Die Pfaffenhofener CSU hat, nach einigen Orientierungs-Problemen, nun offenbar beschlossen, ihre Oppositions-Rolle aktiver, offensiver und geschlossener anzugehen
Von Tobias Zell
Natürlich würden die Pfaffenhofener Christsozialen lieber regieren. Mitten in Oberbayern, wo früher angeblich die Bleistifte in den Wahlkabinen so kurz angebunden waren, dass man gar nichts anderes als die CSU ankreuzen konnte, finden sie sich seit Jahren in der Stadtrats-Minderheit wieder. Für die eingefleischten Parteigänger muss eine sich in der Opposition befindliche CSU nicht weniger als ein Oxymoron sein. So widersprüchlich wie ein schwarzer Schimmel ungefähr oder ein flacher Steilhang. Fast hätte man gesagt: Wie ein wunderbarer Alptraum. Aber man muss die Pfaffenhofener CSU jetzt auch nicht mehr quälen als nötig.
Zumal sie sich offenbar gerade anschickt, ihre Rolle mit Leben zu erfüllen. Ja, genau diese Oppositions-Rolle. Mit der sie sich in Pfaffenhofen erst abfinden mussten. Mühsam war das für sie, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. Ungefähr so, als wenn die Ballkünstler des FC Bayern München plötzlich auf dem Spielplatz von Förnbach herumgrätschen müssten. Jetzt aber hat sich die Kreisstadt-CSU anscheinend doch noch, nolens volens, angefreundet mit der ihr von der bunten Koalition zugewiesenen Funktion.
"Wir nehmen die Oppositions-Rolle an"
„Wir nehmen die Oppositions-Rolle an“, verkündete gestern Fraktionschef Martin Rohrmann bei der Hauptversammlung des Ortsverbands. Und irgendwie musste man da an den alten Beton-Slogan denken: "Es kommt drauf an, was man draus macht." Was auch so herrlich passend ist, weil der CSU-Ortsvorsitzende Florian Schranz ja Inhaber einer Betonfirma ist.
Die Stimmung in der Fraktion sei „sehr gut“, berichtete Rohrmann jedenfalls und nannte auch gleich die Gründe: Weil man Erfolg habe und weil man zuletzt bei den wichtigen Entscheidungen auch Geschlossenheit gezeigt habe. Dass Rohrmann es für nötig befand, auf Letzteres hinzuweisen, sagt auch einiges aus. Dass es mit der Geschlossenheit innerhalb der CSU nicht immer zum Besten stand, ist halbwegs aufmerksamen Beobachtern aber eh nicht entgangen. Doch solche hausgemachten Hemmnisse sollen nun der Vergangenheit angehören – das ist zumindest der Eindruck, den man derzeit vermittelt.
Sparkasse, Spielplatz, Windpark
Drei große Themen hatten und haben sie bei der CSU zuletzt ausgemacht, wie der Ortsvorsitzende Florian Schranz gestern vor etwa 35 Parteifreunden darlegte. Da war zum einen die Fusion der hiesigen Sparkasse mit den Häusern in Ingolstadt und Eichstätt, die bekanntlich am Widerstand aus der Kreisstadt scheiterte. Die CSU stand in der Tat geschlossen – und zwar hinter Bürgermeister Thomas Herker (SPD). Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, versicherte Schranz. Ausführlich sei diskutiert und abgewogen worden.
Rohrmann wollte dazu betont wissen, dass man eine „eigenständige Entscheidung für Pfaffenhofen“ getroffen habe – nicht etwa gegen die anderen Sparkassen-Träger: die Kommunen Wolnzach und Geisenfeld sowie den Landkreis. Im Moment sieht man bei der CSU keine Notwendigkeit für eine Fusion der hiesigen Sparkasse. Ein Gutachten habe zudem ergeben, so erklärte Rohrmann sinngemäß, dass das Geldinstitut in den nächsten Jahren allein gut klarkommt. Außerdem zeigte er sich der Ansicht, dass man zu einem späteren Zeitpunkt ja wieder über eine Fusion reden könne.
"ÖDP-Stadträten das Rückgrat gebrochen"
Ein zweites politisches Betätigungsfeld, das die Pfaffenhofener CSU für sich ausgemacht hatte, war die kontroverse Debatte über die Frage, ob ein Teil der Spiel- und Grünfläche im Ortsteil Förnbach zum Baugrund werden sollte. Die Geschichte ist hinlänglich bekannt. Der Bauausschuss sagte zwei Mal knapp Ja. Die Bürger liefen Sturm und die CSU mit ihnen. Schranz & Co. versprachen den Anliegern, alles Mögliche dafür zu tun, dass der Spielplatz nicht beschnitten wird.
Die CSU sorgte dann auch dafür, dass das Thema im gesamten Stadtrat noch einmal behandelt werden musste – wo die Mehrheit, zur Verwunderung der Christsozialen, auch Ja sagte. Bemerkenswert war dabei, dass die beiden Grünen-Stadträte sich ebenso gegen den vollständigen Erhalt der Grünfläche aussprachen wie die beiden ÖDP-Männer. Für Schranz ist klar: Die mussten so votieren, damit die beiden Förnbacher SPD-Räte, Adi Lohwasser und Verena Kiss-Lohwasser, aus dem Feuer genommen werden konnten und für den Erhalt der Grünfläche sein durften. „Dafür wurde den beiden ÖDP-Stadträten das Rückgrat gebrochen“, diagnostizierte Schranz.
Für den CSU-Vorsitzenden war es nicht weniger als „ein Schauspiel“ und ein „Komödienstadel“, was sich da ereignet hat. Bürgermeister Herker und seine bunte Koalition hätten „den Bürgerwillen mit Füßen getreten“. Man wisse bis heute nicht, was die da geritten habe. Und dass FDP-Rat Niedermayer wegen persönlicher Betroffenheit in letzter Minute von der Abstimmung ausgeschlossen worden war, weil er die Förnbacher Bürger aktiv unterstützt hatte, das ist für Schranz ein „Schmierentheater“. Denn mit dieser Argumentation, findet er, dürfte praktisch bei jeder Abstimmung im Stadtrat irgendeiner nicht mitmachen.
"Mit zwei Windrädern könnte ich leben"
Zum dritten großen Thema hat die Pfaffenhofener CSU den geplanten Windpark im Förnbacher Forst erkoren. Die hiesige Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG) will bekanntlich mehrere Anlagen errichten. Anfangs war von bis zu sieben die Rede. Das seien deutlich zu viele, befand Schranz schon früh und sammelte mit seiner Partei Pluspunkte bei den Skeptikern des Windparks. Inzwischen plant die BEG bekanntlich maximal vier Windräder. Schranz findet: Immer noch zu viele. „Mir ist der Eingriff in die Landschaft, in die Tierwelt zu massiv“, sagte er gestern. Da werde zu viel Wald gerodet. „Mit zwei Windrädern könnte ich leben“, proklamierte der CSU-Chef und gab zu bedenken, dass seiner Ansicht nach durch die Anlagen das „Einfallstor“ von Pfaffenhofen „verschandelt“ wird.
Bei der gestrigen Versammlung wurde unter den Anwesenden ein Stimmungsbild zu dem geplanten Windpark im Förnbacher Forst eingeholt. Die Frage lautete: Sollen die Planungen der BEG umgesetzt werden? Ja, sagten sechs Leute. Ja, aber zwei weitere Windräder reichen, meinten ebenfalls sechs Leute. Und 16 fanden: Nein, kein weiteres Windrad in diesem Bereich.
Vier, zwei, eins, keins?
Apropos Windkraft, apropos CSU. So mancher war und ist ja der Meinung, dass sich die Christsozialen auf diesem Themenfeld alles sind, bloß nicht einig. Denn während Landrat Martin Wolf (CSU) durchaus deutlich für die Windkraft wirbt, stellte sich der Pfaffenhofener Ortsverband auf die Seite derer, die möglichst wenige Anlagen im Förnbacher Forst wollen. Und der politische CSU-Nachwuchs in Form der JU sicherte den Gegnern sogar volle Unterstützung zu beim Bestreben, den Windpark komplett zu verhindern.
Landrat Martin Wolf (CSU) versuchte, den der CSU unterstellten Widerspruch in Sachen Windkraft aufzulösen.
Eine Partei, drei Meinungen? Dass die doch recht divergierenden Haltungen zumindest dazu geeignet sind, den Christsozialen eine gewisse Zerrissenheit zu unterstellen, das hat freilich auch der Landrat längst erkannt. Wolf bemühte sich aber gestern, diesen Widerspruch aufzulösen. Er verwies darauf, dass die 19 Kommunen eine Positiv-Planung erarbeitet haben, die den Bau von Windkraft-Anlagen im Landkreis ermöglicht. Aber eben nur, wenn der jeweilige Gemeinderat dem jeweiligen Vorhaben zustimmt, sprich den entsprechenden Bebauungsplan aufstellt.
Will sagen: Die einzelnen Projekte sind vor Ort von den zuständigen Lokalpolitikern zu beurteilen. Eine „ideale Situation“ sei das, findet Wolf. Er ist zwar grundsätzlich ein Freund der Windkraft, hält sich aber bei der Beurteilung der konkreten Vorhaben zurück bis raus. Genau andersrum ist es beim Pfaffenhofener CSU-Chef Schranz: „Ich bin nicht gegen Windräder und auch nicht gegen die Energiewende“, stellte er klar. Aber im Förnbacher Forst hätte er am liebsten so wenige Windräder wie möglich. Gerne auch keins.