Anhand eines konkreten Falls zeigt die Pfaffenhofener Jugendgerichtshilfe auf, was passiert, wenn straffällig gewordenen jungen Leuten eine so genannte Leseweisung auferlegt wird.
(ty) Klaus W. stand erstmals vor dem Jugendgericht, er war nervös. „Was kommt auf mich zu?“ Er war dann schon etwas überrascht, als der Richter zu ihm sagte, er habe nach Anweisung der Jugendgerichtshilfe ein Buch zu lesen. Mit einer Geldstrafe hatte er gerechnet oder mit Sozialstunden. Aber jetzt das! Lesen? Ein ziemlich langes Gesicht habe er dann auch gemacht, als ihm Renate Kramer von der Jugendgerichtshilfe am Pfaffenhofener Landratsamts ein sehr dickes Buch überreichte. 500 Seiten. Die sollte er lesen! Zunächst war Klaus W. skeptisch, aber nach einem Gespräch mit der Jugendgerichtshelferin machte er sich dann doch daran, den Schmöker in die Hand zu nehmen. Und er begann zu lesen. Von diesem Fall berichtet heute das Pfaffenhofener Landratsamt.
Das Lesen war krass: Der Text hatte grafische Muster und man konnte ihn in unterschiedlicher Reihenfolge lesen. Und was da stand, berührte Klaus W. – genauso war er angeblich drauf, als er Drogen nahm. Am liebsten, so heißt es, hätte er das Buch auf einmal durchgelesen. Bei der Besprechung mit Renate Kramer sei ihm die Idee gekommen, dass seine Eltern das Buch doch auch lesen könnten. Dann würden die vielleicht nachempfinden, wie es ihm während des Drogenkonsums ergangen war. Und es könnte ja sein, dass sie darüber miteinander ins Gespräch kommen.
„Das ist ein wirklicher Bericht über eine sogenannte Leseweisung“, betont Renate Kramer. Seit zwei Jahren bietet die Jugendgerichtshilfe solche so genannten Leseweisungen an.
Das heißt: Jugendrichter oder Jugendstaatsanwälte können den Jugendlichen bei Straftaten eine Leseauflage anordnen, welche die Jugendgerichtshilfe durchführt. „Für Jugendliche, von denen viele so gut wie gar nicht lesen, ist das fast ein Unding“, sagt Kramer.
„Wenn sie aber erst mal anfangen mit dem Lesen, über das Gelesene reden und den Bezug zu der eigenen Straftat und dem eigenen Leben herstellen, dann wird den Jugendlichen klar, dass ihnen das sehr wohl etwas bringt.“ Und genau das sei das Ansinnen der Jugendgerichtshelfer am Landratsamt. Die jungen Leute sollen über sich und die Straftat nachdenken – und nicht mehr straffällig werden.
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