Heute wurde bei den Pfaffenhofener Stadtwerken der Mietvertrag unterzeichnet, im September soll der Unterricht beginnen – Landkreis will dem Fachkräfte-Mangel entgegentreten
(ty/zel) Die Vorbereitungen für die Gründung einer Berufsfachschule für Altenpflegehilfe im Landkreis Pfaffenhofen laufen auf Hochtouren. Heute wurde der Mietvertrag unterschrieben: Die Einrichtung, die im September ihren Betrieb aufnehmen soll, kommt im neuen Gebäudekomplex der Pfaffenhofener Stadtwerke in der Michael-Weingartner-Straße unter. Bislang liegen zwölf Anmeldungen vor – damit könnte sogar gestartet werden, wenngleich man hofft, dass sich noch weitere Interessenten einschreiben.
In Trägerschaft der „gemeinnützigen Gesellschaft für soziale Dienste/DAAmbH“ soll zum Beginn des Schuljahrs 2015/16 die Berufsfachschule für Altenpflegehilfe im zweiten Obergeschoss der Stadtwerke-Zentrale den Betrieb aufnehmen. Das teilte Landrat Martin Wolf (CSU) heute bei einem Pressegespräch anlässlich der Unterzeichnung des Mietvertrags mit. Wobei nicht Wolf unterschrieben hat, sondern Stadtwerke-Vorstand Stefan Eisenmann auf Vermieter- sowie Silvia Sprehe als Leiterin der Ingolstädter Altenpflegeschule auf der Mieterseite.
Die Neugründung erfolgt in Kooperation mit der bestehenden Schule in Ingolstadt. Die Pfaffenhofener Einrichtung soll jedoch eigenständig agieren, wie heute erklärt wurde. Mit Alicia Kulisch werde es auch eine eigene Schulleiterin geben. Pfaffenhofen wäre für die gemeinnützige Gesellschaft der zwölfte Schul-Standort in Bayern, erklärte Sprehe.
„Ich freue mich sehr, dass die Gespräche mit den Altenpflegeschulen in Ingolstadt, mit Staatssekretär Georg Eisenreich vom bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst und der Regierung von Oberbayern nun zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen sind“, sagte Landrat Wolf. Mit der „gemeinnützigen Gesellschaft für soziale Dienste/DAAmbH“ sei es gelungen, einen erfahrenen und kompetenten Träger für die neue Schule zu gewinnen. Die Räume der Stadtwerke böten ideale Voraussetzungen, so Wolf, sie seien außerdem mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. „Wir werben nun bei allen Interessenten dafür, dieses Angebot und die sich dadurch bietende Chance auf Qualifizierung anzunehmen, und wünschen der Schule viel Erfolg.“
Mietvertrag ist unterschrieben: Stadtwerke-Chef Stefan Eisenmann und Silvia Sprehe schwingen den Kuli, Landrat Martin Wolf (hinte, links) und Bürgermeister Thomas Herker schauen wohlwollend zu.
Sie freue sich darauf, im Kreis Pfaffenhofen ein attraktives Qualifizierungsangebot aufzubauen, sagte Sprehe. „Wir werden nun kräftig die Werbetrommel rühren und sind zuversichtlich, im September vorbehaltlich der Genehmigung durch die Regierung von Oberbayern zu starten.“ Die Regelvorgabe des Kultusministeriums sehe eine Mindest-Klassenstärke von 16 Leuten vor. Allerdings könne man ab zwölf Leuten Schülern starten, wenn von der Regierung die Bildung einer so genannten Minderklasse genehmigt werde. Es sieht also gut aus für den Start im September. Zum einen geht man davon aus, dass man die Genehmigung für eine Minderklasse bekommen würde – das sich daraus ergebende Defizit müsste allerdings der Landkreis tragen. Zum anderen sind sowohl Wolf als auch Sprehe sehr zuversichtlich, dass bis zum tatsächlichen Schuljahresbeginn mindestens 16 Anmeldungen vorliegen.
Durch die Trägerschaft der gemeinnützigen Gesellschaft könne nach der staatlichen Anerkennung – in zwei Jahren – eine staatliche Bezuschussung der Schule von 79 Prozent der Kosten erfolgen, wie heute noch einmal betont wurde. Die restlichen Kosten würden über den so genannten Pflegebonus vom Freistaat Bayern übernommen. Die Ingolstädter Schule gehe von einem jährlichen Budget von zirka 100 000 Euro aus. Zum Vergleich: Bei kommunaler Trägerschaft wäre lediglich eine Förderung in Höhe von 50 Prozent möglich.
Die ersten zwei Jahre – bis zur staatlichen Anerkennung – müssen allerdings ohne staatliche Fördermittel bestritten werden. Der Landkreis unterstützt die Schule aber, in dem er in diesen beiden Jahren – wie vom Kreistag bereits beschlossen – die Mietkosten komplett übernimmt. Außerdem garantiert der Landkreis dem Träger den genannten Defizit-Ausgleich, falls sich weniger als 16 Schüler anmelden. Denn weniger Schüler bedeuten weniger Fördergelder für den Träger – und diese finanzielle Lücke schließt der Kreis.
Starten will man jedenfalls, selbst wenn es bei den aktuell zwölf Anmeldungen bleibt. „Es ist auch begrüßenswert, wenn zwölf Altenpflegeschüler zum Abschluss geführt werden können. Jeder Absolvent mindert den Bedarf an Pflegekräften“, begründet der Landrat dieses mögliche finanzielle Zusatz-Engagement des Kreises. Denn man verspricht sich durch die neue Schule eine Verringerung des Fachkräfte-Mangels im Pflegebereich sowie in der Folge eine Verbesserung der Pflegesituation in den Sozialstationen und elf Pflegeheimen .
Der Raumbedarf für die Schule wird mit 300 bis 350 Quadratmetern angegeben. Im zweiten Stock der Stadtwerke-Zentrale ist Platz genug. Der Mietvertrag wurde auf fünf Jahre geschlossen – es gibt allerdings laut Wolf eine Ausstiegsklausel. Allerdings sei auch denkbar, dass – falls die Schule doch nicht starten kann – das Landratsamt die Räume als Ausweichbüros nutzt, wenn im Rahmen der Generalsanierung des Landratsamts das Hauptgebäude nur teilweise genutzt werden kann.
Gute Aussichten – nicht nur aus den künftigen Schulräumen, sondern auch für den Start der Schule im September.
Von den derzeit in Ingolstadt eingeschriebenen 140 Pflegeschülern – verteilt auf drei Jahrgänge – kommen den Angaben zufolge 25 aus dem Landkreis Pfaffenhofen, so Sprehe. Aus dieser Zahl leitet man auch einen gewissen Bedarf für die neue Schule ab, die man laut Wolf bewusst im Süden des Landkreises angesiedelt hat. Denn: „Ein Standort im Norden des Landkreises ist wegen der Nähe zu Ingolstadt zur Gewinnung von zusätzlichen Bewerbern nicht zielführend.“
Es wird davon ausgegangen, dass durch eine wohnortnahe Schule mehr Interessenten gewonnen werden können. Mit der einjährigen Ausbildung zur staatlich genehmigten Pflegefachhelferin (oder zum Pflegefachhelfer) für Altenpflege will der Landkreis nach den Worten von Wolf so genannten Berufsrückkehrerinnen ein zukunftsträchtiges Ausbildungsangebot machen. Bei Interesse könne nach dem einjährigen Abschluss in Pfaffenhofen dann die qualifizierte Ausbildung zur Altenpflegerin mit weiteren zwei Jahren in Angriff genommen werden.
Für die qualifizierte Altenpflege gelten als Grundvoraussetzung ein Realschulabschluss oder ein Hauptschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung. Für den Helferkreis genügen indes der Abschluss einer Haupt- oder Mittelschule sowie ein Mindestalter von 16 Jahren. „Sowohl Arbeitsagentur wie auch Jobcenter haben signalisiert, dass unter den Arbeitsuchenden Interessenten für den Pflegeberuf vorhanden sind; insbesondere Personen mit Migrationshintergrund ergreifen gerne einen Pflegeberuf“, heißt es aus dem Landratsamt.
Aktuell ist jeder fünfte Einwohner im Landkreis 60 Jahre oder älter – das sind rund 23 000 Menschen. In 20 Jahren werden es aufgrund des demografischen Wandels bereits um die 39 000 Menschen im Kreis Pfaffenhofen sein, die mindestens 60 Jahre alt sind. Mit dem Älterwerden der Bevölkerung steigen auch die erforderlichen Dienstleistungen – sei es ambulante oder stationäre Pflege. Derzeit leben in den elf Alten- und Pflegeheimen im Landkreis rund 900 Senioren. Und da es in der Zukunft immer mehr ältere Menschen geben wird, steigt auch der Bedarf an Pflegekräften.
Vor diesem Hintergrund will der Landkreis mit der Schulgründung dem drohenden beziehungsweise teilweise ja bereits herrschenden Fachkräfte-Mangel auf diesem Sektor entgegentreten. Damit wird zugleich eine Empfehlung des „seniorenpolitischen Gesamtkonzepts“ des Landkreises umgesetzt: „Verstärkte Ausbildungsinitiativen für den Pflegeberuf, um den künftig steigenden Bedarf Rechnung zu tragen sowie Fort- und Weiterbildung von Pflegepersonal für Personen mit hohem Unterstützungs- und Betreuungsbedarf.“
Mit dem Ziel, eine wohnortnahe Ausbildung von Pflegekräften im Landkreis zu ermöglichen, seien zahlreiche Gespräche geführt worden, berichtet Wolf. Die Pflegeheime begrüßten demnach die Maßnahmen zur verstärkten Gewinnung von Nachwuchspflegekräften und bekundeten zugleich ihre Bereitschaft, auch vermehrt Ausbildungsstellen zu schaffen. Und die Altenpflegeschulen der Umgebung – Ingolstadt, Eichstätt, Neuburg und Dachau – hätten sich grundsätzlich kooperationsbereit gezeigt. Letztlich wurde nun mit der Berufsfachschule für Altenpflege in Ingolstadt ein Konzept entwickelt, das auch mit dem Kultusministerium abgestimmt ist.
Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker (SPD) sieht in dem neuen Schulangebot eine „Chance, die mehr als nötig war“, und dankte dem Landrat für dessen Engagement. Zwar geht Herker davon aus, dass die Stadtwerke die jetzt vermieteten Flächen mittelfristig selbst benötigen werden. Doch erst einmal ist die Raumfrage für die neue Schule geklärt. Zumal sich die Stadtwerke ein Drittel des Stockwerks noch als eigene Reserveflächen vorbehalten, wie Eisenmann sagte.
Die ein Schuljahr dauernde Ausbildung an der neuen Schule für Altenpflegehilfe in Pfaffenhofen umfasst laut Sprehe 20 Wochen Schulunterricht, die restliche Zeit werde vor Ort praktisch gearbeitet. Der Unterricht findet montags bis donnerstags jeweils von 8.15 bis 15 Uhr statt sowie freitags bis 13.15 Uhr.
Interessenten können sich unter der kostenlosen Telefonnummer 08 00 10 20 58 0 oder im Internet unter www.ggsd.de informieren, anmelden oder näher beraten lassen.