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Mit einem konkreten Fall zeigt die Pfaffenhofener Jugendgerichtshilfe auf, was passiert, wenn beschuldigten jungen Leuten eine so genannte Gesprächsweisung auferlegt wird.

(ty) „Wieso soll ich mit Ihnen Gespräche führen, ich habe doch gar nichts gemacht!“ Stefan P. wurde angezeigt, weil er ein ihm bekanntes Mädchen bei einem Streit mehrfach so gestoßen hatte, dass es Schmerzen verspürte und Angst vor ihm hatte. Diplom-Sozialpädagoge Günther Hänle von der Jugendgerichtshilfe am Pfaffenhofener Landratsamt hatte Stefan P. einen Brief geschickt, um mit ihm einen Termin für ein Gespräch zu vereinbaren. Doch der Adressat verstand überhaupt nicht, warum die Angelegenheit mit der Anzeige bei der Polizei nicht erledigt war.

 

Seiner Meinung nach war das eine ganz normale Auseinandersetzung, bei der er niemandem wehgetan hat. Die Staatsanwaltschaft hat auf die Strafanzeige nicht mit einer Einstellung des Strafverfahrens oder der Erstellung einer Anklageschrift reagiert. Sie wollte stattdessen, dass sich Stefan mit der Körperverletzung des Mädchens auseinandersetzen muss, und ihm deshalb auferlegt, dass er sich bei dem Mädchen entschuldigen muss. Er soll mit dem Jugendgerichtshelfer Gespräche führen und sich zusätzlich in einem gemeinsamen Gespräch bei dem Mädchen entschuldigen.

 

Diese Auflage der Staatsanwaltschaft oder des Jugendgerichts wird „Gesprächsweisung“ genannt. „Der Jugendgerichtshelfer spricht dabei zunächst mit dem Jugendlichen und seinen Eltern. Danach kommt es zu einem Entschuldigungsgespräch mit dem betroffenen Mädchen“, wird aus dem Landratsamt erklärt, das den geschilderten Fall zur Verdeutlichung veröffentlicht hat. „Dieses neue Angebot in der Jugendgerichtshilfe soll dazu beitragen, dass die Jugendlichen miteinander sprechen und erfahren, wie der andere die Auseinandersetzung erlebt hat und wie schlimm die Situation für ihn war“, sagt Hänle: „Ängste können offen angesprochen werden.“

 

In diesem Entschuldigungsgespräch, das der Sozialpädagoge leitete, konnte das Mädchen dann offen über seine Schmerzen und Ängste sprechen, die Stefan durch sein Handeln bei ihr ausgelöst hatte. Dieser wiederum habe sich überrascht und betroffen von den Folgen gezeigt, die durch seine Tat bei dem Mädchen entstanden waren. „Es war für ihn kein Problem, sich bei dem Mädchen zu entschuldigen“, wird berichtet. Das Mädchen wiederum habe sich dann sogar bei ihm für die Schimpfworte entschuldigt, die es ihm an den Kopf geworfen hatte. 

Stefan sei nach dem Gespräch sichtlich erleichtert gewesen. „Das Gespräch hat nun dem Mädchen und mir geholfen. Jetzt können wir uns wieder in die Augen sehen“, sagt er. „Bei Sozialstunden oder einem Arrest hätte ich mir keine solchen Gedanken gemacht.“ Jugendlichen seien in der Regel die Folgen ihres Handelns nicht bewusst, weiß Hänle. „Eine solche Gesprächsweisung helfe ihnen daher, „ihr Verhalten zu reflektieren und für die Zukunft daraus zu lernen“.


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