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Im Ingolstädter Stadtrat kam es zu einer grotesken Diskussion um den irrationalen Gegensatz von Regio und Bio

Von Michael Schmatloch

Ist der Bioapfel aus Chile wertvoller als ein Kopfsalat aus Unsernherrn, die Biogurke aus Spanien besser als ein regionales Produkt? Derart groteske Formen nahm die Diskussion im Ingolstädter Stadtrat an, als es um den Antrag von Umweltreferent Rupert Ebner ging, Ingolstadt solle doch dem Netzwerk der Biostädte in Deutschland beitreten. Um am Ende der doch recht schnell abgewürgten Diskussion festzustellen, dass kaum jemand im Lager der Mehrheitspartei den Antrag verstanden hatte und so aus einem visionären Anliegen ein zu kurz gedachten Bekenntnis zu den Ingolstädter Kleinbauern zu werden drohte. Bis ein sichtlich angefressener Rupert Ebner, den man eigentlich erst gar nicht zu Wort kommen lassen wollte, seinen Antrag zurückzog und sich bereit erklärte, der CSU in einer Fraktionssitzung zu erklären, worum es eigentlich geht.

Das Netzwerk der Biostädte in Deutschland ist ein offenes Angebot an Städte, Gemeinden und Landkreise mit der Zielsetzung, sich gegenseitig zu unterstützen, aus den Erfahrungen zu lernen und gemeinsame Projekte zu initiieren. Zudem können darüber die verbindenden Interessen der Biostädte gebündelt und gegenüber verschiedenen Gremien und Institutionen ergebnisorientierter kommuniziert und vertreten werden.

Umso unverständlicher die Diskussion um einen vollkommen irrational konstruierten Gegensatz Bio gegen regional, als es in der Vorlage des Antrages ja wörtlich heißt: „In der Kooperationsvereinbarung ist festgelegt, dass das Netzwerk der Biostädte den Ökolandbau, die Weiterverarbeitung und die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln mit kurzen Transportwegen und regionaler Wertschöpfung verstärkt fördern will.“

Die „regionale  Wertschöpfung“ scheint des echauffierten Diskutanten indes entgangen zu sein, die wortgewaltig versuchten, eine Lanze zu brechen für die heimische, konventionelle Landwirtschaft. Und der „Wirtschaftsförderung“ der Biobranche eine Abfuhr erteilen wollten. Zumal regionale Erzeugnisse im kontrollierten Anbau Bio-Artikeln gleichzusetzen seien. Eine durchaus gewagte These.

Rupert Ebner war erkennbar entnervt, als man ihm schließlich doch noch das Wort erteilte. Ihm liege dieser Antrag extrem am Herzen, sagte er. Und die ganzen Argumente, die in der Diskussion vorgebracht wurden, hätten  mit dem Antrag gar nichts zu tun. „Auch ich bin gegen den Apfel aus Chile und für den Kopfsalat aus Unsernherrn“, meinte der Umweltreferent in seinem bemerkenswert engagierten Kommentar, „aber der Gegensatz von Regio und Bio ist geradezu grotesk. Wir brauchen Regio-Bio, das ist die Zukunft für unsere Gesellschaft. Die Welt ernährt sich langfristig ökologisch oder gar nicht.“ Und Bio sei gerade für die kleinen regionalen Betriebe die Zukunft. „Wir wollen doch immer vorne dabei sein, wenn wir dem Netzwerk Biostädte beitreten, dann sind wir vorne dabei.“ Eine Kommune soll keine Wirtschaftsförderung betreiben, aber sie müsse Leitbilder und Ziele in den Raum setzen.

Letztlich zog er seinen Antrag ganz zurück, bevor er zerredet wird, und erklärte sich bereit, der CSU den Inhalt in einer Fraktionssitzung zu erklären. Was der Fraktionschef der CSU, Joachim Genosko, auch gerne annahm und sich zu der Äußerung hinreißen ließ: „Wir haben im Stadtrat schon zu viele Beschlüsse getroffen, wo wir nachher festgestellt haben: Um Gottes Willen, was haben wir denn da getan?“ Ein wahres Wort aus wissendem Mund. Und um diese Wahrheit von wegen fragwürdiger Beschlüsse zu erkennen, bedarf es keines großen Gedächtnisses. Dazu hat die aktuelle Sitzung schon gereicht. 


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