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Wenn der Kostendruck weiter steigt, ist am Klinikum Ingolstadt bald die Qualität der medizinischen Behandlung gefährdet 

(ty) „Wir im Klinikum sind im Kern gesund. Aber wenn die Krankenhausfinanzierung so weitergeht, gefährden wir schrittweise unsere Substanz“, warnt Heribert Fastenmeier. Wenn der Geschäftsführer des Klinikums Ingolstadt über das Thema Krankenhausfinanzierung spricht, steht ihm bisweilen die eine oder andere Sorgenfalte auf der Stirn. Da geht es ihm nicht anders als den meisten anderen Krankenhausgeschäftsführern in der Republik. Jedes zweite Krankenhaus schreibt rote Zahlen, „und die Schere geht weiter auf“, bilanziert auch der Clinotel-Verbund, in dem viele Krankenhäuser und das Klinikum Ingolstadt organisiert sind. Weiteres Sparen sei nicht mehr möglich, ohne die medizinische Qualität mittelfristig zu gefährden, so die Botschaft. 

Deswegen formiert sich nun Widerstand, und zwar flächendeckend in ganz Deutschland. Nicht nur die Verbände wie die Deutsche und die Bayerische Krankenhausgesellschaft werden aktiv, sondern auch immer mehr Krankenhäuser selbst. „Wir können uns das so nicht mehr gefallen lassen“, sagt Heribert Fastenmeier. „Wir sitzen alle in einem Boot.“ Denn eine Besserung der finanziellen Situation sei für die Krankenhäuser derzeit nicht in Sicht. Im Gegenteil: Neue Tarifabschlüsse machen die Situation nicht einfacher.

Denn die Forderungen der Ärzte und des medizinischen Personals gehen weit über das hinaus, was die Krankenhäuser an Budgetzuwächsen zu erwarten haben. Für die Jahre 2012 und 2013 beispielsweise erhalten die Krankenhäuser – gesetzlich vorgeschrieben – eine maximale Budgeterhöhung von 1,98 beziehungsweise 2,03 Prozent. Damit sollen sämtliche Kostensteigerungen aufgefangen werden. Viele Tarifabschlüsse aber gehen weit über diesen Wert hinaus. So sah etwa der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst für den Zeitraum vom 1. März 2012 bis zum 1. August 2013 lineare Entgelterhöhungen in drei Stufen vor: zunächst um 3,5 Prozent, dann weitere 1,4 Prozent und schließlich noch einmal 1,4 Prozent, also insgesamt 6,3 Prozent. Allein die dadurch entstandene Finanzierungslücke könne sich bei einem durchschnittlichen Krankenhaus auf einen Millionenbetrag summieren. Denn Personalkosten sind in einem Krankenhaus der größte Kostenfaktor, machen meist zwei Drittel und mehr der gesamten Ausgaben aus. Schon die Tariferhöhungen machten die mageren Budgeterhöhungen also zur Makulatur, kritisiert daher der Krankenhausverband.

Um die dadurch entstehende Finanzierungslücke zu decken, muss an anderer Stelle gespart werden – wieder einmal. Denn schon seit Jahren bewirken die Finanzierungslücken einen finanziellen Kostendruck auf die einzelnen Häuser. Den damit verbundenen Wettbewerb sieht Fastenmeier an sich nicht als Problem. „Wenn die Politik einen Wettbewerb will, ist das für uns voll in Ordnung“, stellt der Geschäftsführer klar. „Aber dann darf es auf der anderen Seite auch keine Deckelung bei den Ausgaben wie etwa den Lohnkosten geben.“ Das sei das eigentliche Problem, erklärt er. Denn Wettbewerb erfordere auch eine freie „Preisgestaltung“ für die Leistungen.

Stattdessen würden die Krankenhäuser durch den anhaltenden Kostendruck Jahr für Jahr zu neuen Kosteneinsparungen gezwungen. Dabei seien bereits viele Möglichkeiten ausgereizt, so Fastenmeier. „Es ist in den letzten Jahren zu einer starken Verdichtung von Arbeit gekommen“, sagt auch Günter Ochs, der Ärztliche Direktor des Klinikums. „Wir müssen immer mehr Patienten mit immer weniger Personal behandeln.“ Eine erhöhte Arbeitsintensität, die zum Teil als sehr schmerzlich wahrgenommen werde, sei die Folge, so Ochs. Darunter leide auch die Behandlungsqualität in der Pflege, denn es bleibe weniger Zeit für menschliche Fürsorge und persönliche Empathie für die Patienten. 

Gleichzeitig gebe es Vorwürfe aus der Politik oder auch im Krankenhausreport der AOK, in dem den Krankenhäusern vorgeworfen werde, zu viele, zum Teil unnötige Leistungen zu erbringen, etwa zu viele Herzkathetereingriffe oder Prothesenoperationen. „Ich glaube nicht, dass das das Problem ist“, bilanziert Ochs. Für das Klinikum jedenfalls lassen der Ärztliche Direktor und der Geschäftsführer diese Vorwürfe nicht gelten. „Wir behandeln heute doppelt so viele Patienten wie früher, und die werden zusätzlich immer älter und kränker“, sagt Fastenmeier. Gleichzeitig sei die Zahl der Operationen bei stationären Patienten mit rund 17 000 stabil geblieben. Nur die Zahl der ambulanten Operationen sei auf etwa 5500 gestiegen. „Was haben die denn erwartet? Dass die Zahl der Operationen angesichts der angesprochenen Situation zurückgeht?“, fragt Fastenmeier mit Blick auf die Vorwürfe der Kassen rhetorisch. Im Klinikum werde jedenfalls kein Patient des Geldes wegen operiert.

Es gebe einen Zielkonflikt, so Ochs. Die Anforderungen an die Behandlungsqualität würden für alle Patienten immer höher, die Behandlung werde immer teurer, aber die Finanzierung entwickle sich nicht im gleichen Maße mit. „Autos und alles andere werden teurer, nur die Krankenhäuser müssen immer billiger werden. Das geht irgendwann nicht mehr“, so Ochs. „Man kann die Medizin schon noch billiger machen, aber dann müssen viele, vor allem kleinere Krankenhäuser schließen.“

Nach unterschiedlichen Studien stehen viele Krankenhäuser in Deutschland vor dem Aus, wie der letzte „Krankenhaus Rating Report“ ergeben hat. Jedes zehnte deutsche Krankenhaus ist demnach von der Schließung bedroht. Die Situation werde sich für die rund 2000 Kliniken in Deutschland noch verschärfen, befürchtet Ochs. Im Klinikum ist man dennoch guten Mutes. Hier wurde in den letzten Jahren bereits vorgebaut und vieles bewegt. Prozesse wurden optimiert, Bereiche umstrukturiert, viel investiert sowie mit „GPI Gesundheitspartner IngolStadtLandPlus“ auch ein regionaler Verbund geschaffen, der Kosten einsparen helfen und gleichzeitig die medizinische Versorgung verbessern soll. Und auch die anstehende Generalsanierung des Schwerpunktkrankenhauses steht in den Startlöchern, sodass die Bürger hier schrittweise ein hochmodernes neues Klinikum bekommen werden.

Dennoch warnen Heribert Fastenmeier und Günter Ochs weiter: „Unser Klinikum ist sehr gut aufgestellt. Aber wenn sich der Kostendruck so fortsetzt, geht es irgendwann nicht mehr, ohne die Qualität der medizinischen Versorgung zu gefährden“, warnt Fastenmeier. „Bei vielen Krankenhäusern geht es längst um die Substanz.“ Deshalb schließe man sich immer mehr zusammen und werde auch zunehmend deutlich machen, dass es ein Umdenken in der Krankenhausfinanzierung brauche, so Fastenmeier weiter. „Denn am Ende geht es um die Patienten und eine möglichst gute medizinische Versorgung für sie. Dafür stehen wir im Klinikum und das bleibt auch unser Ziel.“


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