Logo
Anzeige
Anzeige

Eigentümer sehen sich gegen ihren Willen gezwungen, die Anlagen weiter zu betreiben – Nun klagen sie auf eine angemessene Vergütung

(ty) Die Eon-Tochtergesellschaft Uniper zieht wegen Irsching vor Gericht. Nach eigenen Angaben wurde heute beim Landgericht Bayreuth Klage gegen das Stilllegungsverbot des Gaskraftwerks Irsching 4 eingereicht. Uniper möchte das Kraftwerk, das zu einem der weltweit modernsten gehört, wegen Unwirtschaftlichkeit ab 1. April vorübergehend stilllegen. Das Unternehmen hatte bereits am 30. März vergangenen Jahres einen entsprechenden Antrag gestellt. Der Netzbetreiber Tennet hatte die Abschaltung des Kraftwerks aber im September vergangenen Jahres untersagt und Uniper verpflichtet, Irsching 4 im Interesse der Versorgungssicherheit in Süddeutschland betriebsbereit zuhalten.

Uniper wende sich mit der Klage vor allem „gegen ungerechtfertigte Eingriffe in ihre verfassungsrechtlich geschützten Rechte“, wie in einer Pressemitteilung erklärt wird. Das Kraftwerk werde unter den Regelungen der Reservekraftwerksverordnung und des Energiewirtschaftsgesetzes quasi im staatlichen Auftrag eingesetzt. „Dem Eigentümer wird so die Verfügungsgewalt gänzlich entzogen, ohne dass hierfür eine angemessene Vergütung geleistet wird“, moniert Uniper.

"Eingriff in Grundrecht auf Eigentum"

„Wenn wir das Kraftwerk Irsching 4 als Not-Reserve vorhalten müssen, ist das ein Eingriff in unser Grundrecht auf Eigentum. Das Mindeste, was wir dafür erwarten, ist, dass unsere Aufwendungen angemessen vergütet werden“, sagt Uniper-Vorstandsmitglied Eckhardt Rümmler. „Dafür fehlen jedoch die notwendigen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, und eine belastbare Verbesserung ist nicht absehbar. Daher müssen wir jetzt den Klageweg gehen.“

Auch für das Kraftwerk Irsching 5, das Uniper gemeinsam mit N-Ergie, Entega und Mainova betreibt, hat Tennet die Stilllegung untersagt und die weitere Betriebsbereitschaft angefordert. Wie heute ebenfalls mitgeteilt wurde, unterstützen die Mitgesellschafter die Uniper-Klage gegen das Stilllegungsverbot für den benachbarten Block 4. Zudem klagen die Eigentümer von Block 5 gemeinschaftlich auf eine angemessene Vergütung bereits erfolgter Aufwendungen für die Nutzung des Kraftwerks zum Redispatch oder zur Netzstabilisierung.

Stilllegung angezeigt – wegen fehlender Wirtschaftlichkeit

Die Eigentümer des bayerischen Gemeinschaftskraftwerks Irsching (GKI) hatten im März vergangenen Jahres – ebenso wie Uniper für Irsching 4 – die vorläufige Stilllegung des Kraftwerksblocks 5 angezeigt, weil er ihrer Ansicht nach unter den herrschenden Rahmenbedingungen in Deutschland nicht wirtschaftlich zu betreiben ist. Daraufhin ordnete der Übertragungsnetzbetreiber Tennet aufgrund der von ihm angenommenen Systemrelevanz im Hinblick auf die Anlage die Betriebsbereitschaft an, so dass sie weiterhin als Reserve für die Erhaltung der Netzstabilität betrieben werden muss.

Die GKI-Eigentümer fordern für die Phase dieses Reservebetriebs, nicht weiterhin schlechter gestellt zu werden, als die Betreiber nicht systemrelevanter Kraftwerke. Für die Inanspruchnahme ihres Eigentums im Allgemeininteresse an einer sicheren Stromversorgung fordern sie nach eigenen Angaben eine angemessene Vergütung, die nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben mindestens eine Erstattung sämtlicher anfallender Kosten enthält.

Verweis auf Rechtsgutachten

Diese Auffassung werde durch ein von den GKI-Gesellschaftern in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Professor Udo di Fabio, Institut für öffentliches Recht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, bestätigt, heißt es weiter. „Die derzeitigen Regelungen der Reservekraftwerksverordnung und auch die geplante Neuregelung im Rahmen des Strommarktgesetzes werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht“, erklären die GKI-Gesellschafter in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Solange sich die Erstattung der Kosten nur auf die Betriebsstunden beziehe, in denen das Kraftwerk tatsächlich Strom zur Erhaltung der Netzstabilität einspeist, werde der Betreiber eines systemrelevanten Kraftwerks dadurch schlechter gestellt, so das Ergebnis des Rechtsgutachtens. Eine tatsächliche Vollerstattung der durch die Indienstnahme des Kraftwerks verursachten Kosten müsse zudem auch die Abschreibungen und Kapitalkosten berücksichtigen.

Uniper-Vorstandsmitglied Rümmler fordert: „Die Vergütungen für die Vorhaltung von Kraftwerken für die Netzreserve muss fair geregelt werden.“ Dass der jetzige Zustand nicht haltbar sei, belegt nicht zuletzt das vorliegende Rechtsgutachten.

„Schon nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Frühjahr 2015 hätte es eine Neuregelung geben müssen, die unsere Leistungen für den Netzbetreiber angemessen vergütet. Darauf warten wir noch heute. Dieser Zustand ist untragbar“, so Josef Hasler, Vorstandschef der N-Ergie AG.

„Wir werden gegen unseren Willen gezwungen, das Kraftwerk weiter zu betreiben. Wir erhalten als Betreiber dafür keine Vergütung, die unsere gesamten Kosten deckt“, erklärt Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG. „Dies ist ein enteignungsgleicher Eingriff. Wir fordern daher eine kostendeckende Entschädigung für den weiteren Betrieb des Kraftwerks.“

"Hier muss der Gesetzgeber aktiv werden"

„Das GKI ist ein besonders flexibles und klimafreundliches Gaskraftwerk neuester Bauart. Leider ist aber unter den heutigen Bedingungen im deutschen Strommarkt eine alte Braunkohle-Anlage viel profitabler als ein hochmodernes Gaskraftwerk“, so Marie-Luise Wolff-Hertwig, Vorstandsvorsitzende der Entega AG. Sie fordert: „Hier muss der Gesetzgeber aktiv werden.“

Die GKI-Eigentümer haben heute Klage beim Landgericht Düsseldorf eingereicht. Die Unternehmen fordern eine angemessene Vergütung für die Vorhaltung und die erfolgten Einsätze des Kraftwerks im Auftrag des Netzbetreibers Tennet in den vergangenen drei Jahren. Nach Ansicht der GKI-Eigentümer hätte Tennet einer Anpassung des 2013 abgeschlossenen Vertrages zustimmen müssen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte am 28. April 2015 in einem Musterverfahren geurteilt, dass die von der Bundesnetzagentur festgelegten Grundsätze zu einer unangemessen niedrigen Vergütung geführt haben.

Eines der modernsten Gaskraftwerke Europas

Die bisher von Tennet erhaltenen Zahlungen aus der 2013 geschlossenen Vereinbarung decken nach Angaben der GKI-Eigentümer nicht die vollen Kosten für Vorhaltung und Betrieb des Kraftwerks zur Netzstabilisierung. „Auch die mit dem Netzbetreiber vereinbarte Vergütung beruhte auf den vom Oberlandesgericht Düsseldorf als unangemessen gerügten Regelungen“, heißt es weiter. „Zudem hatte Tennet in Erwartung einer Neuregelung im Rahmen des Strommarktgesetzes – das es bis heute nicht gibt – die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen seit Mai 2015 sogar deutlich reduziert.“

Das Gemeinschaftskraftwerk Irsching hat eine Leistung von 846 Megawatt und ging im Jahr 2010 in Betrieb. Mit einem Wirkungsgrad von fast 60 Prozent gehört es zu den modernsten Gaskraftwerken Europas. Es wird im Auftrag der Eigentümergesellschaften von der Uniper Kraftwerke GmbH betrieben. Uniper hält 50,2 Prozent der Anteile, N-Ergie 25,2 Prozent, Mainova 15,6 Prozent und Entega neun Prozent. 


Anzeige
RSS feed