Im Obdachlosenmord-Prozess fiel heute das Urteil: Der 19-jährige Kai Kevin H. wird in die Psychiatrie eingewiesen
(ty) Ein Leben, das mit 19 Jahren zuende ist? Der Angeklagte im Obdachlosenmord-Prozess, Kai Kevin H., wurde heute vor dem Landgericht Ingolstadt nach Paragraf 63 des Strafgesetzbuches zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt. Nach Überzeugung der Strafkammer hat er am 10. September 2013 den 33-jährigen Obdachlosen Hans-Jürgen B. in der Alban-Berg-Straße auf bestialische Weise erschlagen. Zwar war er zum Zeitpunkt der Tat nach Überzeugung des Gerichtes nicht schuldfähig. Aufgrund seiner tiefgehenden Persönlichkeitsstörung und seiner Alkoholsucht ist er indes eine Gefahr für die Allgemeinheit, eine „wandelnde Bombe“, wie die Vorsitzende Richterin Sibylle Dworazik heute das Urteil erläuterte.
Eine Überraschung ist das Urteil nicht. Auch nicht für Wolfgang Weiß, den Pflichtverteidiger des Angeklagten Kai Kevin H., der dem vernehmen anch darauf verzichten will, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Zwar hatte der Anwalt im Verlauf des heutigen Prozesstages noch versucht, das psychiatrische Gutachten von Roman Steinkirchner zu torpedieren, indem er einen Antrag auf Befangenheit stellte, da Steinkirchner in seinem Gutachten das Urteil quasi vorweggenommen hatte. Damit hatte er jedoch keinen Erfolg. Und auch nicht mit seinem Plädoyer, in dem er sich auf die Restzweifel berief, die trotz zahlreicher Zeugenaussagen, Gutachten und Spuren geblieben waren. „Wahrscheinlichkeit reicht nicht“, meinte Weiß im Hinblick auf die Indizienlage. Mit einer Unterbringung sei das künftige Leben seines Mandanten erledigt. „In dubio pro reo“, meinte Wolfgang Weiß, im Zweifel für den Angeklagten. Denn objektiv nachgewiesen und vom Angeklagten zugegeben sei lediglich eine Körperverletzung, nicht aber der Totschlag. Es sei deswegen eben nicht auszuschließen, dass der Tathergang ganz anders gewesen sei, als es sich dem Gericht darstelle.
Dies wiederum folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die einen überraschenden und massiven Angriff des Angeklagten auf Hans-Jürgen B. als erwiesen ansah. Das Spurenbild, speziell das der Blut- und DNA-Spuren an der Kleidung des Angeklagten und an der des Opfers, sei eindeutig. „Es gibt keinen vernünftigen Zweifel“, so Staatsanwalt Jürgen Staud. Und diese Ansicht machte sich auch das Gericht zueigen.
„Sie haben das Schlimmste getan, was man einem Menschen antun kann“, meinte Sibylle Dworazik zum Angeklagten Kai Kevin H., „Sie haben einen Menschen umgebracht.“ Sie erläuterte die 82 Verletzungen, die der Angeklagte dem Opfer beigebracht hatte, 36 Schläge allein gegen den Kopf und abschließend dann der brutale Tritt ins Gesicht, der letztlich zum Tod von Hans-Jürgen B. geführt hatte.
„Jeder vernünftige Zweifel ist ausgeschlossen“, meinte die Richterin im Hinblick auf die Täterschaft von Kai Kevin H. und schloss sich in vollem Umfang dem psychiatrischen Gutachten an, das dem Angeklagten eine massive Persönlichkeitsstörung attestiert hatte und eine weiter bestehende Gemeingefährlichkeit. Deswegen wurde Kai Kevin H. letztlich auch nicht wegen Totschlags zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, sondern ob seiner Schuldunfähigkeit in die Psychiatrie eingewiesen. „Unterbringung“ heißt das im Juristendeutsch. Wann und ob die jemals endet, das liegt in den Händen des Patienten und in denen seiner Gutachter.