Vorstandschef Wilfried Gerling verlässt die Hallertauer Volksbank, wird mit viel Lob für seine Leistung bedacht und gibt sich selbst im Abschied visionär – heizt damit aber auch Spekulationen über eine Fusion neu an. Der Vorstand besteht künftig nur mehr aus zwei Personen
Von Tobias Zell
Nach fast zwölf Jahren an der Spitze der Hallertauer Volksbank wechselt Vorstandschef Wilfried Gerling zu Beginn des neuen Jahres in die Führungs-Etage der Münchner Bank. Heute fand in Pfaffenhofen eine kleine Abschiedsfeier statt. Es gab viele lobende Worte für den scheidenden Bank-Boss und seine Leistungen sowie beste Wünsche für die Zukunft. Zugleich wurde bekannt, wie es im Vorstand der Hallertauer Volksbank weitergeht. Wie Vorstandsmitglied Andreas Streb erklärte, wird das Gremium nach dem Weggang von Gerling verschlankt – dann führen die beiden verbliebenen Mitglieder, Walter Zillner und eben Streb, die Geschicke des Geldinstituts. Ein Vorstandsvorsitzender sei bislang nicht benannt, so Streb – das könne sich aber noch ändern.
Dass Gerling die Hallertauer Volksbank verlässt, war schon im Juli bekannt geworden: Er wird künftiger Vorstandschef bei der Münchner Bank, sollte dort eigentlich seine Arbeit zum 1. Juli kommenden Jahres aufnehmen. Doch nun zeigte sich, dass er in Pfaffenhofen seinen Hut deutlich früher als geplant nimmt – nämlich sechs Monate eher. Vielleicht auch deshalb bezeichnete er sich heute in seiner Abschiedsrede selbst als ungeduldig. Gerlings Kündigung wäre nach Angaben der Bank ursprünglich zum 30. Juni 2015 wirksam geworden, aber er will offensichtlich schon früher in die Landeshauptstadt wechseln. Wie berichtet, hat der Aufsichtsrat der Hallertauer Volksbank am 3. Dezember auf Wunsch von Gerling dessen Wechsel bereits zum 1. Januar zugestimmt.
Wilfried Gerling bei seiner Abschiedsrede.
Seit Januar 2003 war Gerling bei der Hallertauer Volksbank, seit Mitte desselben Jahres bekleidete er den Posten des Vorstandschefs. Heute nun war es an der Zeit, Abschied zu nehmen von dieser beruflichen Station. Gekommen waren unter anderem der Aufsichtsrats-Vorsitzende Erwin Petz, Vize-Landrat Anton Westner (CSU), Ex-Landrat Josef Schäch, Prof. Claude Herion sowie viele weitere Vertreter aus Politik und Wirtschaft sowie natürlich von der Hallertauer Volksbank, wo die kleine Feier stattfand und nach den Ansprachen in lockerer Runde beim Weißwurst-Essen ausklang. Auch Sparkassen-Vorstandschef Norbert Lienhardt machte dem scheidenden Boss des Mitbewerbers seine Aufwartung. Bei aller Konkurrenz gebe es doch eine entscheidende Gemeinsamkeit beider Geldhäuser, sagte Lienhardt am Rande der Veranstaltung gegenüber unserer Zeitung: „Uns geht es um die Region.“
Gerling selbst stellte in seiner Rede heraus, worauf es seiner Meinung nach heutzutage mehr denn je im im Bankgeschäft ankommt: Transparenz, Regionalität, Vertrauen und die Mitarbeiter. Er sieht das Haus, das er verlässt, bestens aufgestellt. Als Verfechter der genossenschaftlichen Idee verwies er nachdrücklich auf die 32 000 Mitglieder der Hallertauer Volksbank: „Wir sind wohl der größte Verein in der Region.“
Doch Gerling, der Visionär und Philosoph, blickte heute selbst im Abschied noch voraus: „Wer bewahren will, muss den Wandel vorantreiben“, betonte er. Veränderungen seien das Normale im Leben. „Wir müssen Antworten finden.“ Und auch Fusionen, sagte er, seien „etwas ganz Normales“. Das könnte jetzt wiederum den Dauer-Spekulationen über einen Zusammenschluss der Hallertauer Volksbank und der Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte neue Nahrung geben.
Gruppenbild mit Dame: Aufsichtsratschef Ernst Petz (von links), Vorstandsmitglied Walter Zillner, Ehepaar Gerling, Vorstandsmitglied Andreas Streb.
Im Namen des Landkreises hielt Vize-Landrat Westner eine Rede – Kreischef Martin Wolf (CSU) hatte ja zeitgleich in Scheyern die letzte Kreistags-Sitzung des Jahres zu leiten. Westner würdigte die Arbeit und Leistungen von Gerling und betonte, dass die Mitarbeiter ihren bisherigen Chef nur ungern ziehen ließen. Gerling habe einen nicht unerheblichen Teil seines Lebens für die Hallertauer Volksbank gelebt. „Sie haben diesen Lebensabschnitt sehr erfolgreich gemeistert“, attestierte ihm Westner. Dazu gehörte jede Menge Fachwissen, Tatkraft, Ausdauer und die Liebe zur Sache, aber auch zu den Menschen, Mitarbeitern und Kunden.
Für Gerling sei die Tätigkeit hier „kein x-beliebiger Job“, gewesen, unterstrich Westner. „Es war eine Aufgabe, die Sie selbst gewählt und mit vollem Einsatz bewältigt haben.“ Die Hallertauer Volksbank habe sich dank kluger und weitsichtiger Entscheidungen zu einer der bedeutendsten Institutionen im Landkreis entwickelt – und dazu habe Gerling einen entscheidenden Beitrag geleistet. Starke Geldinstitute seien wichtig für einen starken Wirtschafts-Standort, sagte Westner. Die Hallertauer Volksbank sei damit auch „Triebkraft für die positive Wirtschaftsentwicklung unseres Landkreises“.
Gerling habe sich stets der Bedürfnisse, Sorgen und Nöte seiner Kunden angenommen, so Westner weiter. Seine bodenständige Art mache ihn sehr sympathisch. Auch bei der „Initiative Regionalmanagement“ (Irma) habe sich Gerling mit großem Engagement eingebracht: „Er war Mitglied des Präsidiums und konnte sich durch seine Erfahrungen mit Rat und Tat einbringen. Er hat das regionale Bewusstsein dabei tatkräftig voran gebracht.“
Konkurrenz belebt – in diesem Fall wohl das Gespräch: Wilfried Gerling mit Sparkassen-Vorstandschef Norbert Lienhardt.
Vorstandskollege Walter Zillner würdigte Gerling als verlässliche Persönlichkeit, die Zusagen stets einhalte: Bei Gerling gelte: „Ein Mann, ein Wort.“ Zillner betonte die hervorragende Zusammenarbeit im Vorstand. Durch richtige gemeinsame Entscheidungen habe man zum Beispiel die Finanzmarktkrise 2008 überstanden. Das von Gerling gelebte Vertrauen und die Wertschätzung gegenüber Kollegen und Mitarbeitern seien ein wesentlicher Grund für das gute Betriebsklima. Und von Gerling gelebte Grundsätze wie „Vom Kunden her denken“ werden die Bank auch in Zukunft prägen, versicherte Zillner und wünschte dem scheidenden Vorstandschef auch im neuen Job eine glückliche Hand und ein Quäntchen Glück.
Vorstandsmitglied Andreas Streb erinnerte sich an das Jahr 2003, als er damals als junger Prüfungs-Assistent zum ersten Mal die Volksbank geprüft habe. Gerling sei da erst wenige Monate in Pfaffenhofen gewesen. „Ich konnte somit als externer Beobachter die Entwicklungen mitbegleiten und war von der stringenten Vorgehensweise beeindruckt“, so Streb. Das umfangreiche Fachwissen und die umsichtige und nachhaltige Unternehmensführung hätten ihm imponiert.
Offenbar hatte aber auch Streb Eindruck hinterlassen. Denn im Jahr 2010 rief ihn Gerling an und fragte, ob er sich vorstellen könnte, für die Hallertauer Volksbank zu arbeiten. Jetzt nun, mit dem Weggang seines Mentors, wird Andreas Streb eine entscheidende Rolle beim Generationswechsel in der Vorstands-Etage der Hallertauer Volksbank zukommen.
Morgens, halb Elf in Pfaffenhofen: Wilfried Gerling (Mitte) mit Vorstandsmitglied Walter Zillner (links) und Prof. Claude Herion.
Da auch nach dem Wechsel von Gerling nach München mit Streb und Zillner die aufsichtsrechtliche Anzahl an Vorstandsmitgliedern gegeben ist, werde der Vorstand der Bank ab 1. Januar als Zweier-Gremium weiterarbeiten, verkündete Streb. „Wir haben die Zuständigkeiten von Herrn Gerling aufgeteilt.“ Ein Vorstandsvorsitzender werde derzeit vom Aufsichtsrat nicht benannt; das könne unter Umständen im Laufe des kommenden Jahres neu festgelegt werden.
In der Führungsmannschaft der Hallertauer Volksbank werde es im nächsten Jahr „geringfügige Änderungen“ geben, kündigte Streb an und erläuterte zugleich die Zuständigkeiten im Vorstand: Zillner werde weiterhin für die Marktbereiche und das Firmenkundengeschäft zuständig sein; Streb verantwortet die Kredit-Abteilung, das Rechnungswesen, die Gesamtbanksteuerung sowie das Personalwesen.
Kurz ging Streb auf die Herausforderungen ein, die das aktuelle Umfeld an die Volksbank stelle. Die aktuelle Niedrigzinsphase und die „überbordende Regulatorik“ seien für regional tätige Geldinstitute keine leichte Aufgabe. „Wir werden deshalb in den nächsten Monaten die vorhandenen Ideen strukturieren und mit der Umsetzung beginnen.“ Streb sieht die Hallertauer Volksbank jedenfalls in einer „sehr guten Ausgangs-Situation“.