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Im Fall des 19-jährigen Pfaffenhofeners, der seine 50-jährige Lebensgefährtin mit dem Messer gefoltert haben soll, erläuterte Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer heute seine Version des Tathergangs 

(ty) Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer hat heute im Fall eines 19-jährigen Pfaffenhofeners vor dem Ingolstädter Landgericht sein psychologisches Gutachten verlesen und damit auch versucht, den Tatvorgang zu rekonstruieren. Der Täter soll – wie bereits berichtet – seine 50-jährige Partnerin Allerheiligen letzten Jahres mit einem Messer angegriffen, geschlagen und gewürgt haben.

Bis gestern war nichts klar, was den Tathergang betrifft. Ein unmittelbarer Zeuge hatte zu dem Zeitpunkt einen absoluten Vollrausch, den andere behauptet, so gut wie gar nichts mitbekommen zu haben. Zusammen mit dem Geständnis des Täters hat Haderthauer nun eine sehr plausible Version der Geschichte vorgetragen. Zusammen mit einem Nachbarn waren Opfer und Angeklagter an Tatabend  bei einem gemütlichen Umtrunk in der Wohnung des Opfers zusammengekommen. Etwa gegen 21.30 Uhr hatte der  19-Jährige aber nach eigenem Empfinden genug und geht zu Bett.

Nach einer Stunde allerdings kommt er wieder. Zu diesem Zeitpunkt sei er schon gut ausgenüchtert gewesen, der Alkohol hätte also keinerlei Einfluss mehr auf die Tat gehabt. Der 19-Jährige hatte bekanntlich eine Affäre mit dem Opfer und war sehr eifersüchtig. Als er nach dieser einen Stunde wieder ins Wohnzimmer zurückkam, sah er sie und den Nachbarn nebeneinander sitzen und vermutete, sie hätten etwas miteinander.

Zwischen der Rückkehr des Angeklagten ins Wohnzimmer und dem abgesetzten Notruf vergingen 29 Minuten. „29 Minuten ist eine lange Zeit. Da passiert nichts hektisch, da ist alles berechnet“, so Haderthauer. In diesen 29 Minuten hätte der Angeklagte sein Opfer langsam mit dem Käsemesser gequält. „Schnelle Stiche merkt man nicht sofort, das geht zu schnell und der Schmerz kommt erst später." Aber die Schnitte, die das Opfer gehabt hätte, wären alle sehr lang aber nicht tief gewesen. Das bedeute, sie wurden mit Bedacht zugefügt und es wurde darauf geachtet, dass davon keine Lebensgefahr ausging.

Dabei zertrennt man, wie Haderthauer bemerkte, natürlich viele Nerven in der Haut, was sehr schmerzhaft ist. "Und ist ein Schnitt schon schmerzhaft, sind zehn oder mehr reine Qual.“ Der 19-Jährige habe sein Opfer also absichtlich quälen wollen. Dass die Frau bei dieser Folter nicht geschrien habe, sei auf eine massive Bedrohung zurückzuführen. Sie hätte sich nicht getraut einen Mucks zu machen. Nach Haderthauers Aussage hatte er die Frau „bestrafen“ wollen. 

Laut Haderthauer hat der junge Mann eine schwerwiegende Persönlichkeitsstörung, die sich bereits kurz nach seiner Geburt gezeigt haben sollen. Sein ganzes Leben lang hatte er massive Probleme und nun hätte die Störung ungeahnte Höhepunkte erreicht, so Haderthauer. Die Störung zeigt sich beim 19-Jährigen unter anderem durch Narzismus, Aggressivität, fehlendes Gewissen und ein ständiger Wunsch nach Dominanz. Das Opfer habe es aber geschafft, ihm aufzuzeigen, wie abhängig er von anderen ist. Sie hatte ihm den Lebensunterhalt gezahlt, ihn bei sich wohnen lassen und sogar Kurzurlaube gezahlt. Außerdem sprach sie öfter davon, dass er nur eine Liebelei für sie wäre. Der Angeklagte konnte das alles nicht verarbeiten und hatte die 50-Jährige schon zuvor immer wieder bedroht. Auffällig sei, so Haderthauer, dass er die Schuld immer von sich abwälzt. Zu Haderthauer habe er gesagt, sie hätte ihn gezwungen, ihr den Hals zuzudrücken da sie sonst geschrien hätte. „Halt einfach dein Maul, dann passiert dir auch nichts“, hätte er zu ihr gesagt.

Obwohl er die Frau angeblich liebte, sind nach Haderthauers Gutachten weder Empathie noch Verständnis in der Beziehung vorhanden gewesen. Der 19-Jährige zeige eine Unfähigkeit, aus Fehlern zu lernen, eine konsequente Unfähigkeit, Schuld auf sich zu nehmen und keinerlei Hemmungen, die Integrität anderer zu zerstören.

Haderthauer stuft den jungen Mann als sehr gefährlich ein. „Sobald ihn wieder jemand in eine ähnliche Situation versetzt und ihm seine Abhängigkeit aufzeigt, wird es wieder eskalieren und vielleicht noch schlimmere Folgen haben.“ Er empfahl auf alle Fälle eine Unterbringung mit einer intensiven verhaltenstherapeutischen Therapie. Die Maßnahmen in einer Jugendvollzugsanstalt würden nicht mal im Ansatz genügen. Der 19-Jährige habe eine schwere seelische Behinderung und sei deshalb unfähig, in der Gesellschaft zu leben.

Die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung werden zusammen mit dem Urteil am 15. September erwartet.

 

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