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Aus Verärgerung über die Reaktion des Hotel- und Gaststättenverbandes wegen der EU-Beschwerde gegen das Ingolstädter Kongresshotel verlässt die stellvertretende Vorsitzende Jutta Herzner-Tomei den Verband – Und droht wegen eingefrorener Gelder mit einer Unterschlagungsklage 

(ty) Zoff beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband. Nachdem Mitglieder der Ingolstädter Kreisstelle die Europäische Kommission angerufen hatten, um klären zu lassen, ob bei dem auf die Ingolstädter Gießereigelände geplanten Kongresszentrum samt angebundenem Hotel wettbewerbsrechtlich alles mit rechten Dingen zugeht, hatte sich der Verband Bayern umgehend öffentlich und medienwirksam von den Aktivitäten der eigenen Kreisstelle distanziert. Und mehr noch. Er hat das Konto, auf das die Mitglieder der Ingolstädter Kreisstelle die zweckgebundenen Gelder für die Beschwerde bei der EU-Kommission eingezahlt haben, sperren lassen.

Das wiederum will die stellvertretende Vorsitzende der Kreisstelle Ingolstadt, Jutta Herzner-Tomei, nicht hinnehmen. Sie legt aus Protest gegen diese für sie unglaubliche Vorgehensweise nicht nur ihr Amt nieder, sondern erklärte jetzt auch ihren Austritt aus dem Hotel- und Gaststättenverband. Und will ihr für die EU-Beschwerde eingezahltes Geld zurück. Ansonsten drohe eine Klage wegen Unterschlagung.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband ist der Auffassung, lediglich das Präsidium und nicht ein Kreisverband sei berechtigt, im Namen des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes irgendwelche Rechtsmittel einzulegen. Das bestätigte der Verbandssprecher Frank-Ulrich John. Die Kreisstellen seien nicht rechtsfähig. Er stellt klar, dass sich der Verband in keiner Weise gegen das Kongresshotel wende. Das tut indes der Kreisverband Ingolstadt ja auch nicht. Denn in der EU-Beschwerde geht es nicht um ein Verhindern, sondern lediglich um wettbewerbsrechtliche Fragen.

 

 

Was war passiert? Mitglieder des Hotel- und Gaststättenverbandes Ingolstadt – vorzugsweise Hoteliers – hatten von einer auf europäisches Wettbewerbsrecht spezialisierten Anwaltskanzlei prüfen lassen, ob beim Bau des Kongresshotels eine unzulässige Bevorzugung von Investor und Betreiber dieses Hotels vorliegt. Und diese Kanzlei kam in ihrem 14-seitigen Dossier, das unserer Redaktion vorliegt, zu dem Schluss, dass eine Beschwerde vor der Europäischen Kommission durchaus Aussicht auf Erfolg hätte. Auch die Anwälte sahen da überprüfungswürdige Verflechtungen.

Um keine Gelder vom Hotel- und Gaststättenverband zu beanspruchen, organisierten die Betreiber der EU-Beschwerde eine Spendenaktion, um diese Beschwerde finanzieren zu können. Als genügend Geld auf dem Konto war, reichte der Kreisverband Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein, um den Sachverhalt einer etwaigen Wettbewerbsverzerrung klären zu lassen.

„Keiner von uns ist gegen das Kongresszentrum und das Hotel“, sagt uns Jutta Herzner-Tomei, die mit ihrem Mann seit beinahe 35 Jahren eine gut gehende Pizzeria in Ingolstadt betreibt und zudem Kreisrätin ist, „wir haben auch zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass wir eine Klage einreichen. Wir wollen die wettbewerbsrechtlichen Umstände lediglich von der EU-Kommission geklärt wissen.“

 

 

Dieses Ansinnen indes löste einen Sturm der Entrüstung beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband aus. „Wir waren da schon selber sehr überrascht, dass es in der Kreisstelle Ingolstadt oder im Umfeld unserer Kreisstelle Aktivitäten gibt, die sich mit dem Thema Kongresshotel Ingolstadt auseinandersetzt“, so Stefan Wild im Bayerischen Rundfunk, „wir haben recht schnell dementiert. Der Verband ist mit Sicherheit nicht gegen den Wettbewerb. Es hat allerdings zur Folge, dass wir in der Kreisstelle Ingolstadt eine Revision durchführen müssen, um Klarheit zu schaffen.“ Stefan Wild ist im Präsidium des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, zuständig für den Fachbereich Hotelerie.

Unter anderem diese Stellungnahme im Bayerischen Rundfunk brachte wiederum Herzner-Tomei auf die Palme. „Bei uns hat sich niemand erkundigt, was das mit dieser EU-Beschwerde soll“, sagt sie, „wir haben zu keiner Zeit Klage eingereicht, sondern nur eine Überprüfung gefordert.“ Und die Gelder für die EU-Beschwerde hätten auch nichts mit den Mitgliedsbeiträgen des Verbandes zu tun, sonder sei zweckgebunden gesammelt worden.

Und genau auf die könnten die Spender nun nicht mehr zugreifen. „Wenn man gegen die eigenen Mitglieder derart und ohne jede Rücksprache vorgeht, das geht für mich überhaupt nicht“, so Herzner-Tomei, „so einen Verband brauche ich nicht.“

„Und wenn es nichts zu verbergen gibt, dann müsste die Stadt Ingolstadt eigentlich froh sein, wenn jetzt offiziell sämtliche Verdachtsmomente ausgeräumt werden“, meint sie, „wir sind doch alle froh, wenn ein Kongresszentrum kommt.“ Es gehe lediglich um die Frage, ob da ein Wettbewerber einseitig bevorzugt wird. Und diese Frage sei mehr als legitim.

Mit dem Hotel- und Gaststättenverband indes ist Jutta Herzner-Tomei fertig. Sie gibt ihre Ämter zum Ende des Jahres definitiv auf und verlässt den Verband. „Bezüglich der falschen und unwahren Behauptung der Klageerhebung bei der EU erwarte ich eine umgehende Richtigstellung durch den Landesverband. Die Kreisstelle Ingolstadt hat zu keinem Zeitpunkt eine Klage bei der EU eingereicht, sondern lediglich eine Überprüfung zur EU-Beschwerde zwecks Wettbewerbsverzerrung und ungerechtfertigter Subventionierung durch die Stadt Ingolstadt veranlasst“, schreibt sie in einem Brief, an den Verband, „diese Maßnahme stellt keinen Straftatbestand dar, da jeder Bürger bei der EU Beschwerde einlegen kann. Sollten diese unwahren Behauptungen seitens des Landesverbandes aufrecht erhalten werden, sehe ich mich leider gezwungen, eine gerichtliche Unterlassungsverfügung zu erwirken.“

Und mit dem gesperrten Konto will und kann sie zudem nicht leben. Sie hat selbst für die EU-Beschwerde gespendet und will nun ihre Geld zurück. „Bezüglich des vom Landesverbandes gesperrten Kreisverbandskontos fordere ich Sie auf, dass von mir zweckgebundene und explizit für die EU-Beschwerde überwiesene Geld zurück zu überweisen“, heißt es in dem Brief, „sollte bis zum 6. November kein Zahlungseingang ersichtlich sein, werde ich umgehend Strafanzeige wegen Unterschlagung zweckgebundener Gelder stellen.“

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