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Mit der Verlängerung der Beschäftigungsgarantie bei Audi haben Betriebsrat und IG Metall heute eine große „Schlacht“ gewonnen, den Krieg noch nicht

Von Michael Schmatloch

 Derzeit scheint bei Audi die Stunde von Betriebsrat und IG Metall geschlagen zu haben. Während Abgas-Skandal und Unsicherheiten an den internationalen Märkten wie ein Damoklesschwert über dem Konzern hängen, Hiobsbotschaften vor allem aus Richtung Wolfsburg die Nachrichtenlage prägen und auch bei Audi die Stimmung in der Belegschaft drücken, schreiben Betriebsrat und IG Metall eine beachtliche Erfolgsgeschichte.

Hatte Vorstandschef Rupert Stadler noch bei der letzten Betriebsversammlung die Abschaffung einer Dauernachtschicht auf der B-Linie verkündet. Musste er die Entscheidung ein paar Wochen später wieder revidieren. Und heute nun der zweite Paukenschlag. Die Beschäftigungsgarantie, ursprünglich bis 2018 gültig wurde um zwei Jahre bis 2020 verlängert. Das schafft Ruhe in der verunsicherten Belegschaft und lässt vermuten, dass der Betriebsrat bei Audi seinen Job gemacht hat.

Denn dem Willen des Konzerns entsprechen diese beiden Entscheidungen sicherlich nicht. Was wiederum vermuten lässt, dass aus dieser Ecke ein vom Sparwillen getriebener Schachzug kommt. Bei der „Schlacht“ um die Nachtschicht war es der für kommendes Jahr abgesagte 24-Stunden-Lauf durchs Werksgelände, der unvermittelt verkündet wurde und ein klein wenig nach Trotzreaktion klang. 

Dass Audi sparen muss ist klar. Nicht nur wegen der Kosten ob des Abgas-Skandals, sonder auch wegen der immensen Investitionen, die eine Umstellung auf die E-Mobilität mit sich bringt. Wenn aber beim Faktor Belegschaft mit Ausnahme der Leiharbeit nicht eingespart werden kann und andererseits die Auslastung der Mannschaft in den deutschen Stammwerken sichergestellt werden muss, dann bleiben mittelfristig nur wenige Alternativen. Man kann sich zum einen auf das Kerngeschäft konzentrieren, wie ein abgedroschener Spruch aus der Wirtschaft heißt, den man in schwierigen Zeiten gerne einmal benutzt. Das beträfe die Annehmlichkeiten, die man sich in den fetten Jahren beispielsweise in Sport und Kultur geleistet hat.

Oder aber man holt Produktionsbereiche, die man ebenfalls in fetten Jahren gerne outgesourced hat, wieder in den Stammbetrieb zurück. Was wiederum Konsequenzen für manche Zulieferer hätte. Und wie die über die Runden kommen, das hat bei Audi traditionsgemäß noch nie jemanden interessiert.

Betriebsrat und IG Metall haben heute eine Schlacht gewonnen, den Krieg noch lange nicht. Rupert Stadler spricht gerne davon „auf Sicht“ zu fahren. Und dieser Fahrt steht die Verlängerung der Beschäftigungsgarantie sicher nicht im Weg. Denn bis Audi Elektroautos in signifikanter Stückzahl bauen und auch verkaufen kann, gehen noch einige Jahre ins Land. Zumal der „Vorsprung durch Technik“ in diesem Bereich sicher nicht in Ingolstadt beheimatet ist.

Das aber ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass die Produktion von Elektroautos gerade einmal die halbe Produktionsmannschaft braucht. Da sind sich Fachleute, Gewerkschafter und Betriebsräte einig. Doch bis dahin sind es noch ein paar Jahre, die sich trefflich „auf Sicht“ fahren lassen.

Vielleicht hat Gott die Erde ja deswegen zu einer Kugel gemacht, dass wir immer nur ein Stück des Weges sehen können, der vor uns liegt. Was hinter dem Horizont kommt, das erahnen zu wollen hat kaum mehr rationale Relevanz als die viel zitierte Kaffeesatzleserei. 


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