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Kontroverse Debatte, denkbar knappes Votum: Warum die Fassade des Pfaffenhofener Landratsamts nicht begrünt wird

Von Tobias Zell

Ausführlich und kontrovers war monatelang darüber diskutiert worden, wie die Fassade des Pfaffenhofener Landratsamt-Hauptgebäudes zum Hauptplatz hin gestaltet werden soll. Es ging um die Anordnung der Fenster, um die Frage nach einem zusätzlichen Stockwerk, um Glas-Elemente und Vordach-Ausmaße – und nicht zuletzt immer wieder um Farbe und Beschaffenheit der Hauswand. Es gab bekanntlich sogar so genannte Bürgerbeteiligungs-Veranstaltungen, und auch die Mitarbeiter des Landratsamts durften sich zu Wort melden. 

Heute Nachmittag nun hatte der Bau- und Vergabe-Ausschuss des Kreistags in seiner mit Spannung erwarteten Sitzung endgültig über die künftige Fassaden-Gestaltung zu entscheiden. Das Gremium tat dies nach einer ebenso ausführlichen wie kontroversen Debatte, wie auch im Vorfeld über das Thema diskutiert worden war. Und entschied sich letztlich mit der knappsten aller möglichen Mehrheiten gegen die Variante der teilweisen Begrünung und damit für eine schlichte Putz-Fassade. 

Nach zuletzt drei Varianten – Putzfassade, Naturstein-Fassade oder eine der beiden Möglichkeiten in Kombination mit teilweiser Begrünung – standen heute nur mehr zwei zur Debatte. Denn sowohl die Bürgerbeteiligung als auch die Meinung der Fachleute hatten ergeben, dass die Naturstein-Version offenbar kaum Anhänger hat. Dafür wurden in die heute vorgelegten Entwürfe die Änderungen eingearbeitet, für die sich Zustimmung abgezeichnet hatte – und zwar unabhängig von der Frage nach der Begrünung. Die wichtigsten Punkte: Das Fensterband oben rechts zieht sich um die Ecke. Der verglaste Eingangsbereich samt Vordach unten links verläuft ebenfalls ums Eck. Die Fenster werden paarweise gruppiert. Und eine moderne, verglaste Brücke soll künftig das Hauptgebäude mit dem Rentamt verbinden – der bisherige Zwischenbau kommt weg. 

Somit ging es heute also tatsächlich nur mehr um die Frage: Putzfassade pur oder mit teilweiser Begrünung? Die Kosten für die vertikale Bepflanzung – angedacht waren rund 125 Quadratmeter – wurden auf einmalig rund 150 000 Euro beziffert; zuzüglich des jährlichen Unterhalts in einer Größenordnung um 8000 Euro. 

Der Entwurf der teilweisen Fassaden-Begrünung, der heute keine Mehrheit fand.

Die Debatte wurde eröffnet von Landrat Martin Wolf (CSU), der bekanntlich von Beginn an die Begrünung favorisiert hatte. Er warb ungewohnt eindringlich für seinen Standpunkt, sprach von einem „geistigen Brückenschlag zur Landesgartenschau“, die bekanntlich 2017 in Pfaffenhofen stattfindet, und betonte, man könne hier „Mut beweisen“, wenn man sich eines vergleichsweise neuen Gestaltungselements bediene. Den zu erwartenden Pflege-Aufwand relativierte er, indem er darauf hinwies, dass man um das Landratsamt herum keinen einzigen Quadratmeter Grün habe.

Auch Reinhard Haiplik (ÖDP) hielt ein flammendes Plädoyer für die Begrünung. Er sehe hier eine Hoffnung, dass der „Schandfleck“ – damit meinte er die Fassade des Behördenbaus – ein wenig verschwinde. Die Vokabel „Schandfleck“ bekomme er immer wieder zu hören, wenn er Stadtführungen abhalte – und er selbst sei, daraus machte er keinen Hehl, nicht weit von dieser Einschätzung entfernt. Am Hauptplatz gebe es ohnehin zu wenig Grün, so Haiplik. Mit der Fassaden-Begrünung könne man „Vorreiter“ sein und „ein Signal setzen“ – nicht zuletzt mit Blick auf die Gartenschau. „Freilich braucht man dazu Pioniergeist.“

Hans Prechter (CSU), der Altbürgermeister von Pfaffenhofen, lobte die mutigen Worte von Haiplik und schloss sich dessen Meinung an. Anfangs sei er nicht so begeistert gewesen von der Idee der Begrünung, räumte Prechter ein. Doch nun habe man das richtige Verhältnis gefunden, und auch die Pflege würde man im Griff haben. Sein Fazit: Das wäre „zukunftsorientiert, mutig und modern.“

Markus Käser (SPD) sprach von einer „annehmbaren Lösung“ und fand, die Begrünung „kann nicht schaden“. Hässlicher könne die Fassade ohnehin nicht werden, meinte er und signalisierte klare Zustimmung für die Begrünung. 

Josef Schäch (FDP), früherer Landrat und ehemaliger Bürgermeister von Wolnzach, hat dagegen „erhebliche Probleme mit der grünen Fassade“. Den von Haiplik heraufbeschworenen Pioniergeist vertrieb er mit einem nüchternen Blick auf die Kosten. Außerdem sei für ihn die Teil-Begrünung nicht mehr als ein Kaschieren der Fassade. Und das finde er überhaupt nicht für nötig und damit könne er auch nicht leben. Die Gestaltung nur mit Putz und Doppelfenstern „passt 100-prozentig in die Zeit“ und sei obendrein zeitlos, meinte er. Die Begrünung sei außerdem „nicht vertretbar“, weil sie gegenüber dem Rentamt zu dominant wirke. Schächs Appell: „Verabschieden Sie sich von irgendeiner Kosmetik – auch wenn es Naturkosmetik ist – und nehmen Sie das an, was uns die Baukultur anbietet.“ Später ergänzte er: „Gute Architekten haben ganze Epochen geprägt – die anderen sind Bauzeichner.“ 

Josef Schäch (links): „Gute Architekten haben ganze Epochen geprägt – die anderen sind Bauzeichner.“

Der Dritte Landrat Josef Finkenzeller (FW) verwehrte sich gegen die von Haiplik gebrachte Formulierung vom „Schandfleck“ und bejubelte fast schon ein „sehr schönes, elegantes und zeitloses Gebäude“. Die technische Umsetzung der Begrünung ist aus seiner Sicht „noch nicht ausgegoren“, außerdem sehr aufwändig und obendrein teuer. Zudem befürchtet er Ungeziefer. „Ich warne vor solchen Experimenten“, lautete sein Fazit. Die Begrünung würde sich als Fehler herausstellen, prophezeite er. 

„Nicht jeder Schmetterling ist Ungeziefer“, entgegnete Alois Brummer (CSU). Er sei „schon eher für Grün“ – wenngleich ihm dessen Ausmaß und die Kosten gerne niedriger ausfallen dürften, wie er sinngemäß ausführte. 

Martin Seitz (CSU), Bürgermeister von Gerolsbach, formulierte es kurz und knapp: „Ich bin für Putz.“ So gebe man dem Gebäude eine „schlichte, einfach und vernünftige Struktur.“ Anstatt die Fassade zu begrünen schlug er vor, lieber eine Alle vor dem Gebäude zu pflanzen.

Kerstin Schnapp, die Kreisvorsitzende der Grünen, sah das freilich anders. Die Begrünung sehe sie nicht als Kaschieren, sagte sie an die Adresse von Schäch. Ihrer Meinung nach sollte ein Landratsamt lebendig sein und nicht „wie ein Leitz-Ordner“ nach außen wirken. Zudem attestierte sie der Begrünung eine dämmende Wirkung und wies darauf hin, dass die Bürgerbeteiligung viel Sympathie für diese Variante ergeben habe. Und was die Kosten angehe: Auch eine Putz-Fassade müsse immer wieder gestrichen werden. 

Reinhard Haiplik (links): Flammendes Plädoyer, nicht von Erfolg gekrönt.

Erika Görlitz (CSU) räumte ein, viele gute Argumente für die Begrünung zur „Aufwertung der Steinwüste“ gehört zu haben – schloss sich aber dennoch der Sichtweise von Schäch an. Sie sprach von einem wunderschönen, schlichten Gebäude, auf das man stolz sein könne. Bezüglich der Technik hinter der vertikalen Begrünung zeigte sie sich skeptisch; da seien „noch viele Fragen offen“. Sie glaube auch nicht, dass die Bepflanzung zu jeder Jahreszeit ansehnlich wirke. Die Kosten seien sehr hoch. Und überhaupt: „Mir gefällt es nicht.“ Deshalb proklamierte die ehemaligen Staatssekretärin: „Keine Experimente.“ 

Skeptisch gab sich auch Franz Schmuttermayr (CSU), der Grandseigneur der Kommunalpolitik. Technisch könne das mit der vorgelagerten Begrünung vielleicht funktionieren – „aber wie lange halt“. Dennoch hätte er die kleine grüne Lösung mitgetragen. Der heute zur Abstimmung stehende Vorschlag sah ihm aber offensichtlich zu Bepflanzung vor. Deshalb winkte er ab. 

Auch Michael Franken (AUL), der Bürgermeister von Reichertshofen, sprach sich gegen die Begrünung aus. Das sei an dieser Stelle zu dominant, fand er. Eine reine Putz-Fassade füge sich besser in das Gesamt-Ensemble am Hauptplatz ein. 

Bevor es an die Abstimmung ging, wollte Landrat Wolf betont wissen, dass es keinen Fraktionszwang gebe. Es handle sich hier zwar nicht um eine Gewissens-Entscheidung, aber um eine emotionale und Geschmacksfrage. „Wir bekommen auf jeden Fall ein gutes Ergebnis – egal, wie es ausgeht“, gab er sich zuversichtlich. 

Am Ende sah sich das Lager der Begrünungs-Gegner mit 8:7 in der Überzahl. Für die reine Putzfassade stimmten Josef Finkenzeller (FW), Michael Franken (AUL), Josef Schäch (FDP), Martin Braun (FW), Erika Görlitz (CSU), Franz Schmuttermayr (CSU), Martin Seitz (CSU) und Elke Drack (SPD). Für die teilweise Begrünung hatten neben Wolf votiert: Kerstin Schnapp (Grüne), Reinhard Haiplik (ÖDP), Markus Käser (SPD), Alois Brummer (CSU), Hans Prechter (CSU) und Martin Lachermeier (CSU).


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