Der Stadtrat von Pfaffenhofen hat einstimmig eine kritische Stellungnahme zu den geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA verabschiedet
(ty) Der Stadtrat von Pfaffenhofen hat gestern einstimmig eine Stellungnahme zu den geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA verabschiedet und zugleich Bürgermeister Thomas Herker (SPD) beauftragt, diese im Namen der Stadt beim bayerischen Städtetag zu übergeben sowie die Sichtweise gegenüber der Bundes-, Landes- und EU-Politik deutlich zu machen. Hintergrund sind Befürchtungen, dass sich die Freihandelsabkommen auf die Souveränität der Kommunen auswirken. Gefordert wird Einblick in den Stand und Inhalt der Verhandlungen.
Verfasst wurde die Resolution von SPD-Stadtrat Steffen Kopetzky, Stadtjurist Florian Erdle nahm noch kleine Ergänzungen vor. Die Entscheidung zu dieser Stellungnahme fiel „über die Fraktionsgrenzen hinweg“, wie Martin Rohrmann (CSU) betonte. Er kritisierte vor allem die fehlende Transparenz bei den Verhandlungen zu den genannten Freihandelsabkommen. Rathauschef Herker hofft, dass viele Kommunen ähnlich reagieren und sich ebenfalls zu Wort melden, damit entsprechender Druck aufgebaut werde.
„Der bisherige Prozess der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen EU-USA ist in höchstem Maße intransparent und vernachlässigt erheblich die Rechte der gewählten Parlamentarier auf europäischer, nationaler und Länderebene sowie die der Kommunen“, heißt es in der Stellungnahme des Stadtrats. „Wir fordern daher die EU-Kommission auf, das Mandat über die Verhandlungen offen zu legen und über den Verhandlungsprozess regelmäßig zu berichten.“ Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit müssten auch in Streitfällen gelten, die sich aus den geplanten Handelsabkommen ergeben.
Hier die einstimmig verabschiedete Erklärung des Pfaffenhofener Stadtrats im Wortlaut:
„Wir, der Rat der Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm, sind uns darüber bewusst, dass die oben genannten Vorgänge nicht in vollem Umfang in unsere Zuständigkeit fallen. Letztlich wird nur der Bundestag, so wie die anderen nationalen Parlamente der Europäischen Union, darüber zu entscheiden haben. Dennoch aber, da unmittelbare Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit und Souveränität der Kommunen zu befürchten sind, halten wir es für unsere demokratische Pflicht, gemeinsam und geschlossen unsere Stimme zu erheben.
Einerseits um die Bürger unserer Stadt über die Haltung ihres ,Stadtparlaments’ zu informieren und sie aufzufordern, sich mit der Problematik zu befassen. Andererseits um den Protagonisten der ,großen Politik’ ein klares Signal zu senden. Wir sind nur eine kleine Stadt, wie es Hunderte in unserer Bundesrepublik gibt. Würden aber viele dieser Kommunen ihre Stimmen erheben, so wäre es schwer möglich, diese einfach zu ignorieren. Insofern möchten wir einen Anstoß für andere Kommunen geben, sich ebenfalls mit den geplanten Abkommen zu beschäftigen.
Wir sind froh, dass der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, bei den derzeit geführten Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) auf die Wahrung der europäischen Sozial- und Umweltstandards sowie auf den Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge Wert legt. Der Koalitionsvertrag enthält das klare Bekenntnis zur Bedeutung der Daseinsvorsorge, der Wichtigkeit des Subsidiaritätsprinzips und somit der Erhaltung der Gestaltungshoheit der Kommunen bei der Daseinsvorsorge.
Vor diesem Hintergrund fordern wir die Bundesregierung auf, sich gegenüber der EU-Kommission mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die kommunale Daseinsvorsorge, darunter insbesondere die nicht liberalisierten Bereiche wie die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung, die Bereiche Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich, wie sie auch von der Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm erbracht wird, vom derzeit mit den USA verhandelten Freihandelsankommen – und allen weiteren Handelsabkommen – explizit ausgeschlossen wird.
Der bisherige Prozess der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen EU-USA ist in höchstem Maße intransparent und vernachlässigt erheblich die Rechte der gewählten Parlamentarier auf europäischer, nationaler und Länderebene sowie die der Kommunen. Wir fordern daher die EU- Kommission auf, das Mandat über die Verhandlungen offen zu legen und über den Verhandlungsprozess regelmäßig zu berichten. Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit müssen auch in Streitfällen gelten, die sich aus den geplanten Handelsabkommen ergeben.
Der Stadtrat beauftragt den ersten Bürgermeister Thomas Herker, unsere Stellungnahme in geeigneter Weise gegenüber der Landes- und Bundesregierung sowie dem Europäischen Parlament deutlich zu machen.
Die Stadtverwaltung soll darüber hinaus ihre Möglichkeiten nutzen, die Öffentlichkeit unserer Stadt über unsere Haltung zu den Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA zu informieren und eine weitergehende öffentliche Debatte in unserer Stadt darüber anzuregen. Dies soll zeitnah geschehen.“