Eine Gruppe Pfaffenhofener Feuerwehrmänner hat die "Firefighter Combat Challenge" für sich entdeckt: Fünf Kraft raubende Disziplinen in voller Montur und mit Atemschutz
Von Tobias Zell
Feuerwehrmänner sind ohnehin keine Weicheier. Aber das ist wirklich nur was für die ganz harten Jungs. Vermutlich einer der härtesten Wettbewerbe der Welt. Die Besten brauchen nicht mal zwei Minuten, um diese Ansammlung von knallharten Herausforderungen zu bewältigen. Wie sie das in dieser Zeit schaffen, bleibt Außenstehenden ein Rätsel. Die „Firefighter Combat Challenge“ verlangt den Teilnehmern alles ab, die Disziplinen haben es in sich. Aber damit nicht genug: Der gesamte Parcours ist in voller Feuerwehrmontur samt Atemschutzgerät und –maske zu absolvieren. Allein diese Ausrüstung wiegt 20 Kilo. Natürlich, ein solcher Bewerb kommt aus den USA. Aber auch in Europa steigen immer wieder Wettkämpfe – und regelmäßig mittendrin: Ein Team von der Feuerwehr Pfaffenhofen.
Disziplin 1: Schlauchpaket hochschleppen.
Eine Gruppe von neun Leuten der Freiwilligen Feuerwehr aus der Kreisstadt hat sich diesem knallharten Wettbewerb verschrieben. Am Wochenende sind Adrian Schratt (35) und Sebastian Schindlbeck (34) zum Beispiel bei der „Firefighter Combat Challenge Mosel“ am Start. Gestern Abend war wieder Training. Wir durften im und vor dem Pfaffenhofener Feuerwehrhaus dabeisein und haben einen lebhaften Eindruck davon bekommen, wie kraftraubend die Übungen sind, die es zu absolvieren gilt.
Zur Einordnung: Bei einem normalen Brandeinsatz reicht einem Feuermann die Füllung im Atemschutzgerät für etwa 30 Minuten. Nach dem Absolvieren des Firefighter-Combat-Challenge-Parcours ist ein Drittel der Füllung verbraucht – in zwei bis drei Minuten.
Diziplin 2: Schlauch mit Seil hochziehen.
Der Ablauf eines solchen Wettkampfs ist immer gleich. Zunächst muss man einen zwölf Meter hohen Turm besteigen – mit einem 19 Kilo schweren Schlauchpaket, das es hochzutragen gilt. Oben angekommen, wird dieser Schlauch abgelegt und es gilt, einen zweiten, ebensoschweren Schlauch, an einem Seil von unten hochzuziehen. Ist das erledigt, muss man den Turm wieder hinunterlaufen. Dabei ist jede Stufe einzeln zu nehmen. Unten angekommen, gilt es, mit einem vier Kilo schweren Hammer ein Gewicht von 72,5 Kilogramm über eine Strecke von 1,5 Meter zu schlagen. Dann folgt ein 42,5 Meter langer Slalomlauf, ehe ein mit Wasser gefüllter Schlauch 22,8 Meter weit gezogen werden muss. Diese Station wird dann beendet, indem man mit dem Wasserstrahl aus dem Schlauch ein Ziel trifft. Und zum Schluss muss noch eine 80 Kilo schwere Puppe rund 30 Meter rückwärts ins Ziel geschleift werden. Und das alles in voller Montur und mit Atemschutzausrüstung.
Disziplin 3: Ein Gewicht mit einem Hammer nach hinten schlagen.
Die Besten schaffen das in weniger als zwei Minuten. Adrian Schratt (35) gehört zu ihnen. Seinen ersten Wettkampf absolvierte er damals in Berlin in 2:43 Minuten. Vergangenes Jahr schaffte er in Slowenien bemerkenswerte 1:50,18 Minuten. Die 18 Hundertstel sind deswegen so erwähnenswert, weil er genau die „zu langsam“ war, um sich für die Weltmeisterschaft in Las Vegas zu qualifizieren. In Europa, sagt Schratt, gibt es um die 20 Leute, die den Parcours unter 1:50 Minuten packen.
Im Slalom wird zur nächsten Station gerannt...
Die Begeisterung in Pfaffenhofen für die „Firefighter Combat Challenge“ hat Ralph Kinhackl entfacht. Der heute 28-Jährige hat im Jahr 2008 allein in Berlin den ersten Wettkampf absolviert. „Ich konnte mir nicht vorstellen, wie hart das ist“, erzählt er. Klar habe er vorher auch trainiert; und er stand den Parcours auch in respektablen 3:50 Minuten durch. „Aber danach war ich eine Stunde tot“, erinnert er sich. Heute braucht er nur mehr 2:30 Minuten – und hat vor allem seither viele seiner Feuerwehrkameraden mit dem Challenge-Virus infiziert. Neben ihm selbst und Adrian Schratt, Sebastian Schindlbeck, Dominik Schmidt und Andreas Jüsche begeistern sich inzwischen Martin Grabmair, Christoph Höchtl, Fabian Greppmair und Florian Wutz für dieses knallharte Hobby.
Station 4: Nun muss ein gefüllter Schlauch gezogen und am Ende mit dem Wasserstrahl ein Ziel getroffen werden.
Die „Firefighter Combat Challenge“ kommt, wie sollte es anders sein, aus den Vereinigten Staaten. Im Jahr 1974 sollte ein physischer Test für die Feuerwehrleute entwickelt werden, der den Anforderungen in der Praxis gerecht wird. Nach ausführlichen Recherchen und Tests wurden dann zwei Jahre später die fünf häufigsten Aufgaben bei einem Brandeinsatz zusammengefasst: Treppen steigen, Schlauch mit einem Seil hochziehen, ein Hammerschlagsimulator, einen mit Wasser gefüllten Schlauch ziehen und einen Dummy retten. Und das ganze selbstverständlich in kompletter Schutzausrüstung und mit Atemschutzgerät.
Letzte Aufgabe: Eine 80 Kilo schwere Puppe muss rund 30 Meter bis ins Ziel geschleift werden.
1991 entstand aus diesem Test der erste Wettkampf. Damit war die „Firefighter Combat Challenge“ aus der Taufe gehoben. Im Jahr darauf gab es dann schon sieben Wettkämpfe in den USA und diese neue Art des Wettkampfs breitete sich sozusagen wie ein Lauffeuer aus. Heute gibt es in den USA jährlich um die 30 Wettkämpfe; darunter Meisterschaften und Weltmeisterschaften.
In Europa wurden auf US-Airbases zunächst in unregelmäßigen Abständen Wettkämpfe ausgetragen, meist nur für Militär-Feuerwehrleute. In Deutschland stieg im Jahr 2007 die „1. Berlin Firefighter Challenge 2007“ am Potsdamer Platz; 76 Leute waren seinerzeit am Start. Auch hierzulande nahmen die Firefighter-Wettkämpfe bald eine rasante Entwicklung; im Jahr 2011 sind bei zwei Wettkämpfen in Dortmund und Berlin über 900 Teilnehmer aus sieben Nationen angetreten.
So sieht das im Wettkampf aus: Video von der "5. Firefighter Combat Challenge Berlin"
Die Pfaffenhofener Firefighter-Challenge-Pioniere begannen im Jahr 2009 mit dem regelmäßigen Training, berichtet Adrian Schratt. Seither wird im und vor dem Feuerwehrhaus immer wieder fleißig geübt. Da herrscht dann Action im Schlauchturm, da wird in der Garage gehämmert und die Puppe quer über den Hof geschleift. An diesem Wochenende geht es für Adrian Schratt und Sebastian Schindlbeck, wie gesagt, zum nächsten Wettkampf an die Mosel.
Aber es stehen für heuer noch weitere Termine im Wettkampf-Plan der Pfaffenhofener Firefighter. In Geiselwind wollen sie diesmal auch mit einer Staffel antreten; da absolviert dann jeder nur eine Disziplin. An den Start gehen wollen sie zudem in der Hauptstadt, wo bereits zum achten Mal die „Firefighter Combat Challenge Berlin“ stattfindet – und wo mit der Neugier von Ralph Kinhackl damals alles begann. Außerdem peilen sie noch die Teilnahme am Wettbewerb im österreichischen Wels an.
Einige der Pfaffenhofener Firefighter: Andreas Jüsche (hinten, von links), Adrian Schratt, Sebastian Schindlbeck, Martin Grabmair (vorne, von links), Ralph Kinhackl, Dominik Schmidt. Und natürlich ganz vorne: Die Puppe, die es zu schleppen gilt – und die heißt Fred.
Und zudem möchten noch einige zum „Firefighter Skyrun“ nach Düsseldorf. Dabei wiederum handelt es sich um einen knallharten Treppenlauf – in Einsatzkleidung und mit Atemschutzflasche auf dem Rücken. Denn auch diesem ungewöhnlichen Hobby frönen einige der Pfaffenhofener Floriansjünger. „Wir haben schon alle hohen Türme in Deutschland bestiegen“, sagt Adrian Schratt. Wobei bestiegen da freilich nicht das richtige Wort ist. Denn es sind eben auch Wettrennen. In zwölf Minuten den Düsseldorfer Rheinturm hoch (960 Stufen) zum Beispiel oder in rund 5,5 Minuten den Düsseldorfer Arag-Tower hinauf (500 Stufen), 9:30 Minuten für 770 Stufen in Berlin und ebenso lang brauchten sie für die 1230 Stufen auf den Münchner Olympiaturm. „Der Pfaffenhofener Kirchturm macht uns jedenfalls keine Angst“, sagt Adrian Schratt.
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