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Im Wolnzacher Rathaus wurde heute zu einem Pressegespräch mit Ilse Aigner über Windkraft geladen – was aber stattfand, war ein PR-Termin, bei dem sich die CSU-Redner gegenseitig lobten

Von Tobias Zell 

Da können sich die anderen Parteien was von der CSU abschauen. Das hat man heute wieder gesehen, als zu einem angeblichen Pressegespräch mit Ilse Aigner ins Wolnzacher Rathaus geladen wurde. Die „Ilse“ ist ja auch nicht irgendwer, sondern die bayerische Superministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Und: Stellvertreterin von  Landesvater Horst Seehofer (CSU). Da wird geschlossen aufmarschiert, da wird sich gegenseitig über den grünen Klee gelobt, da kriegt der prominente Besuch noch mindestens ein kleines Präsent mit – und dann ist auch die Zeit schon wieder rum, noch ehe die Presse bei diesem als Pressegespräch angekündigten Termin so richtig Gelegenheit hatte, Fragen zu stellen. Aber andererseits: Was hätte man auch fragen sollen? Schon aus den Reden war ja hervorgegangen, dass man hier und heute nichts Neues erfahren würde.

Aber alle waren sie brav gekommen: Der hiesige CSU-Landtagsabgeordnete Karl Straub, der CSU-Kreisvorsitzende Ludwig Wayand, Landrat Martin Wolf (CSU) sowie der Reichertshausener Bürgermeister Reinhard Heinrich in seiner Funktion CSU-Fraktionschef im Kreistag und der Hohenwarter Rathauschef Manfred Russer (CSU) in seinen Funktionen als Sprecher der Bürgermeister im Landkreis und vor allem als Vorsitzender des Windkraft-Planungsverbands im Landkreis. Bernd Huber, der Vorsitzende des Wirtschaftsbeirats im Landkreis, war freilich auch da. Wolnzachs Bürgermeister Jens Machold (CSU) als Hausherr sowieso. Und auch sein Vize Georg Guld (nicht CSU, sondern Freie Wähler) war gekommen. Und natürlich waren auch Vertreter aller relevanten Medien gekommen. 

Überschwänglich: Wolnzachs Bürgermeister Jens Machold angesichts des Besuchs von Ilse Aigner.

Nun konnte es losgehen. Machold hob zwecks Begrüßung und Einleitung zu einer überschwänglichen Rede an, lobte die tolle Zusammenarbeit mit Aigner und unterstrich, wie gut er sich auch persönlich mit ihr verstehe. Das sei „nicht nur eine Schönwetter-Freundschaft“, befand er. „Sehr stolz“ lenkte Machold das Augenmerk der Ministerin auf das erste oberbayerische interkommunale Gewerbegebiet, das Wolnzach und Rohrbach in Bruckbach auf die Beine gestellt haben und das sich „prächtig“ entwickle.

Aber es sollte ja eigentlich um Energie gehen. Deswegen auch dazu noch ein paar Worte. Machold – eigentlich ja Anwalt – hielt ein Plädoyer für die Energiewende.  Er ließ wissen, dass er auch die Sorgen und Nöte kenne, die damit zusammenhängen. Aber: „Wir wissen, dass das Ziel richtig ist, dem wir uns verschrieben haben“, betonte er und wünschte der Ministerin viel Kraft bei der Umsetzung. Und überhaupt: Die Energiewende dürfte auch nicht ausschließlich ein CSU-Thema sein, unterstrich Machold. Das klingt natürlich immer gut. Andere einbeziehen. Allerdings wäre es – sozusagen zur symbolischen Untermauerung – dann aber auch schön gewesen, wenn sein Vize von den Freien Wählern heute auch zu Wort gekommen wäre. Kam er aber nicht.

Alle da: Reinhard Heinrich (von links), Bernd Huber, Ludwig Wayand, Karl Straub, Jens Machold, Ilse Aigner, Manfred Russer, Martin Wolf.

Ministerin Aigner bekräftigte aus aktuellem Anlass – sie war dazu gestern in einer TV-Sendung – in ihrer Ansprache erst einmal die CSU-Haltung zum Mindestlohn. Sinngemäß heißt das: Ja zu 8,50 Euro, aber Nein zur übertriebenen Bürokratie mit Aufzeichnungspflicht und zum Kontroll-Wahn. Es störe sie, dass Arbeitgeber hier unter Generalverdacht gestellt und als Feindbind gesehen würden, so die Ministerin. Das hätten die mittelständischen Betriebe nicht verdient.

Jetzt zur Energie. Aigner beteuerte noch einmal die positive Intention der bayerischen Regierung, die hinter der 10H-Regelung steckt, wonach der Abstand von Windrädern zur nächsten Wohnbebauung mindestens das Zehnfach der jeweiligen Anlage betragen muss. Über eines Abstands von 10H könne man mit Privilegierung bauen, unterhalb geht auch, aber nur, wenn die Gemeinde bzw. die Bürger vor Ort zustimmen. 

Ein kleines Präsent für die Ministerin übergab Jens Machold als Hausherr.

Manfred Russer erklärte nun als Chef des Planungsverbands das Windkraft-Konzept im Landkreis. „Wir haben uns relativ früh auf den Weg gemacht“, erinnerte er. Schon im Jahr 2011 habe es erste Gespräch gegeben und man sei sich einig gewesen: „Wir wollen eine landkreisweite Windkraft-Planung.“ Und zwar eine so genannte Positiv-Planung. Das bedeutet: Es sollten die Flächen ausgewiesen werden, in denen Windkraft-Anlagen möglich sind. Alle 19 Gemeinden des Landkreises beteiligten sich und sind im Planungsverband dabei, der dann im Sommer 2013 gegründet wurde. 

Von Oktober 2013 bis Januar 2014 wurde ein Vorentwurf ausgearbeitet und man konnte ins Planungsverfahren einsteigen, führte Russer aus. Es seien dann 136 Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange und Bürgern eingegangen. Die wurden im Oktober vergangenen Jahres im Rahmen einer Abwägung in die Überlegungen einbezogen und der Entwurf wurde diesbezüglich leicht überarbeitet.

In einer Woche, ab 9. März, startet  nun laut Russer die erneute Auslegung der Windkraft-Planung – und wenn dann alles durchgeht, ist im Idealfall das Konzept erst einmal fertig. Am Ende zeigt der Plan, wie gesagt, exakt die Flächen auf, in denen Windkraft-Anlagen im Landkreis möglich sind. Das sind nach derzeitigem Stand insgesamt rund 2200 Hektar, was nach den Worten von Russer rund drei Prozent der Landkreis-Fläche entspricht.  

Der Nächste, bitte! Nun durfte Landrat Martin Wolf seinen Landkreis – und damit ja auch sich selbst – loben: „Wir denken dass wir mit dieser Planung zur Spitze gehören.“ Und dann lobte er die CSU-Regierung: „Wir können sagen, dass die gesetzlichen Regelungen passen.“ Die Positiv-Planung des Landkreises sei ein Konzept, mit dem man die 10H-Regelung „wunderbar austarieren“ könne. „Besser könnten wir in der Frage nicht stehen.“ Wenn alle derzeit geplanten Windräder im Landkreis realisiert sind, werde man inklusive der bereits stehenden insgesamt zehn Anlagen haben, erklärte Wolf weiter und prognostizierte: „Wir könnten auf 20 bis 25 kommen.“

Energienutzungspläne bezeichnete Wolf als „sehr geeignetes Hilfsmittel“ auf dem Weg zur Energiewende. Auch hier sind alle 19 Gemeinden beteiligt: 17 Kommunen haben einen so genannten Energienutzungs- und zwei einen Klimaschutzplan. Im Landratsamt wurden diese Daten – auch das war nicht neu – zusammengefasst. Wolf überreichte der Ministerin einen brandaktuellen „Probevordruck“ dieser „Energiebilanz“ für den Landkreis. 

Darin steht zum Beispiel, dass der Landkreis rechnerisch gesehen bis zum Jahr 2030 die Chance hat, 170 Prozent seines Strombedarfs auf regenerative Weise zu gewinnen. Bei der Wärme wird es schwieriger. Hier wird man laut Wolf bis zum Jahr 2030 nicht über 50 Prozent hinauskommen, die aus regenerativen Quellen erzeugt werden können.

Nun kam der Wolnzacher Landtagsabgeordnete Karl Straub zu Wort. Der lobte Aigner für ihren gestrigen Auftritt in der Talk-Show von Günther Jauch, in der es um den eingeführten Mindestlohn ging. Die CSU wehrt sich gegen umfassende Kontrollen zur Einhaltung und die damit verbundene akribische Aufzeichnungspflicht: „Ich finde, der Geist mit den ganzen Kontrollen spricht einen Generalverdacht gegen alle Arbeitgeber aus. Und das halte ich für eine falsche Botschaft“, hatte Aigner unter anderem gesagt. Und Straub jubelte angesichts dieser und weiterer klaren Worte: „Ich war so stolz auf meine Wirtschaftsministerin.“

Jetzt war erst einmal alles gesagt. Damit konnte beziehungsweise sollte das eigentliche Pressegespräch beginnen. Was die Ministerin denn von der vorgestellten Windkraft-Planung im Landkreis halte, wollte ein Journalist wissen. Sie zeige, „dass man mit den Bürgern zusammen Lösungen finden kann“, befand Aigner.  Es sei „sehr gut, wie das hier gemacht worden ist und gemacht wird“, lobte sie. Und dann war – nach mehren entsprechenden Hinweisen – spätestens klar: Die Ministerin muss wieder los, weiter zum nächsten Auftritt. Denn die oberbayerische CSU hatte am Abend noch ein Treffen in Wolnzach. Deshalb ja auch das „Pressegespräch“ hier, wenn die stellvertretende Ministerpräsidentin schon mal vor Ort ist. 

Unterm Strich geriet dieser explizit als Pressegespräch titulierte Termin im Wolnzacher Rathaus eher zu einer PR-Veranstaltung der CSU: Erst priesen sich alle gegenseitig – und nach diesen Lobes-Hymnen war praktisch keine Zeit mehr für Fragen der Medienvertreter. In der Einladung an die Journalisten hatte es noch geheißen: „Nach einer kurzen Vorstellung zum momentanen Stand der Windkraft-Planung im Landkreis Pfaffenhofen stehen Frau Staatsministerin Ilse Aigner und alle Beteiligten für Ihre Fragen zur Verfügung.“


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