Der FC Ingolstadt holt im eigenen Stadion gegen das Star-Ensemble des VfL Wolfsburg ein hochverdientes 0:0 und steht als Aufsteiger nach vier Partien mit bemerkenswerten sieben Punkten da
Von Tobias Zell
Mit der wohl besten Leistung, die Aufsteiger FC Ingolstadt in seiner noch jungen Geschichte in der Fußball-Bundesliga bislang gezeigt hat, holte sich das Team von Trainer Ralph Hasenhüttl heute Nachmittag einen hochverdienten Punkt gegen das Star-Ensemble des VfL Wolfsburg. Vor gut 14 000 Zuschauern stand es am Ende im Audi-Sportpark 0:0 und die Fans feierten diesen wichtigen Zähler gegen einen im Vorfeld übermächtig scheinenden Gegner wie einen Sieg. Zum dritten Mal in vier Spielen blieb der FCI ohne Gegentor.
Die Schanzer kämpften aufopferungsvoll gegen den Vizemeister und amtierenden Pokalsieger, zeigten sich aber auch spielerisch auf der Höhe. Über weite Strecken agierte der Aufsteiger auf Augenhöhe und verdiente sich dieses Unentschieden redlich. Die Wolfsburger fanden kaum ein Rezept gegen die aggressiv und laufstark angreifenden Schanzer und blieben auch spielerisch einiges Schuldig an diesem Nachmittag. Die Ingolstädter dürfen indes einen famosen Start in ihre erste Saison im Fußball-Oberhaus bejubeln: Nach vier Partien stehen sie mit zwei Siegen und einem Unentschieden – bei einer Niederlage gegen Dortmund – deutlich besser da, als man erwarten durfte. In der Tabelle bedeutet das Rang sechs.
Die Ingolstädter legten einmal mehr los wie die Feuerwehr. Sie gingen extrem früh und ebenso entschlossen drauf, erstickten die Wolfsburger Bemühungen, einen gepflegten Spielaufbau zu praktizieren, weitgehend im Keim. Aber nicht nur das: Der FCI zwang den Favoriten dadurch auch immer wieder zu Fehlern und Ballverlusten. Folgerichtig war es auch der Aufsteiger, der die erste Offensivszene verbuchte: In der siebten Minute ging ein Kopfball über das VfL-Tor.
Der FC um den bärenstarken Defensiv-Strategen Roger blieb aggressiv und lauerte auf Konter. So wurde in der zehnten Minute Mathew Leckie von Markus Suttner steil geschickt und sah sich in aussichtsreicher Position im Strafraum. Allerdings hätte er besser sofort abgezogen, denn so nahm ihm der Gegner letztlich das Leder ab. Im Gegenzug wurde es erstmals brenzlig für die FC-Abwehr. Ramazan Özcan musste aus seinem Tor und VfL-Stürmer Bas Dost bekam den Abpraller, den er allerdings aus recht vielsprechender Position links vorbei setzte.
In der 20. Minute war es einmal mehr die Heimelf, die für Gefahr sorgte. Nach einem Ballgewinn am eigenen Strafraum lief über die linke Seite ein blitzschneller Konter über Leckie, der dann flach in den Wolfsburger Strafraum spielte, wo die Abwehr der Gäste in höchster Not klären konnte. Immer wieder lauerte der FCI auf schnelle Gegenstöße, die brandgefährlich vorgetragen wurden. Die Gäste mussten mehrfach zu Fouls greifen, um die Ingolstädter auszubremsen. Nach einer halben Stunde lautete die Foul-Statistik: Ingolstadt 2, Wolfsburg 9.
Auch in der 25. Minute war Leckie nur irregulär stoppen, sonst wäre er in den VfL-Strafraum eingedrungen und hätte wieder für eine gefährliche Situation gesorgt. Spätestens jetzt hatten die Schanzer die Gäste da, wo sie sie haben wollten: Im In-Fight um jeden Ball. Immer wieder musste Wolfsburg robust einsteigen, um die Ingolstädter Renner zu stoppen. So langte André Schürrle zwei Mal ordentlich hin und nach einem rüden Einsteigen gegen Roger sah auch VfL-Neuzugang Josuha Guilavogui die gelbe Karte.
Und immer wieder die Ingolstädter. In der 29. Minute war es Alfredo Morales, der per Steilpass in den Wolfsburger Strafraum geschickt wurde. Sein Querpass konnte von der Defensive geklärt werden – aber das waren sehr gefährliche Offensiv-Szenen, die die Schanzer da ein ums andere Mal kreierten. Und die Wolfsburger? Die hatten phasenweise ihre liebe Mühe, überhaupt den Ball aus der Gefahrenzone zu bekommen, weil die Ingolstädter so konsequent und früh attackierten und die Räume zustellen – von einem systematischen Spielaufbau brauchte man über weite Strecken gar nicht reden.
Aufregung gab es in der 32. Minute, als Lukas Hinterseer nach einem Kopfball-Duell im Wolfsburger Strafraum zu Boden ging. Der Schiri sah allerdings keinen Anlass, einen Elfmeter zu geben. Zur Empörung der Ingolstädter Fans. Auf der Gegenseite war nicht viel geboten: Ein Schuss des Ex-Schalkers Julian Draxler in der 36. Minute ging doch deutlich am Ingolstädter Tor vorbei und ein Kopfball kurz vor der Pause segelte nicht weniger klar über den Kasten von Ramazan Özcan.
Die Frage, die man sich zur Halbzeit stellen musste, war nur: Wie lange halten die Schanzer diese kraftraubende und laufintensive Marschroute durch? Bis zum Schluss, wie sich zeigen sollte. Nachdem auch nach der Pause die erste Torszene wieder den Schanzern gehörte, folgten zwei Wolfsburger Gelegenheiten durch Bas Dost und Luiz Gustavo, die allerdings keine echte Gefahr darstellten.
Immer wieder gingen die Schanzer dazwischen. Verhinderten fast über die gesamte Spielzeit gefährliche Angriffe der Wölfe. In der 59. Minute reagierte Özcan famos, allerdings war es eh Abseits. Nach einer Kopfball-Abwehr der FC-Abwehr kam in der 61. Minute André Schürrle zum Schuss, doch der ging vorbei und war obendrein zu harmlos. Der Nationalstürmer hatte heute einen gebrauchten Tag, ihm gelang nicht viel und in der 67. Minute erlöste ihn sein Trainer Dieter Hecking mit der Auswechslung.
FC-Coach Hasenhüttl brachte in der 62. Minute Stefan Lex für den fleißigen Moritz Hartmann und später noch Almog Cohen für Lukas Hinterseer (68.) sowie Elias Kachunga für Leckie (84.). Hecking nahm den glücklosen Dost vom Feld und brachte Nicklas Bendtner (71.), außerdem kam Max Arnold für Gustavo.
In der 78. Minute lief wieder einmal ein FC-Konter, diesmal über Leckie, der auf der rechten Seite über das halbe Feld mit dem Ball am Fuß gespurtet war, dann aber keinen Abnehmer für seine Flanke fand. Hinten räumte die Schanzer Defensive auch weiterhin mit Willenskraft, Geschick, hohem kämpferischen Aufwand und der nötigen Portion Glück alles weg, was die Wolfsburger zu bieten hatten.
Den Rest erledigte Özcan. In der 83. Minute mähte FC-Verteidiger Tobias Levels am Strafraum einen Gegner um und bot den Gästen damit eine gute Freistoß-Gelegenheit. Naldo packte einen Hammer aus, doch Özcan klärte diesen strammen Schuss mit beiden Fäusten und erntete Riesenjubel von den Rängen. Längst war es nun zu einem Spiel gegen die Zeit geworden. Hält der FCI das 0:0? Oder gelingt den Wolfsburgern doch noch das goldene Tor? Die Spannung war nun greifbar, zumal die Gäste in den letzten Minuten noch einmal alles versuchten, um einen Dreier mit nach Hause zu nehmen. Doch dann erlöste Schiri Sascha Stegemann die Ingolstädter und ihre Fans mit dem Schlusspfiff.
In der Pressekonferenz nach dem Match räumte VfL-Trainer Hecking ein, das ein Sieg nach der schwachen ersten Hälfte seines Teams und angesichts des gesamten Spielverlaufs nicht verdient gewesen wäre. FC-Coach Hasenhüttl lobte die mutige Leistung seiner Mannen und freute sich über einen Punkt, der "Gold wert" sei.