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Wegen bis zu 50 Prozent schlechterer Ernten gibt es heuer zu wenig Gemüse für Sauerkonserven – Bauernverband fordert einmal mehr das Ende der Billigpreis-Politik bei Lebensmitteln

(ty) Die Ernte von Herbstgemüse wie Weißkraut und Blaukraut, Sellerie und Rote Rüben, das traditionell auch zur Herstellung von feinsauren Delikatessen verarbeitet wird, fällt heuer bis zu 50 Prozent kleiner aus. Das teilte der Bayerische Bauernverband (BBV) heute mit. „Für diese Ernteausfälle ist das Wetter verantwortlich“, sagt Josef Apfelbeck, Vorsitzender des Landesverbands bayerischer Feldgemüsebauer. „Die Kälte im Frühjahr und die Trockenheit im Sommer haben den Aufwuchs stark geschwächt.“ Freilich gibt es regionale Unterschiede, aber bayernweit sei ein Ernteausfall von 25 bis 50 Prozent zu verzeichnen.

Im Gegensatz zum Jahr 2013, als von der Flutkatastrophe vor allem der bayerische Donauraum betroffen war, hat die ungünstige Witterung heuer nicht nur den Freistaat, sondern ganz Deutschland sowie Süd- und Osteuropa heimgesucht. In der Beurteilung der aktuellen Situation sind sich Bauern und Verarbeitungsindustrie einig. Auch Stefan Tarnowski, Vorsitzender des Verbandes der Bayerischen Sauerkonserven-Industrie, beklagt: „Feinsaure Delikatessen vor allem mit Herbstgemüse werden dieses Jahr knapp, denn nicht nur Bayern, sondern ganz Europa ist von der schlechten Ernte betroffen.“

Die Missernte sei ein weiterer Tropfen in ein bereits bis zum Überlaufen gefülltes Fass – vielleicht einer der letzten, wenn der Lebensmittel-Einzelhandel nicht reagiere, kommentiert der Bayerische Bauernverband. Denn seit Jahren sei kein Verlass mehr auf ein gemäßigtes Klima. „Die heimischen Landwirte haben fast jedes Jahr mit neuen, extremen Naturphänomenen zu kämpfen“, fasst der BBV zusammen: Flutkatastrophen, extreme Trockenheit, Hitze oder Starkregen – letzterer hatte heuer ganze Ansaaten binnen kurzer Zeit einfach wegschwemmt. Auch die Schäden durch Hagelunwetter nähmen ständig zu. „Das erhöht das Risiko und damit die Kosten für Feldgemüse enorm“, so der BBV. „Um wegen der Trockenheit und der Hitze überhaupt etwas ernten zu können, gehen heuer allein die Kosten für die Bewässerung der Felder in die Tausende.“ Das sei bei den Preisen, die vom Handel für das heimische Gemüse gezahlt werden, jedoch nicht einkalkuliert.

„Früher waren derartige Extremjahre die Ausnahme und die Mehrkosten konnten in den folgenden normalen Jahren wieder erwirtschaftet werden. Heute sind Ausfälle wegen den extremen Wetterphänomenen fast die Regel. Die Rechnung stimmt auf Dauer nicht mehr“, sagt Apfelbeck. Wenn der Handel mit der Billigpreispolitik bei Lebensmitteln weitermache, werden die heimischen Landwirte zum Aufhören gezwungen, heißt es dazu vom BBV.

Apfelbeck befürchtet, dass die Schwierigkeiten für die bayerischen Feldgemüse-Bauern sogar noch größer werden: „Wenn bei den steigenden Lohnkosten der Lebensmittelhandel nicht mehr für das Gemüse bezahlt, wird der heimische Anbau zusammenbrechen.“ Für die Landwirte sei diese Missernte doppelt schmerzhaft. Denn aufgrund des Mindestlohns seien die Lohnkosten deutlich gestiegen. Einen Ausgleich über höhere Gemüsepreise gebe es bisher nicht. Bereits im Frühjahr hatten die Bauern höhere Preise gefordert, um die höheren Kosten abdecken zu können.

In diesem Jahr stehen die Landwirte wie gewohnt solidarisch zur Verarbeitungsindustrie und liefern ihre knappen Erträge zu den vereinbarten Preisen, heißt es vom BBV. Tarnowski sieht für die bayerischen Firmen keine Möglichkeit, auf andere Anbaugebiete auszuweichen. „Es werden wohl etliche Gläser und Dosen in diesem Jahr leer bleiben.“

Die Bauern und die Sauerkonserven-Industrie hoffen, mit Qualität, Frische und kurzen Transportwegen gute Argumente gegen Importe zu haben, wie der Bauernverband betont. Auch würden die Verbraucher sehr zurückhaltend reagieren, wenn sie erfahren, dass zum Beispiel die Essiggurken nicht aus Bayern, sondern aus Indien oder Vietnam kommen. Ob die Verbraucher mehr fürs Sauerkraut oder für die Roten Rüben im Glas bezahlen müssen, hänge vom Lebensmittelhandel ab.


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