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Pressekonferenz bei VW in Wolfsburg zum Stand im Abgas-Skandal und den Konsequenzen 

(ty) Der Volkswagen Konzern komme bei seiner Neuausrichtung gut voran. Bei allen fünf Ende Oktober vorgestellten Prioritäten mache der Konzern Fortschritte. Die technischen Lösungen für die Kunden in Europa seien erarbeitet, den Behörden vorgestellt und dort positiv bewertet worden. Die Umsetzung beginnt im Januar 2016. „Der Volkswagen Konzern ist auch in diesen bewegten Tagen in jeder Hinsicht voll handlungsfähig. Es liegt nicht allein, aber vor allem an uns selbst, wie und wann wir die aktuellen Herausforderungen bewältigen. Um diese Bewährungsprobe zu bestehen, braucht es eine große, gemeinsame Kraftanstrengung. Und dazu sind wir alle bereit", erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Volkswagen AG, Hans Dieter Pötsch, heute vor der Presse in Wolfsburg. Der Vorstandsvorsitzende, Matthias Müller, sagte: „Wir tun alles, um die aktuelle Situation zu bewältigen. Aber wir werden nicht zulassen, dass uns diese Krise lähmt. Im Gegenteil: Wir nutzen sie als Katalysator für den Wandel, den Volkswagen braucht.“

Erstmals äußerte sich das Unternehmen ausführlich zum Stand der Aufklärung, die von einem Sonderausschuss des Aufsichtsrates koordiniert wird. In die Aufklärung sind insgesamt rund 450 interne und externe Experten involviert. Die Untersuchungen erfolgen in einem zweigeteilten Prozess. Die Interne Revision, für die Experten aus verschiedenen Konzernunternehmen zu einer Task Force zusammengezogen und mit einem klar definierten, zeitlich befristeten Auftrag ausgestattet wurden, fokussiert sich im Auftrag von Aufsichtsrat und Vorstand auf die Prüfung relevanter Prozesse, auf Berichts- und Kontrollsysteme sowie die begleitende Infrastruktur.

 

 

Nachdem sich der Verdacht von Unregelmäßigkeiten bei der CO2-Zertifizierung, wie am Mittwoch mitgeteilt, nach intensiver, unabhängig begleiteter Prüfung nicht erhärtet hat, liegen laut VW inzwischen auch bei der Aufklärung der Stickoxid-Thematik erste wichtige Erkenntnisse vor.

Eine zentrale Konsequenz, die das Unternehmen bereits aus den Erkenntnissen der Revision gezogen hat, ist eine weitreichende Änderung der Prüfungspraxis. So hat Volkswagen beschlossen, dass Emissionstests künftig grundsätzlich extern und unabhängig überprüft werden. Außerdem werden stichprobenhafte Real-Life-Tests zum Emissionsverhalten auf der Straße eingeführt. „Damit tragen wir hoffentlich dazu bei, Vertrauen zurückzugewinnen", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende.

„Kein Geschäft rechtfertigt es, gesetzliche und ethische Grenzen zu überschreiten", betonte Hans Dieter Pötsch. Im ersten Schritt wurden neun möglicherweise an den Manipulationen Beteiligte aus dem Management freigestellt. „Ich garantiere Ihnen hier und heute, dass wir diese rückhaltlose Aufklärung zum Abschluss führen werden. Dafür stehe ich, dafür steht der gesamte Aufsichtsrat der Volkswagen AG", betonte Pötsch.

Für die drei europäischen Varianten des betroffenen Motortyps EA189 stehen inzwischen technische Lösungen bereit, die vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) positiv bewertet werden. Volkswagen stellt damit für die in Europa betroffenen Modelle künftig sicher, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Der Aufwand für die Umsetzung der Lösungen ist in technischer, handwerklicher wie finanzieller Hinsicht überschaubar. Beim 2,0 und 1,2 Liter TDI wird ein Software-Update durchgeführt. Beim 1,6 Liter TDI wird zudem vor dem Luftmassenmesser ein so genannter Strömungsgleichrichter eingesetzt, der die Messgenauigkeit erhöht und in Kombination mit einer erneuerten Software die Einspritzmenge optimiert.

 

 

Nach erfolgter Abstimmung der technischen Lösungen arbeitet Volkswagen nun mit Hochdruck an den Plänen für die Umsetzung. Der Rückruf der volumenstärksten Variante 2,0 Liter TDI wird bereits im Januar 2016 beginnen. Voraussichtlich im zweiten Quartal startet der Rückruf des 1,2 Liter TDI. Der Start der Umsetzungsphase für die 1,6 Liter-Modelle ist für das dritte Quartal geplant, da die Hardware-Änderung einen zeitlichen Vorlauf benötigt. Nach aktueller Planung wird sich die gesamte Aktion mindestens über das volle Kalenderjahr 2016 erstrecken. „Volkswagen wird nicht ruhen, bis wir dieses Thema ein- für allemal und im Sinne unserer Kunden zufriedenstellend gelöst haben", versprach der Vorstandsvorsitzende Matthias Müller. Halter der betroffenen Fahrzeuge werden von Volkswagen individuell darüber informiert, wann ihr Wagen das Update erhält. Volkswagen garantiert, dass die Lösungen kostenlos umgesetzt werden. Das Unternehmen verzichtet bei den technischen Lösungen auf jedwede Verjährung und stellt bei Bedarf eine angemessene Ersatzmobilität zur Verfügung.

Parallel zur Bewältigung der Krise treibt Volkswagen eine umfassende Neuausrichtung voran, die die Struktur des Konzerns ebenso wie die Art des Denkens und die strategische Zielsetzung betrifft. So wird Volkswagen künftig dezentraler geführt, Marken und Regionen erhalten mehr Eigenständigkeit. Darüber hinaus wird Volkswagen schlanker werden und seine Kosteneffizienz verbessern. Alle strukturellen Veränderungen zielen letztlich darauf, Komplexität in der Steuerung zu verringern und die Führbarkeit des Konzerns langfristig zu sichern.

Organisatorisch ist der Bereich „Integrität & Recht" zukünftig mit der Berufung von Christine Hohmann-Dennhardt mit einem eigenen Ressort im Konzernvorstand vertreten – ein klares Zeichen dafür, dass diese Themen für Volkswagen einen extrem hohen Stellenwert besitzen, so Matthias Müller. Das Thema Digitalisierung werde deutlich aufgewertet und habe eine direkte Berichtslinie zum Vorstandsvorsitzenden.

 

 

Die personelle Erneuerung im Konzern wurde in jüngster Zeit noch einmal forciert. Seit Anfang 2015 hat der Konzernvorstand sechs neue Mitglieder bekommen, sieben der Marken wurden an der Spitze neu besetzt und innerhalb des CEO-Ressorts sind acht Bereiche neu besetzt. „Das Team, mit dem wir die Herausforderungen der kommenden Monate und Jahre angehen wollen, steht", so Müller. Im ersten Quartal 2016 sollen die Einzelheiten der neuen Struktur erarbeitet werden. Bis Anfang 2017 wird der Konzern vollständig in die neue Struktur überführt sein.

„Wir können die besten Köpfe haben und eine großartige Organisation – doch ohne die richtige Haltung und Mentalität läuft dies alles ins Leere", konstatierte Müller. Bei dem anstehenden Veränderungsprozess hin zu einer neuen Denkweise kann Volkswagen auf seine traditionellen Stärken aufbauen: Qualitätsbewusstsein, große Identifikation mit den Fahrzeugen und ein hohes Maß an sozialer Verantwortung. Künftig geht es laut Müller darum, offener zu diskutieren, enger zusammenzuarbeiten und Fehler zuzulassen, solange sie als Chance zum Lernen begriffen werden. „Wir brauchen keine Ja-Sager, sondern Manager und Techniker, die mit guten Argumenten für ihre Überzeugungen und ihre Projekte kämpfen – die unternehmerisch denken und agieren. Mein Plädoyer gilt den Neugierigen, den Unangepassten, den Pionieren. Menschen, die auch mal ihrem Instinkt folgen und sich nicht allein von den möglichen Konsequenzen eines drohenden Scheiterns leiten lassen. Auf den Punkt gebracht: Den Mutigen gehört die Zukunft bei Volkswagen. Wir brauchen ein Stück mehr Silicon Valley, gepaart mit der Kompetenz aus Wolfsburg, Ingolstadt, Stuttgart und den anderen Konzernstandorten", so der Vorstandsvorsitzende.

Daneben hat Volkswagen auch die Erarbeitung einer neuen strategischen Zielsetzung eingeleitet. Mitte kommenden Jahres soll die neue „Strategie 2025" vorgestellt werden, mit der Volkswagen Antworten auf die zentralen Zukunftsfragen geben wird.

„Wir richten Volkswagen strategisch und technologisch neu aus. Unser Ziel ist es, die Zukunft der Mobilität mutig und entschlossen mitzugestalten", erklärte Müller. Unter anderem strebt der Konzern eine signifikante Ausweitung seines Umsatzes außerhalb des jetzigen Kerngeschäfts an. Zudem sind eine Digitalisierungs- und eine Elektrifizierungsoffensive in Vorbereitung.

Parallel tut Volkswagen gegenwärtig alles, um die Auswirkungen der aktuellen Situation auf die Geschäftsentwicklung zu begrenzen. Das operative Geschäft verläuft im Rahmen der Erwartungen, die Ende Oktober angepasste Jahresprognose 2015 bleibt unverändert. Die Vertriebszahlen sind mit Blick auf verschiedene Märkte und Marken sehr heterogen. „Insgesamt ist die Lage zwar nicht dramatisch, aber wie zu erwarten angespannt", erklärte Müller.

„So ernst die aktuelle Situation auch ist. Dieses Unternehmen wird daran nicht zerbrechen. Wir haben eine klare Mission: Wir werden ein neues, besseres und stärkeres Volkswagen schaffen. Ein Unternehmen, dem auf Basis seiner Stärken die Transformation in die neue automobile Welt gelingt. Ein Unternehmen, das jetzt neue Kräfte freisetzt und sein immenses Potenzial noch besser ausschöpft. Und nicht zuletzt ein Unternehmen, das auf dem Fundament klarer Werte nachhaltig erfolgreich sein wird", resümierte der Vorstandsvorsitzende.

 

 


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