Experten klären an diesem Abend im Live-Stream über den Erreger, Ansteckungs-Wege, Krankheits-Verlauf sowie Vorsichts-Maßnahmen auf und beantworten Fragen.
(ty) Anlässlich der aktuellen Borna-Virus-Fälle im Raum Pfaffenhofen an der Ilm bietet das Landratsamt an diesem Donnerstag, 5. Juni, eine Online-Info-Veranstaltung für die Bevölkerung an. Diese findet nach Angaben der Behörde als Live-Stream statt und beginnt um 19 Uhr (Infos zur Teilnahme siehe unten). Wie berichtet, wurden zwei Männer mittleren Alters aus dem Stadtgebiet von Pfaffenhofen nachweislich mit dem Borna-Virus infiziert. Das war gestern offiziell bekannt gegeben worden. Einer der beiden Männer sei kürzlich an den Folgen gestorben; der andere befinde sich in intensiv-medizinischer Behandlung. Menschen stecken sich äußerst selten mit diesem Virus (BoDV-1) an, doch fast alle Betroffenen sterben. Die Übertragung erfolgt über Feldspitzmäuse, die selbst nicht erkranken, den Erreger aber ausscheiden. Behörden raten zu Vorsichts-Maßnahmen.
Wer an der Online-Informations-Veranstaltung teilnehmen möchte, findet laut Mitteilung des Landratsamts am Donnerstag auf der Homepage des Landkreises Pfaffenhofen unter www.landkreis-pfaffenhofen.de einen entsprechenden Zugang zu dem Live-Stream. Als Teilnehmer angekündigt sind Landrat Albert Gürtner (FW) und Vertreter des hiesigen Gesundheitsamts sowie Privat-Dozentin Merle Böhmer vom bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel-Sicherheit (LGL). Böhmer gilt als Expertin auf diesem Themengebiet.
Feldspitzmäuse und deren Ausscheidungen können nach aktuellem Forschungsstand das Borna-Virus übertragen. (Foto: Henning Vierhaus, FLI)
Nach Angaben des Landratsamts gibt es zunächst einen Vortrag mit Erläuterungen unter anderem zu Krankheits-Verlauf, Ansteckungs-Wegen und Vorsichts-Maßnahmen. Anschließend sollen Fragen beantworten werden. Etwaige Fragen sollten von den Bürgern vorab per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! übermittelt werden. Für weitere offene Fragen, die darüber beziehungsweise über die Informationen auf der Internet-Seite des LGL hinausgehen, stünden Fachleute vom hiesigen Gesundheitsamt während der Veranstaltung zur Verfügung. Die entsprechende Telefon-Nummer werde während des Live-Streams eingeblendet.
Informationen zum Borna-Virus bietet das LGL online auf seiner Internet-Seite unter diesem Link sowie in einem Flyer, der ebenfalls online unter diesem Link abrufbar ist. "Lebende oder tote Spitzmäuse sollten nicht mit bloßen Händen berührt werden", hatte das Landratsamt unter anderem bereits geraten. Bei der Entsorgung toter Spitzmäuse seien bestimmte Vorsichts-Maßnahmen zu treffen. Konkretes dazu findet man ebenfalls auf der Internet-Seite des LGL; hier der direkte Link. Bei weiteren Fragen könnten sich Bürgerinnen und Bürger auch per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!an das LGL wenden.
Beim "Borna Disease Virus 1" (BoDV-1) handelt es sich nach Angaben des LGL um den Erreger der "Borna'schen Krankheit", von der man seit mehr als 250 Jahren weiß. "Ursprünglich als Erreger einer Tierseuche bei Pferden, Schafen und anderen Säugetieren bekannt, wurde das Virus erst 2018 als Ursache schwerer Gehirn-Entzündungen beim Menschen identifiziert", so das Pfaffenhofener Landratsamt. Seit der Einführung der Melde-Pflicht zum 1. März 2020 seien dem Robert-Koch-Institut (RKI) bis zu sieben akute Fälle von BoDV-1-Enzephalitis pro Meldejahr übermittelt worden. Deutschlandweit seien bislang insgesamt 55 Infektionen registriert worden; laut LGL davon die meisten in Bayern.
Infizierte Feldspitzmäuse als Auslöser
So genanntes Virus-Reservoir für BoDV-1 ist nach Behörden-Angaben die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon). "Infizierte Feldspitzmäuse scheiden das Virus unter anderem über Kot, Urin und Speichel aus, ohne selbst zu erkranken." Laut LGL kann eine Übertragung des Virus nach aktuellem Forschungs-Stand durch den Kontakt zur Feldspitzmaus und/oder deren Ausscheidungen erfolgen. Der genaue Übertragungsweg von der Feldspitzmaus auf den Menschen sei jedoch aktuell nicht bekannt. Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) komme BoDV-1 in weiten Teilen Bayerns endemisch in Feldspitzmäusen vor.
Wie Merle Böhmer vom LGL gestern auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt hatte, werde nach aktuellem Stand davon ausgegangen, dass unter natürlichen Bedingungen keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung des BoDV-1 erfolge. Das Gesundheitsamt von Pfaffenhofen ist nach eigenem Bekunden derzeit intensiv mit der Klärung eines möglichen Infektionswegs der beiden betroffenen Männer aus Pfaffenhofen befasst und steht in engem Kontakt mit dem LGL. Bei einem Presse-Gespräch wurde gestern auch von einer sehr langen Inkubationszeit berichtet: Zwischen der Infektion mit dem Borna-Virus und dem Auftreten der ersten Symptome könnten mehrere Wochen bis ein Monat vergehen. Eine Impfung gegen BoDV-1 gebe es bislang nicht.
Schwere Gehirn-Entzündung als Folge
Infektionen mit BoDV-1 beim Menschen sind laut LGL äußerst selten, verlaufen aber zumeist tödlich. "Erkrankte Personen leiden zu Beginn meist an unspezifischen Krankheits-Zeichen wie Kopfschmerzen, Fieber und allgemeinem Unwohlsein. Innerhalb weniger Tage zeigen sich dann Symptome, die auf eine Beeinträchtigung des Nervensystems hinweisen, etwa Verhaltens-Auffälligkeiten, Sprach- und Gangstörungen." Im weiteren Krankheits-Verlauf entwickle sich eine schwere Gehirn-Entzündung und Betroffene fielen binnen Tagen bis Wochen in ein tiefes Koma. Die überwiegende Mehrheit – mehr als 90 Prozent – der bisher bekannten Fälle beim Menschen sei infolge der BoDV-1-Infektion gestorben. Eine spezifische Behandlungs-Möglichkeit von BoDV-1-Enzephalitis gebe es bisher nicht.
Ausführlicher Hintergrund-Bericht:
Borna-Virus-Infektionen in Pfaffenhofen: Ein Mann tot, einer auf Intensiv-Station