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Die Unterbringung von 280 Flüchtlingen in einer Traglufthalle hat in Karlsfeld einen Aufsehen erregenden Auftakt erlebt

(zel) Erst seit einigen Tagen sind rund 280 Flüchtlinge, allesamt männlich, im Gewerbegebiet von Karlsfeld in einer eigens aufgebauten Traglufthalle untergebracht. Die erste große Aufregung gab es bereits. Von Streit wird berichtet, von tumultartigen Szenen und Körperverletzungen untereinander sowie von Angriffen auf Sicherheitsleute. Und davon, dass einige der Asylbewerber versucht haben, die Halle in Brand zu stecken. Offenbar aus Unzufriedenheit mit ihrer Situation beziehungsweise mit der Unterbringung. 

Wie der Münchner Merkur berichtete, haben Ende vergangener Woche auch 30 bis 50 der Flüchtlinge das Mittagessen verweigert. Auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt das Dachauer Landratsamt, dass ein Hungerstreik angedroht worden war. Am Montag gab es ein Gespräch zwischen Vertretern der Flüchtlinge und der Kreisbehörde. Manches, was die Asylbewerber vorgebracht hätten, sei berechtigt und könne man auch ändern, sagt Behördensprecher Wolfgang Reichelt. Aber es seien eben nicht alle Forderungen und Wünsche erfüllbar.

Die Polizei war am vergangenen Freitag angerückt, auch Landrat Stefan Löwl fuhr zur Traglufthalle. Was war passiert? Den Ausschlag für die Auseinandersetzung hätten am Anfang „mehrere eigentlich alltägliche Anlässe“ gegeben, wird Reichelt in einem Zeitungsbericht zitiert. Um ein T-Shirt soll es da zum Beispiel gegangen sein, das einer dem anderen geklaut hat. Oder um ein Bildaufnahme, die angeblich gegen den Willen des Fotografierten erfolgte. Jedenfalls eskalierte die Lage. Der Müncher Merkur schrieb von „Rangeleien mit immer mehr Beteiligten“, Landratsamt-Sprecher Reichelt berichtet gegenüber unserer Zeitung von einem Tumult. Es sei zu Körperverletzungen unter den Flüchtlingen gekommen. Und auch Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes seien zur Zielscheibe von Angriffen geworden. 

Die Polizei ermittelt. Aber nicht nur deshalb. Denn die Stimmung war offenbar so aufgeheizt, dass am Ende tatsächlich Feuer im Spiel war. An mehreren Stellen sei versucht worden, die Außenhülle der Traglufthalle in Brand zu stecken, bestätigt Reichelt. Glücklicherweise sei das nicht gelungen, denn das Material ist schwer entflammbar. Doch einige Brandlöcher seien entstanden. Die habe der Vermieter der Halle inzwischen wieder verschlossen. Anzeige wegen Sachbeschädigung und Brandstiftung wurde erstattet.

Offenbar sei es den Asylbewerbern bei der flammenden Aktion darum gegangen, Aufmerksamkeit zu erregen, um Gehör zu finden und Probleme vorbringen zu können, sagt Reichelt. Der Landrat habe den Flüchtlingen noch am Freitag ein Gesprächsangebot gemacht. Sie seien gebeten worden, pro Nationalität einen Sprecher zu bestimmen. Die Unterredung fand nun am Montag statt und sei „sehr konstruktiv gewesen“, wie es aus dem Landratsamt heißt. Es gibt auch Ergebnisse. Zum Beispiel, dass die Temperatur in der Halle nachts nicht mehr abgesenkt wird. 

Nicht nachkommen könne man dagegen dem zwar nachvollziehbaren, aber eben nicht umsetzbaren Wunsch der Flüchtlinge, sich selbst etwas kochen zu können. Bei rund 300 Leuten in der Halle gehe das aus verschiedenen Gründen nicht, sagt Reichelt mit Verweis auf die Anzahl der benötigten Herde, die Logistik, die Organisation und nicht zuletzt den Brandschutz. Geprüft werden sollen aber mögliche technische Maßnahmen zur Klimaverbesserung in der Traglufthalle, in der auch die Sanitäranlagen mit untergebracht sind. Der Luftaustausch erfolge ausschließlich über eine Lüftungsanlage. Das sei zwar nicht optimal, sagt Reichelt. Doch allzu große Sprünge bezüglich einer Verbesserung dürfe man sich nicht zu erwarten.

 

Klar gemacht habe man den Flüchtlingen bei dem Gespräch auch, dass sie sich an Regeln zu halten haben, betont Reichelt. Er kündigt an, dass das Landratsamt auch künftig Anzeige erstatten wird, wenn es zu Sachbeschädigungen kommt. Von den Asylbewerbern selbst sei der Wunsch nach einer Nachtruhe aufgekommen. Die soll nun vom Sicherheitsdienst auch durchgesetzt werden – auch wenn das möglicherweise Konflikt-Potenzial birgt. Nach dem Gespräch vom Montag scheine sich die Lage beruhigt zu haben, heißt es aus dem Landratsamt. Angeblich soll angesichts von Beschwerden auch beim Essen nachgebessert werden. 

Vorgestern Abend musste die Polizei aber erneut anrücken. Zwei alkoholisierte nigerianische Flüchtlinge waren sich den Angaben zufolge in die Haare geraten, wobei ein 21-Jähriger einem 30-Jährigen mit der Faust ins Gesicht schlug. Im weiteren Verlauf habe er auch noch eine Trennwand eingetreten sowie einem Angestellten des Sicherheitsdiensts mit der Faust auf die Nase geschlagen. „Da sich der junge Mann nicht beruhigen wollte und über zwei Promille Alkohol intus hatte, wurde er in einer Zelle bei der Inspektion Dachau ausgenüchtert“,  wurde berichtet.

Im Kreis Dachau laufen derweil die Planungen für zwei weitere solche Traglufthallen. Die sollen in Bergkirchen und in der Kreisstadt errichtet werden, wie uns auf Anfrage aus dem Landratsamt bestätigt wurde. Beide sollen nach Möglichkeit noch heuer bezogen werden. Aktuell sind im Landkreis Dachau gut 1300 Asylbewerber untergebracht. Ab Dezember erwartet man jede Woche 80 weitere Flüchtlinge.


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