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Nürnbergs OB Ulrich Maly (SPD), der Vorsitzende des bayerischen Städtetags, betonte heute in Pfaffenhofen: Ein so komplexes Vorhaben wie die Energiewende hat Risiken und Nebenwirkungen – das müsse man sich eingestehen.

(ty) „Die Energiewende ist nicht ohne Zumutungen zu realisieren“, betonte der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) in seiner Funktion als Vorsitzender des bayerischen Städtetags bei einer Pressekonferenz heute Pfaffenhofen. Man müsse sich eingestehen, dass ein so komplexes Vorhaben wie die Energiewende „Risiken und Nebenwirkungen“ habe, sagte Maly. Und es könne nicht sein, dass ein so modernes Gaskraftwerk wie das in Irsching „aufgrund von Marktfehlern“ vom Netz gehe. Die oberbayerische Bezirksversammlung des bayerischen Städtetags tagte heute in der Kreisstadt. Von den 93 Mitgliedern waren rund 50 gekommen. Im Anschluss äußerte sich Maly auf einer Pressekonferenz.

"Jede der im Energiedialog diskutierten Varianten ist mit Zumutungen verbunden“, stellte Maly, der auch Präsident des Deutschen Städtetages ist, klar: „Windräder sind nicht schön, Photovoltaikanlagen sind nicht schön und Stromtrassen sind auch nicht schön“, sagte er. Doch selbst, wenn keine Stromautobahn komme, müssten die Verteilnetze ausgebaut werden. „Es wird keine Energiewende ohne Leitungen geben.“ Denn ohne Leitungsnetz lasse sich eine dezentrale Versorgung auch mit regenerativen Energien nicht realisieren. „So muss auch von einem Gaskraftwerk der Strom über Leitungen zu den Verbrauchern fließen. Und das Gaskraftwerk muss wiederum an das Gasnetz angeschlossen sein, diese Gasleitung muss auch erst einmal verlegt werden."

Beim Energiedialog der bayerischen Wirtschaftsministerin llse Aigner (CSU) seien die unterschiedlichen Problemlagen und Interessen nochmals vor Augen geführt worden, erinnerte Maly und stellte klar: "Bund, Land, Kommunen, Vertreter aus Wirtschaft, Naturschutz, Bürgerinitiativen und Gesellschaft – alle müssen sich eingestehen: Die Energiewende hat Risiken und Nebenwirkungen. Ein so komplexes Vorhaben wie die Energiewende ist nicht ohne Zumutungen zu realisieren."

Die Energiewende brauche klare „Eckpunkte, um eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten“, betonte Maly – „umweltverträglich und bezahlbar“. Am Ende des Dialogprozesses muss nach Ansicht des bayerischen Städtetags ein verlässliches ,,bayerisches Energieprogramm" stehen: Darin müssten die Umsetzungsziele konkret festgelegt, der Weg zur Energiewende in Bayern klar beschrieben und die Rahmenbedingungen verbindlich definiert sein. Es genüge nicht, die Energiewende allein den Kräften des Marktes zu überlassen. „Die Kommunalpolitik und die Stadtwerke in Bayern benötigten klare Orientierungspunkte“, heißt es in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung des bayerischen Städtetags. Es müsse nun ein Schlussstrich unter die „verwirrende Situation nach den Debatten um den Bau von Windkraftanlagen (10H-Regelung) und mögliche Stromtrassen“ gesetzt werden.

In Bayerns politischer Formelsammlung stehe als neueste Erkenntnis die Aignersche Stromtrassen-Formel „Zwei minus X“, sagt Maly. Die Diskussion sollte sich seiner Ansicht nach aber nicht zu stark verengen auf die Frage: Stromtrassen oder Gaskraftwerke? Politik könne die Gesetze der Physik nicht aushebeln. Klar sei: Die Stromlücke des Jahres 2023 müsse geschlossen werden – dies geschehe über neue Kraftwerke, die sich allerdings rechnen müssten, und über ein leistungsfähiges Stromnetz.

„Auch nach Fertigstellung der so genannten Thüringer Strombrücke bleibt in Bayern eine Stromlücke“, weiß Maly. „Die Stadtwerke in Bayern werden dazu gerne mit weiter hohem Engagement im Zubau von erneuerbaren Energien, aber auch mit weiteren Kleinanlagen und neuen Gaskraftwerken beitragen – allerdings fehlen dazu im Moment die sicheren Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene. Die bei der Koalitionsklausur in Berlin diskutierten Maßnahmen bezeichnete Maly als „nicht ausreichend". 

Neu seien die derzeit diskutierten Fragen indes keineswegs, erinnert der Chef des bayerischen Städtetags. Spätestens seit dem Atomkonsens des Jahres 2000 seien die Anforderungen der Energiewende bekannt. Im Frühjahr 2011 seien die Beteiligten nach der Katastrophe von Fukushima zunächst dynamisch zur Sache gegangen. Ein breiter Konsens von Gesellschaft und Politik habe den Ausstieg aus der Atomkraft getragen. „Inzwischen erhebt sich punktuell Widerstand gegen einzelne Bestandteile aus einem Bündel, das die Energiewende im Gesamten ausmacht“: Protestaktionen gegen Stromtrassen in betroffenen Regionen, Widerstand gegen Windräder an vielen Standorten, Bedenken gegen die Effizienz von Sonnenenergie, Kritik an einzelnen Plänen zu Pumpspeicher-Kraftwerken, Widerstand gegen den Ausbau der Wasserkraft, Ablehnung von Biomassekraftwerken wegen ,Vermaisung' der Landschaft. Maly stellt dazu fest: „Je mehr Einwände gegen einzelne Möglichkeiten der regenerativen Energieerzeugung kommen, desto schwerer ist die Energiewende zu meistern.“ Deshalb lautet sein Appell: „Über all den Auseinandersetzungen müssen wir die Energiewende als Chance begreifen und die unvermeidlichen Zumutungen gemeinsam vertreten."

Der bayerische Städtetag ist der Verband der zentralen Orte Bayerns. Er vertritt die Städte und Gemeinden mit zentralörtlichen Funktionen. Zu seinen Mitgliedern zählen die 25 kreisfreien Städte, die 29 Großen Kreisstädte und über 200 weitere kreisangehörige Städte und Gemeinden mit insgesamt 6,9 Millionen Einwohnern. Der bayerische Städtetag wurde 1896 in München gegründet und ist der älteste kommunale Spitzenverband im Freistaat.

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