Das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Pfaffenhofen ist offiziell seiner Bestimmung übergeben worden – 16 Jahre nach dem Beschluss des Stadtrats, ein solches zu errichten
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(ty) „Müssen wir uns 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg noch an die Täter und Opfer erinnern?“, zitierte der Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker (SPD) eine Frage von Kritikern des Denkmals. Und er beantwortete sie mit einer Gegenfrage: „Was würde man sagen, wenn man sich nicht mehr an die gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs und das Schicksal der Heimatvertriebenen erinnern würde?“ Es gehe nicht darum, „Asche aufs Haupt zu streuen“, so Herker weiter, sondern mit dem Denkmal solle gezeigt werden, „dass sowohl die Täter als auch die Opfer aus unseren Reihe kamen“. So sei das Denkmal „nicht als Geißel“ gedacht, sondern es solle Bewusstsein schaffen und aufrechterhalten.
Das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Pfaffenhofen ist am Freitagabend im Rahmen einer Feierstunde auf dem Platz neben dem Haus der Begegnung offiziell seiner Bestimmung übergeben worden. Vor zahlreichen Besuchern erläuterten Bürgermeister Herker und Stadtrat Reinhard Haiplik (ÖDP) die Beweggründe zur Errichtung des Denkmals, der Künstler Thomas Neumaier stellte seine Konzeption vor. Musikalisch stimmungsvoll umrahmt wurde die Feier vom Klarinettenquartett „Max-4-Sax" mit Max und Johannes Penger, Susanne Reindl und Rainer Maier.
ÖDP-Stadtrat und Autor Reinhard Haiplik (links) mit Künstler Thomas Neumaier.
Rathauschef Herker dankte allen Beteiligten und erläuterte, dass schon im Jahr 1998 der Stadtrat dem Antrag von Reinhard Haiplik auf Errichtung eines Denkmals für die NS-Opfer zugestimmt hatte. Geschlagene 15 Jahre hatte es dann aber gedauert, bis der richtige Platz und das richtige Konzept gefunden waren, das nun realisiert werden konnte.
„Vergessen und Schweigen hätten viele vorgezogen, doch wir haben seit Jahren einen anderen Weg eingeschlagen“, betonte Haiplik. Er berichtete über seine langwierigen Recherchen für sein Buch „Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz“, bei denen er auf viel Kritik und viel Schweigen stieß. „Dabei wurde mir bewusst, wie sehr Pfaffenhofen in den Nationalsozialismus verstrickt war. Aber ich bin auch auf Menschen gestoßen, die passiven oder aktiven Widerstand leisteten.“
So sei der Gedanke entstanden, ein Denkmal für die Opfer des NS-Terrors zu errichten, berichtete Haiplik. Denn „zur Lokalgeschichte gehören auch die dunklen Seiten und man muss sich ihnen stellen“. Heute, so Haiplik, sei er überzeugt davon, dass die meisten Pfaffenhofener die NS-Diktatur weder vergessen noch verschweigen wollen. Und da weise „dieses Mahnmal einen sinnvollen Weg, damit umzugehen“.
„Wir brauchen die Erinnerung, um die Zukunft gestalten zu können“, betonte der Künstler Thomas Neumaier aus Ingolstadt, der das Denkmal konzipiert und gestaltet hat. Drei große Ziele möchte er mit dem Denkmal erreichen: den Opfern ihre Würde zurückgeben, eine Wiederholung verhindern sowie Verständnis und Solidarität wecken. Es gehe längst nicht mehr um Schuldzuweisung, denn “niemand ist verantwortlich für die Taten seiner Vorfahren“. Vielmehr, so betonte Neumaier, „wäre Schweigen eine Schande“.
Bürgermeister Thomas Herker (SPD) bei seiner Ansprache.
Neumaier erläuterte sein Konzept mit dem Aufsehen erregenden roten Stahlträger, der sich „wie eine riesige Akupunkturnadel“ durch das Haus der Begegnung bohrt. Dazu gibt es Bildertafeln und exemplarische Lebensläufe von Tätern und Opfern. „Es geht um Erinnerung als Element zur Gestaltung der Zukunft“, so Neumaier. Und mit Blick auf die Gegenwart, den aktuellen IS-Terror und die Flüchtlinge auf Asylsuche gehe es um „mehr Toleranz und Widerstand gegen Fremden- oder Rassenhass“.
Den sonst bei offiziellen Feiern meist üblichen Sektempfang gab es an diesem Abend nicht. Stattdessen lud ein großer Korb voller Äpfel zum Zugreifen ein – bezugnehmend auf den „Apfelpfarrer“ Korbinian Aigner, dessen großformatiges Bild an der Südseite des Hauses der Begegnung ein wichtiger Teil des Denkmals ist. Bürgermeister Herker lud die Gäste ein, sich einen Apfel schmecken zu lassen – auch wenn er „nicht dafür bürgen kann, dass der Konsum zur Erkenntnis führt“.
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