In einem aktuellen Fall wurde ein 58-Jähriger aus dem Kreis Eichstätt um mehr als 130.000 Euro gebracht. Die Kripo erklärt, wie perfide die Täter vorgehen.
(ty) Ein 58-Jähriger aus dem Kreis Eichstätt ist im August und September zum Opfer von Anlage-Betrügern geworden und hat dadurch ein kleines Vermögen verloren. Wie das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord heute berichtet, erbeuteten die Kriminellen insgesamt mehr als 130 000 Euro von dem Mann. Der Kontakt sei über Werbe-Anzeigen im Internet entstanden. Nach aktuellen Angaben haben Ganoven mit Online-Anlage-Betrügereien allein im laufenden Jahr in der Region 10 – also in den Landkreisen Pfaffenhofen, Neuburg-Schrobenhausen und Eichstätt sowie in Ingolstadt – bereits mehr als acht Millionen Euro erbeutet. Durch kein anderes Internet-Delikt sei mehr Schaden verursacht worden. Im Zuständigkeits-Bereich der Kriminalpolizei-Inspektion aus Ingolstadt seien heuer schon mehr als 200 Fälle registriert worden. Nachfolgend erklärt die Kripo, wie die Täter vorgehen und worauf geachtet werden sollte.
Der eingangs genannte 58-Jährige aus dem Landkreis Eichstätt war nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord über Werbe-Anzeigen in einem sozialen Medium auf vermeintlich Aktien-Tipps aufmerksam geworden und über diesen Weg in vier unterschiedliche Chat-Gruppen gelangt, in denen vermeintlich professionell Handels-Tipps ausgetauscht wurden. "In allen vier Gruppen war die Vorgehensweise die gleiche", erklärt ein Polizei-Sprecher. "Zuerst wurden Tipps zum Handel mit Aktien und Kryptowährungen ausgetauscht, bevor dann zum Download einer vermeintlichen Trading-App geraten wurde."
Durch diese Apps sollte der Handel – so heißt es weiter – noch effizienter und günstiger stattfinden. Tatsächlich sei dem 58-Jährigen ein Handel jedoch nur vorgegaukelt worden. Sein eingesetztes Kapital sei bereits mit der Einzahlung von den Betrügern entwendet worden. In den besagten Chat-Gruppen befanden sich laut Polizei eine Vielzahl vermeintlicher Personen, die sich allesamt positiv über die Apps äußerten. So sei der Anschein erweckt worden, dass es um ein seriöses Angebot gehe. "Tatsächlich handelte es sich bei den weiteren Chat-Teilnehmern jedoch ebenfalls um die Täter und teilweise um automatische, KI-generierte Chat-Bots."
Seit dem Jahr 2020 lässt sich laut Polizeipräsidium Oberbayern-Nord in diesem Delikts-Bereich sowohl ein kontinuierlicher Anstieg der Fallzahlen als auch des entstandenen Gesamtschadens feststellen. "Mit plakativer Werbung im Internet erregen die Betrüger die Aufmerksamkeit ihrer potenziellen Opfer", erklären die Gesetzeshüter. "Mit dem Versprechen auf hohe Gewinne werden Bürgerinnen und Bürger angesprochen, die auf der Suche nach lukrativen Anlage-Möglichkeiten sind. Ihre Vertrauenswürdigkeit untermauern die Täter zuweilen mit Bildern oder Zitaten prominenter Personen, die einer Verwendung allerdings nie zugestimmt haben."
Die vermeintlichen Trading-Plattformen erwecken laut Polizei auf den ersten Blick einen professionellen Eindruck. "Dass es sich dennoch um eine Betrugs-Webseite handelt, kann man meist schon an der Aufmachung erkennen", sagt Kriminalhauptkommissar Christian Reichmann von der Kripo in Ingolstadt. "Viele sehen sich sehr ähnlich, da häufig dieselben Technologie-Anbieter verwendet werden." Tagtäglich beschäftigt sich Reichmann mit derlei Betrugs-Seiten und weiß daher, wie man diese von seriösen Trading-Seiten unterscheiden kann.
"Viele haben kein Impressum oder keinen genauen Firmen-Namen angegeben", erklärt der Kriminaler. "Als Kontakt-Möglichkeit stehen meist nur eine E-Mail-Adresse und eine – oftmals ausländische – Handy-Nummer zur Verfügung. Unter den angegebenen Büro-Anschriften findet man Hochhäuser in Großstädten. Diese geben keinen Hinweis darauf, dass dort tatsächlich eine Broker-Firma ansässig sein könnte."
Auch hinsichtlich der immer mehr auftretenden Trading-Apps kann laut Polizei eine zunehmende Professionalisierung in Erscheinung und Funktionalität festgestellt werden. Im Gegenzug zum bisherigen "modus operandi" beim Online-Anlage-Betrug treten nach Erkenntnissen der Ermittler dabei vermehrt Chat-Gruppen in Erscheinung – ein telefonischer Kontakt findet in der Regel nicht mehr statt. "Dies lässt die Täter noch schneller und breiter gefächert potenzielle Opfer kontaktieren", heißt es von der Kripo.
Gelockt werde meist mit einer verhältnismäßig niedrigen Summe, die als Erst-Anlage von den Opfern gefordert werde. Daraufhin werden laut Polizei in den vorgetäuschten Depots virtuell hohe Gewinne vorgegaukelt, die eine letzte Skepsis beseitigen. Von Seiten der Opfer folgen oft weitere Überweisungen mit teils sehr hohen Geldbeträgen. "Spätestens dann, wenn die gutgläubigen Anlegerinnen und Anleger jedoch die Auszahlung ihrer Erträge fordern, sind die Trading-Plattformen nicht mehr erreichbar und der vermeintliche Gewinn samt den getätigten Einlagen verloren."
In einigen Fällen finde im Anschluss an diese Masche eine so genannte Reaktivierung statt: Es melde sich erneut ein vermeintlicher Spezialist und verspreche, das verlorene Geld zurückzuholen – allerdings nur gegen Gebühr. Im Folgenden wiederholen sich die Vorgehensweisen laut Polizei in ähnlicher Form, bis das Opfer nicht mehr gewillt oder nicht mehr in der Lage ist, weiter einzuzahlen. Die Kripo rät jedenfalls dringend, sich vor einer derartigen Geldanlage genauestens über die Seriosität des Anbieters zu informieren.