Dieses Schreiben solle intern bleiben. Ob es tatsächlich eine Begründung für das Hausverbot enthält, lässt sich also nicht sagen.
Und Myria Martsch sieht das auch anders. „Wir wissen bis heute keine richtige Begründung“, sagt sie, „es hieß dass wir uns an keine Regeln halten.“ Sie und Angelika M. vermuten den Grund ganz woanders. „Weil wir Dinge, die falsch laufen, kritisiert haben wie beispielsweise die Verwahrlosung der Hunde“, meint Angelika M., „weil wir uns engagiert haben, dass sich da was ändert.“ Ein total verdrecktes Hundehaus, verwahrloste Tiere. Da wollten und konnten sie nicht zusehen.
„Die Rechte der Tiere werden immer mehr beschnitten“, sagt Myria Martsch, die jeden Tag im Tierheim war vor ihrem Hausverbot. Auch die extrem reduzierten Öffnungszeiten seien alles andere als im Sinn der Tiere. Drei Tage ist das Ingolstädter Tierheim ganz zu, an den anderen Tagen gibt es Vormittag kein Gassi gehen für die Hunde. „Da werden auch andere Ehrenamtliche vor den Kopf gestoßen“, so Martsch, die vermutet, man schätze es im Tierheim deswegen nicht, dass die ehrenamtlichen Gassigeher vormittags ins Tierheim kommen, damit sie nicht sähen, dass die Kaffeepause über eine Stunde dauere und die Arbeit liegen bleibe.
Auch hier widerspricht Karl Ettinger vehement. „Bei uns verwahrlost kein Hund. Alle sind top gepflegt“, sagt er. Und bei einem derzeitigen Stand von zehn bis 15 Hunden sei auch gewährleistet, dass man sich intensiv um die Tiere kümmere. Dass die neuen Öffnungszeiten nicht auf ungeteilte Freude bei den ehrenamtlichen Gassigehern stoßen, das räumt er ein. Aber das Tierheim brauche die Zeit, um mit den Hunden zu arbeiten. Im Vorstand sei eine Hundepsychologin, die mit den Tieren arbeite. „Nicht immer, aber doch intensiv.“ Und die Reduzierung der Zeiten sei auf Anraten des Landesvorstandes geschehen.
Im Grunde liegen die Ansichten, was Tierschutz bedeutet und wie man ihn ausübt, einfach ziemlich weit auseinander beim amtierenden Vorstand einerseits und den „ausgesperrten“ Vorstandsmitgliedern andererseits. „Eine Hundetrainer, die im jetzigen Vorstand ist, sagt beispielsweise, dass Hunde mit einer geringer Frustrationstoleranz eingeschläfert werden müssen. Dann müssten wir die Hälfte aller Hunde einschläfern. Tierschutz hört sich für mich anders an“, meint Myria Martsch, die vermutet, ihr Hausverbot habe damit zu tun, dass sie eben mal Vorstand des Vereins war und die neuen Vorstände jetzt Angst hätten, sie wolle sich einmischen. „Die haben doch nur drauf gewartet, dass mir so etwas passiert wie mit dem Chicco.“ Dabei kämen Hundebisse immer wieder einmal vor. „Das ist normal.“ Weil Tierheim immer Stress bedeute für die Hunde.
Noch mal legt Karl Ettinger hier sein Veto ein. Von „Einschläfern“ sei im Verein und im Vorstand noch nie die Rede gewesen. Wie meist, wenn es um den Tierschutzverein geht, stehen sich die Aussagen diametral und unversöhnlich gegenüber. Schwer zu entscheiden, wer das Recht auf seiner Seite hat oder auch nur wähnt. Schwer zu sagen auch, was nun objektive Zustände beschreibt und was subjektiver Wahrnehmung entspringt. Negative Schlagzeilen jedenfalls sind deswegen so gut wie vorprogrammiert.
Mayria Martsch und Angelika M. sind alles andere als glücklich über diese negativen Schlagzeilen, die Tierheim und Tierschutzverein machen. Auch ihre eigenen Schilderungen tragen natürlich dazu bei. „Spendengelder gehen verloren und am Ende geht das an den Tieren aus.“ Aber es müsse sich eben etwas ändern. Denn solange persönliche Animositäten wichtiger sind als der Tierschutz, solange werde auch der Ruf des Vereins nicht besser. Und solange man Kritiker wie sie einfach aussperre auch nicht.
Karl Ettinger hingegen empfindet die Spendensituation als „passabel“. Mit der finanziellen Situation des Vereins sollte man dieses Jahr zumindest „rumkommen“. Und was die persönlichen Animositäten betrifft, wisse er zwar, dass das mitunter so empfunden würde. Bestätigen indes will er das nicht.
Unvereinbare Gegensätze. Myria Martsch will jedenfalls bei der nächsten Hauptversammlung des Vereins den Antrag stellen, den jetzigen Vorstand abzuwählen. Und sie will sich für eine Satzungsänderung stark machen. „Die muss definitiv her.“ Derzeit gebe es sieben gleichberechtigte Vorstände. Und Entscheidungen bräuchten immer den Konsens aller. Was in der Praxis natürlich im schlimmsten Fall bis zur Handlungsunfähigkeit führt. „Einer muss den Ton angeben“, so Martsch. Und der Vorstand müsse begreifen, dass der Verein von den Ehrenamtlichen lebt.
Dass der Verein vielleicht etwas „schwerfällig“ ist , das räumt Karl Ettinger sogar ein. Aber einerseits habe die Tierheimleitung gewisse Kompetenzen. Andererseits bräuchten gewisse Entscheidungen eben einen Vorstandsbeschluss. Und das könne schon mal dauern. Wegen Terminabsprachen, Ladungsfristen und so weiter.
Wie man sich in Myria Martsch einen „Feind“ gesucht habe, werfe man auch Angelika M. Knüppel zwischen die Beine, wenn sie versuche, ihre Arbeit als Rechnungsprüferin zu machen. „Ich kann keine Rechnungsprüfung unangemeldet durchführen. Immer ist ein Vorstandsmitglied dabei. Bestimmte Papiere darf ich gar nicht einsehen, ja ich darf noch nicht einmal in die Ordner schauen“, erzählt Angelika M., wie ihre Kollegin Myria Martsch ein durchaus kritischer Geist. Und auch bereit, diese Kritik zu äußern. „Unruhestifter sind nicht gerne gesehen“, meint sie und ist wie Myria Martsch der Meinung, dass der Tierschutzverein seine Aufgabe nicht gerecht werde, solange er sich nur selbst verwalte, statt das zu tun, was der Name vermuten ließe: Tierschutz.