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Krankes Tier beschäftigt die Justiz: Es geht um die Forderung nach Kaufpreis-Rückzahlung und Erstattung von Arztkosten

(ty) Fast zwei Jahre nach dem mit großem Interesse verfolgten Fall um die Mopshündin "Emma von den kleinen Molossern" ging es jetzt vor dem Landgericht Ingolstadt um einen weiteren Mops. Der Prozess dreht sich um den Vorwurf an die Züchterin, gegen Zuchtstandards verstoßen zu haben, indem sie die Mutterhündin zu früh und zu oft habe decken lassen.

Während die besagte Emma unter anderem an einer Kniescheibenluxation leide, die die damalige Käuferin und Mopsliebhaberin mit einer teuren Goldkügelchen-Injektion behandeln ließ und die Kosten im damaligen Prozess zurückgefordert hatte, soll es der kleinen Ronja – um die es nun geht – noch schlechter ergangen sein. Schon von Kindheit an habe sie – so der Vorwurf – an epileptischen Anfällen, einem Hydrocephalus (Wasserkopf) und einer Entzündungen im Gehirn gelitten. Sogar einen DNA-Test hatte die Klägerin machen lassen, um all dies hieb- und stichfest dem Gericht vorlegen zu können.

Das Landgericht Ingolstadt ist in diesem tierischen Fall erstinstanzlich zuständig da sich die Klageforderung deutlich über 5000 Euro bewegt. In dem Verfahren ist die Mopszüchterin zum einen auf Kaufpreisminderung von 75 Prozent (der Kaufpreis betrug 1400 Euro) und zum anderen auf Schadensersatz wegen aufgelaufener Tierarztkosten in Höhe von rund 5500 Euro verklagt worden. Am heutigen Mittwoch fand vor dem zuständigen Richter ein Termin zur Anhörung der Sachverständigen, Veterinärmedizinerin Dr. Marion Link, statt. Sie hatte bereits ein schriftliches Gutachten erstattet, das den Parteien schon übersandt worden war und zu dem sie nun Fragen stellen konnten.

Ausgangspunkt des Gutachter-Auftrags war es, Aussagen darüber zu treffen, ob der am 2. April 2012 geborene Mops „Ronja“ tatsächlich unter Gehirnödemen, epileptischen Anfällen und einem Wasserkopf leidet. Die Expertin sollte zudem Stellung zur Kläger-Behauptung beziehen, dass ein zwischenzeitlich durchgeführter DNA-Test das Vorliegen eines Hochrisikofaktors für die Entwicklung der nekrotisierenden Meningoencephalitis  gezeigt habe – eine erbliche Autoimmunerkrankung mit entzündlichen Veränderungen des zentralen Nervensystems. Fazit: Das Vorliegen sämtlicher Erkrankungen wurde von der Gutachterin bestätigt.

Grundsätzlich sah der Richter damit die Voraussetzungen für eine Kaufpreisminderung als gegeben an. Bei einer erblichen Erkrankung müsse eine Krankheit der Mopshündin nämlich schon zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags und der Übergabe der Hündin an den Kläger vorhanden gewesen sein. Das Tier sei daher sozusagen von Anfang an mangelhaft gewesen. Obwohl Tiere nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch keine Sachen im Sinne des Gesetzes mehr sind, gelten für sie doch die ganz normalen Vorschriften des Kaufvertragsrechts.

Bezüglich der Tierarztkosten verwies der Richter darauf, dass diese als Schadensersatz nur dann von der Züchterin zu zahlen wären, wenn sie Kenntnis von den Krankheiten hatte oder hätte haben müssen. Auch hierzu wurde die Sachverständige befragt. Sie gab an, dass die Erkrankungen bei Ronja zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht nach außen hin erkennbar gewesen seien. Erst durch die durchgeführten Untersuchungen, insbesondere den DNA-Test, ist festgestellt worden, dass Ronja ein homozygoter Träger (ein solches Tier trägt sogar zwei Kopien des mutierten Gens) der nekrotisierenden Meningoencephalitis gewesen ist. Die Elterntiere müssten also bereits Träger des mutierten Gens gewesen sein. Elf Prozent aller Möpse seien homozygote Träger, bei 12,5 Prozent dieser Tiere würde die Krankheit auch ausbrechen.

Allerdings habe es zum damaligen Zeitpunkt in Deutschland noch keinen entsprechenden  DNA-Test gegeben. Die Sachverständige bestätigte zwar den Einwurf der Klägerseite, dass es diese Möglichkeit seit Anfang 2010 in den Vereinigten Staaten gegeben habe – allerdings sei es damals zumindest nicht üblich gewesen, die dafür notwendige Blutprobe in die USA zu verschicken. Es gebe in der Fachliteratur auch keine Hinweise darauf, dass durch das unstreitig zu frühe und zu häufige Decken des Muttertiers eine solche genetische Veränderung – wie auch die anderen Krankheiten, unter denen  Ronja leide – ausgelöst werden können.

Der Richter gab sodann seine vorläufige Rechtauffassung bekannt, wonach es der Beklagten wohl gelungen sei, nachzuweisen, dass sie die Erkrankungen von Mopshündin Ronja nicht zu vertreten habe – dass sie daran also kein Verschulden träfe. Für die von Klägerseite geforderte Erstattung der Tierarztkosten könnte es damit schwierig werden.

Der Richter schlug deswegen einen Vergleich vor, wonach die Züchterin die Hälfte des Kaufpreises, also 700 Euro zurückzahlen solle. Dies wurde von der Klagepartei abgelehnt. Beide Seiten haben nun noch einmal Zeit, hierzu schriftlich Stellung zu nehmen. Der Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde auf 31. Mai, 10 Uhr, festgesetzt.


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