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Seit bekannt geworden ist, dass in dem 830 Einwohner zählenden Ortsteil von Reichertshofen 130 Asylbewerber untergebracht werden sollen, ist einiges in Bewegung geraten 

Von Tobias Zell

Die Pläne zur Schaffung einer großen Gemeinschafts-Unterkunft für Asylbewerber in Winden am Aign sorgen bei den Bürgern in dem Reichertshofener Ortsteil weiterhin für Aufregung, Bedenken, Besorgnis und teilweise Angst. Wie berichtet, steht der Eigentümer des ehemaligen Pensions-Gasthauses Däuber in konkreten Verhandlungen mit der Regierung von Oberbayern. Eine beantragte Nutzungsänderung, über die der Bauausschuss am Dienstag zu befinden hat, sieht die Unterbringung von 131 Flüchtlingen vor. Und genau an dieser Dimension scheiden sich die Geister – denn Winden hat nur 827 Einwohner. 

Deshalb ist seit Bekanntwerden der Pläne einiges in Bewegung geraten. Eine Online-Petition unter dem Titel „Keine 125 Asylbewerber in 85084 Winden am Aign“ hat inzwischen rund 530 Unterzeichner gefunden. Außerdem wurden gestern Abend dem Wolnzacher Landtagsabgeordneten Karl Straub (CSU) bei einem Treffen vor Ort eine Petition an den bayerischen Landtag und eine Eingabe an die Regierung von Oberbayern überreicht. Die Absender wollen erreichen, dass die Zahl der Asylbewerber, die in dem ehemaligen Gasthaus untergebracht werden sollen, auf zirka 50 und damit deutlich verringert wird. 

Doch es ist noch mehr passiert: Für Dienstag, 17.30 Uhr, also vor der Sitzung des Reichertshofener Bauausschusses, die um 18.30 Uhr beginnt, wurde beim Landratsamt eine Demonstration vor dem Rathaus angemeldet. Die wendet sich nach Angaben der Kreisbehörde gegen die beantragte Nutzungsänderung des Gebäudes und zugleich gegen die Unterbringung von so vielen Flüchtlingen. Und im Rathaus von Reichertshofen hat man inzwischen die Rechtslage sondiert und ist auf ein Urteil gestoßen, auf dessen Basis man glaubt, der Nutzungsänderung das gemeindliche Einvernehmen verweigern zu können.

„125 Asylbewerber sind zuviel für unseren kleinen Ort! Denkt an unsere Kinder!“, stand auf einem Schild, das vor dem Gebäude aufgestellt worden war, aber inzwischen dort wieder entfernt wurde.

Landrat Martin Wolf (CSU) hatte als Vertreter der Genehmigungsbehörde bereits erklärt, dass aktuell vieles darauf hindeutet, dass die Gemeinschafts-Unterkunft kommen wird. Er weiß aber auch, dass eine Aufnahme von so vielen Flüchtlingen eine „Sonderbelastung“ für den kleinen Ort wäre. Deshalb wolle sich der Landkreis bei der Bezirksregierung dafür einsetzen, „dass wir uns der Zahl 100 nähern“. Statt der 131. Doch auch 100 Flüchtlinge wären noch eine vergleichsweise hohe Zahl – das entspräche immerhin zwölf Prozent der aktuellen Einwohnerzahl. Da befürchtet mancher nicht nur ganz alltägliche Schwierigkeiten, zumal in einem kleinen Ort ohne Geschäfte. Aber es gibt auch Bedenken, dass angesichts einer solch hohen Zahl die Integration extrem schwierig werden könnte. 

80 bis 100 Leute waren gestern Abend zu dem Treffen gekommen, zu dem von einigen Bürgern, die als Initiatoren gelten, per Mundpropaganda ins Windener DJK-Vereinsheim geladen worden war. Mit dabei: MdL Karl Straub und Bürgermeister Michael Franken. „Es wird von mir durchaus begrüßt, dass sich die Bürger zu Wort melden“, stellt der Rathauschef im Gespräch mit unserer Zeitung klar und spricht von einer „konstruktiven Veranstaltung“.  Er selbst kann indes berichten, dass die Regierung von Oberbayern ihm vor einigen Tagen angedeutet habe, dass sie die im Raum stehende Belegungszahl von rund 130 Personen wohl nicht ausschöpfen werde. Auch beim Bezirk hat man offenbar erkannt, dass das unverhältnismäßig wäre. 

Der Landtagsabgeordnete Karl Straub hat Verständnis für die Bedenken der Windener Bürger, wie er gegenüber unserer Zeitung betont. Angesichts von gut 800 Einwohnern sei die Unterbringung von 130 Flüchtlingen „wahnsinnig kritisch“, findet auch er, der sich tagtäglich mit Asyl-Themen befasst. Es solle ja eine Willkommens-Kultur herrschen und Integration gelebt werden – aber das sei bei diesen Zahlenverhältnissen schwierig, räumt Straub ein. Deshalb will er sich in München dafür einsetzen, dass die Zahl der Flüchtlinge, die in der früheren Pension einziehen sollen, „erheblich reduziert“ wird. Eine Zahl will er hier nicht nennen, unterstreicht aber: Es sollten „sehr, sehr deutlich weniger werden“ als die beantragten 131 Plätze 

 

Rund 530 Leute hatten bis heute Abend die Online-Petition unterzeichnet.

Er habe in dieser Sache auch bereits einen Brief an die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) geschickt, sagte Straub heute. Und als Mitglied im Petitionsausschuss des Landtags wolle er dafür sorgen, dass die ihm gestern übergebene Eingabe schnellstmöglich auf die Tagesordnung kommt. Für die nächste Sitzung am 25. März werde es wohl nicht mehr klappen, weil noch einige Punkte zu klären und Gespräche nötig seien. Aber man könne davon ausgehen, dass sich das Gremium am 15. April mit dem Fall Winden/Aign befassen wird.

Straub betont zudem, dass es den Windener Bürgern einzig um die Reduzierung der Zahl der in ihrem Ort unterzubringenden Asylbewerber geht. „Das sind keine Vorbehalte gegen die Flüchtlinge, sondern gegen diese hohe Anzahl“, sagt er und hebt auch lobend hervor, dass ihm auch bereits ehrenamtliches Engagement zur Betreuung dieser Menschen signalisiert worden sei. 

Im Reichertshofener Rathaus läuft laut Bürgermeister Franken indes die Vorprüfung der vom Gebäude-Eigentümer beantragten Nutzungsänderung, die die Unterbringung von 130 Asylbewerbern in dem Komplex an der Hauptstraße ermöglichen würde. Zwar entscheidet über baurechtliche Fragen letztlich ja das Landratsamt – aber wenn eine Kommune mit gutem Grund das Einvernehmen verweigert, ist das freilich ein durchaus gewichtiges Signal an die Kreisbehörde. 

Jedenfalls hat man sich in der Gemeindeverwaltung den Fall genauestens angeschaut – und ist, so Franken, auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin aus dem Jahr 1987 gestoßen. Da sei mit Verweis auf Paragraf 15 der Baunutzungsverordnung das „Gebot der Rücksichtnahme“ ins Feld geführt worden. Und genau darauf hofft man sich nun auch für Winden berufen zu können, um das gemeindliche Einvernehmen auf fundierter Grundlage zu verweigern.

Wenn es nach einer beantragten Nutzungsänderung geht, sollen hier rund 130 Asylbewerber untergebracht werden.

In dem im Rathaus recherchierten Fall ging es um die Nutzungsänderung für ein Altenheim in einem allgemeinen Wohngebiet mit 39 Plätzen, das in eine Unterkunft für 71 Asylbewerber umgewandelt werden sollte. Das OVG erklärte die Baugenehmigung damals für unzulässig, zitiert Franken aus dem Urteil: Das Gericht habe die „Grenze der Gebietsverträglichkeit“ durch die Erweiterung der Belegungskapazität von 39 auf 71 Plätze als überschritten erachtet – 39 Plätze für Asylbewerber wären demnach zulässig gewesen.

Das wird sicher alles noch einmal detailliert erklärt und besprochen, wenn am Dienstag ab 18.30 Uhr der Bauausschuss zusammentritt, um dann unter Tagesordnungspunkt 2.6 über den „Antrag auf Nutzungsänderung und Umbau eines Fremdenheimes zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Winden am Aign“ zu diskutieren und zu befinden. Wie berichtet, diente das ehemalige Gasthaus Däuber in früheren Jahren schon einmal als Erstaufnahme-Einrichtung für Russland-Deutsche. 

„Wir rechnen mit einem ruhigen Verlauf der Sitzung“, sagt Bürgermeister Franken mit Blick auf kommenden Dienstag. Er gehe auch nicht davon aus, dass die vorher geplante Demonstration aus dem Ruder läuft. Die Initiatoren seien sogar ausdrücklich darauf hingewiesen worden, die Kundgebung beim Landratsamt anzuzeigen, damit es dann keine bösen Überraschungen gibt. Im Sitzungssaal seien aus Sicherheitsgründen maximal 40 Zuhörer möglich – 25 Sitzplätze und 15 Stehplätze, mehr könne man nicht verantworten, so Franken. Damit auch hier alles in geordneten Bahnen verläuft, habe man auch bereits einen Sicherheitsdienst bestellt, sagt Franken.

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