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Bei der Hauptversammlung von Audi blickte der Vorstand mit solider Hoffnung in die Zukunft

Von Michael Schmatloch 

Seinem Stuhl kann bei VW und Audi im Augenblick wohl niemand so recht trauen. Und so war es beinahe symbolhaft, als Matthias Müller, VW-Chef und Aufsichtsratsvorsitzender von Audi, heute vor Beginn der Hauptversammlung bei Audi seinen Stuhl zunächst eingehend untersuchte, um ihn dann flugs gegen den von Audi-Boss Rupert Stadler auszutauschen. Man kann ja nie wissen, welcher Stuhl denn nun wackelt.

Stuhltausch.

Über 99,7 Prozent des Aktienkapitals war in Kundenzentrum von Audi versammelt, als Müller, Stadler und Finanzvorstand Axel Strotbek die Erfolge des Jahres 2015 wortreich an den Mann brachten, aber auch die Risiken, die das laufende Jahr weltweit begleiten. Was nicht weiter schwer ist, denn 99,5 Prozent der Audi-Aktien gehören VW.

Natürlich ging es um den belastenden Abgas-Skandal, der neuerdings ein wenig euphemistisch nur noch „Diesel-Thematik“ heißt. Ein Begriff, den Matthias Müller aus Wolfsburg mitgebracht hat und der sich sofort im Wortschatz der Audi-Vorstände verankert zu haben scheint. Einzig Stadler selbst sprach immerhin noch von einer Affäre.

Die freien Aktionäre auch, von denen es ja nicht so viele gibt, denn 99,5 Prozent der Audi Aktien sind wie gesagt in VW-Hand. Sie ärgerten sich angesichts des Mega-Skandals vor allem über die Bonuszahlungen an die Manager. "Das steht doch alles in keinem Verhältnis mehr", meinte ein Aktionärsvertreter auf der Hauptversammlung und forderte, die Vorstände sollten komplett auf diese Zahlungen verzichten: "Was muss passieren, damit Sie Verantwortung übernehmen?"

15,4 Millionen Euro haben die Audi-Vorstände für das skandalträchtige Jahr 2015 erhalten. Rupert Stadler verteidigte das. Boni würden nach einem Regelwerk verteilt. Und dies gelte in guten wie in schlechten Zeiten.

Müller beschwor im Diesel-Skandal Anstand und das Vertrauen in den Konzern. Und dass man keinen Verstoß gegen Recht und Gesetz dulden werde. Die Aufklärung indes werde noch eine ganze Zeit in Anspruch nehmen. Deutlicher formulierte Stadler, dass bei VW und Audi etwas mächtig schief gelaufen ist. „Mit Software-Manipulationen bei Dieselmotoren sind Regeln gebrochen und ethische Grenzen überschritten worden. Wir alle im Volkswagen-Konzern bedauern, was passiert ist. Wir arbeiten mit ganzer Kraft daran, Vertrauen zurückzugewinnen. Das geht nur mit voller Transparenz. Und mit nachhaltigen Lösungen: Wir bringen das in Ordnung. Sofort nach Bekanntwerden des Themas bei Volkswagen haben wir uns bei Audi drei Dinge vorgenommen: Rückhaltlos im ganzen Unternehmen aufklären, bei unseren Kunden für Abhilfe sorgen und für den weiteren Weg in die Zukunft sicherstellen, dass Aufrichtigkeit oberstes Geschäftsprinzip ist.“

Etwa 90 Prozent aller betroffenen Audi-Modelle seien 2.0-TDI-Motoren. „Bei ihnen spielen wir ein Software-Update auf – ein Vorgang von etwa zehn Minuten. Bei den übrigen circa zehn Prozent handelt es sich um 1.6-TDI-Motoren. Bei ihnen schaffen wir Abhilfe per Soft- und Hardware. Für die Kunden bedeutet das einen kurzen Werkstattaufenthalt von weniger als einer Stunde. In Europa wird uns die Umrüstaktion der betroffenen Modelle voraussichtlich bis Ende des Jahres beschäftigen.“

Um die Entwicklung der Geschäfte in den USA ist Rupert Stadler nicht bange. „Unsere US-Kollegen und unsere Händler stehen weiterhin voll hinter unserer Marke. Sie alle geben Tag für Tag alles für Audi. Und machen einen richtig guten Job. Seit 2008 haben allein die US-Händler mehr als eine Milliarde US-Dollar in unsere Marke investiert. Sie planen bis 2020 erneut Investitionen in ähnlicher Größenordnung und blicken voller Zuversicht in die Zukunft. Das liegt an den vielen Modellen, die wir gerade in den Markt bringen. Und unsere US-Händler sind überzeugt von unserer Strategie. Auch für unsere amerikanischen Kunden hat Audi nicht an Strahlkraft eingebüßt: Für sie ist Audi die beste Automarke 2016.“

Nicht nur in den USA seien die Menschen weiter von Audi begeistert. Das gelte in vielen Märkten. Trotz aller Herausforderungen – politische Krisenherde in Russland und Brasilien, Währungsturbulenzen und wirtschaftliches Auf und Ab in China – sei das Geschäft weiter stark. „Wir schließen 2015 mit einem neuen Auslieferungsrekord für Audi ab. 1,8 Millionen verkaufte Automobile weltweit. Das sind 300 000 Einheiten mehr, als wir uns in unserer Strategie für 2015 vorgenommen hatten. Ein Absatzwachstum in mehr als 60 Märkten und 72 Rekordmonate in Folge. Ungeachtet aller Belastungen ist unser operatives Geschäft kerngesund. So haben wir 2015 ein Operatives Ergebnis vor Sondereffekten auf Vorjahresniveau erzielt – es beträgt 5,1 Milliarden Euro.“

2015 sei Audi doppelt so schnell gewachsen wie der Markt. Der US-Absatz sei um elf Prozent auf exakt 202 202 Autos gestiegen. „Innerhalb von fünf Jahren haben wir unseren Absatz in den USA verdoppelt.“

In Europa standen ein Plus von fast fünf Prozent und knapp 800 000 verkaufte Autos in den Büchern. „Stark unterwegs sind wir im Heimatmarkt Deutschland, denn auch

hierzulande sind wir die Nummer eins. In Frankreich legen wir um gut fünf Prozent zu. In Italien und Spanien wachsen wir sogar zweistellig. Audi UK trägt mit mehr als 166 000 Auslieferungen signifikant zum Absatzergebnis in Europa bei. Jeder fünfte Audi in Europa geht nach Großbritannien.“

Neben Europa war Audi laut Stadler 2015 auch in China die unangefochtene Nummer eins im Premiumsegment. Mit mehr als 570 000 ausgelieferten Automobilen erlebte der Autobauer dort weiterhin ein sehr hohes Absatzniveau. „China ist und bleibt langfristig ein sehr solider Wachstumsmarkt – mit jeder Menge Potenzial für die Marke Audi“, so Stadler.

Rund 85 000 Menschen arbeiten heute in aller Welt für den Audi-Konzern. „Mit Leidenschaft und Loyalität“, wie Stadler meint, „2015 haben wir rund 7500 Mitarbeiter neu an Bord geholt, vor allem bei der AUDI AG und bei Audi México. Allein in Deutschland haben wir mehr als 4000 Menschen eingestellt. Davon rund 1600 Experten mit Kompetenzen zu Digitalisierung und E-Mobilität.

Das Jahr 2016 sieht er indes verhalten.  „Der Ausblick für das laufende Geschäftsjahr steht unter eine Reihe von negativen Vorzeichen. Die Belastungen aus der Diesel-Affäre sind noch nicht verdaut. Es gibt weiterhin unzählige regionale Krisenherde. Aufgrund der Flüchtlingskrise und einem drohenden Austritt von Großbritannien aus der EU hält Europa den Atem an. Nicht zuletzt flammt die Griechenland-Schuldenkrise erneut auf. Und im zunehmend reifer werdenden Markt China erleben wir nun eine weitere Intensivierung des Wettbewerbs. In einem Satz: Die Bedingungen für unser Handeln sind äußerst herausfordernd.“ Dennoch wolle man auch 2016 weiter wachsen. Deshalb gehe die Modelloffensive weiter. „Wir bringen in diesem Jahr mehr als 20 neue oder überarbeitete Audi-Modelle auf den Markt.“

„Trotz dieser anspruchsvollen Bedingungen sind wir bisher gut 2016 haben wir mit den weltweiten Auslieferungen einen guten Auftakt gemacht. Global haben wir bis Ende April für die Marke Audi ein Absatzplus von 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielt. In Europa liegen wir sogar 7,8 Prozent über dem Vorjahr“, so Stadler weiter, der auch die Erfolge der italienischen Töchter Lamborghini und Ducati ausführlich vorstellte. „Bei Lamborghini produzieren wir ab 2018 den Super-Sportwagen im SUV-Segment. Diese dritte Baureihe sichert deutliches Wachstum und gibt uns unternehmerische Stabilität. Deswegen investieren wir dort – und haben dabei folgende Ziele: Schon bald die Marke von einer Milliarde Euro Umsatz zu brechen. Und mehr als 4000 Lamborghini pro Jahr zu verkaufen.“ Für den Sportwagenhersteller erwartet er ein moderates, für Ducati sogar deutliches Wachstum.

„Unsere gesamte Industrie befindet sich in einem historischen Umbruch. Neue Wettbewerber aus der IT-Branche treten an. Diese Unternehmen sind schnell unterwegs, ohne Rücksicht auf Verluste“, meinte Stadler in seinem Ausblick, „die Digitalisierung eröffnet auch uns ganz neue Möglichkeiten. Und zwar für den nächsten großen Innovationssprung. Denn Audi steht auch zukünftig für Vorsprung. Wir sind bekannt dafür, dass wir oft anders, bewusst quer denken. Wir finden Lösungen für die Megatrends unserer Gesellschaft. Zum Beispiel für folgende Herausforderungen: Das Auto zum begehrtesten digitalen Gerät zu machen. Die Klimaziele mit nachhaltigen Produkten zu unterstützen. Die Mobilität für die Stadt der Zukunft zu gestalten. Wir interpretieren die Mobilität der Zukunft neu.“


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